RN/18

14.15

Abgeordnete Leonore Gewessler, BA (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist mir tatsächlich eine sehr, sehr große Ehre, heute als Abgeordnete hier vor Ihnen zu stehen und zu sprechen – fünf Jahre, nachdem ich das erste Mal angelobt worden bin, fast auf den Tag genau –, aber es geht heute nicht um mich, sondern es geht um die Menschen in unserem Land, die uns in diese Rolle gewählt haben, für die wir hier sitzen, für die wir hier arbeiten, die wir hier vertreten.

Es geht im Nationalrat also um ganz Konkretes: um die Mutter, die sich wünscht, dass ihr Kind sicher und gut behütet aufwachsen darf, um den Landwirt, der sich Sorgen darüber macht, wie er in fünf Jahren auf seinen vertrockneten Feldern noch ernten kann, wie er seinen Lebensunterhalt bestreiten wird, um all die Menschen, die mit Fug und Recht wollen, dass sie frohen Mutes in die Zukunft, dass sie frohen Mutes auf ihre Heimat schauen können. Es geht also um die Menschen in unserem Land, die sich Sorgen machen, Sorgen um ein intaktes Klima, um eine intakte Natur, aber ja, auch Sorgen um unsere Demokratie.

Ja, es ist schon vielfach gefallen: Es gibt die Usance des Vorschlagsrechts der stimmenstärksten Partei für die Position des Präsidenten des Nationalrates. Wir alle wurden heute aber auf ein freies Mandat angelobt, und nach – wie es Niki Scherak gerade gesagt hat – einer gewissenhaften und umfassenden Überlegung kann ich hier mit Sicherheit sagen, dass es mir unmöglich ist, einen Vertreter einer Partei zu wählen, die sich vom Rechtsextremismus nicht anständig abgrenzt, die sich von den Identitären nicht anständig abgrenzt – stattdessen ihre Wordings übernimmt –, die Viktor Orbán als Vorbild nimmt, der jetzt über Jahre hinweg Schritt für Schritt die Demokratie in unserem Nachbarland Ungarn ausgehöhlt hat. (Beifall bei den Grünen.)

Es macht mich zuversichtlich, dass ich weiß, dass ich das nicht nur für mich persönlich sage, sondern eine Fraktion mit mir in dieser bestimmten und klaren Haltung habe. Ich darf Sie alle nur daran erinnern – auch das ist gerade gefallen –: Das ist eine Entscheidung, die wir nicht rückgängig machen können (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Viele andere auch nicht!), aus gutem Grund, aber umso wichtiger ist es, dass wir heute eine gute Entscheidung treffen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Sie sind rückgängig gemacht worden!)

Ich möchte aber noch auf einen anderen Aspekt eingehen: auf die Arbeit dieses Hauses als gesetzgebende Körperschaft. Die letzten Jahre waren nicht immer einfach. Es gab viele Krisen (Abg. Belakowitsch [FPÖ] und Abg. Hafenecker [FPÖ]: Weil Sie in der Regierung waren!), vieles ist aber auch weitergegangen. Wenn die Mutter, von der ich vorhin gesprochen habe, heute auf die Entwicklung unseres Klimas schaut, dann wird sie vielleicht zum ersten Mal seit Langem wieder das Gefühl haben: Ja, die Krise können wir noch abwenden, wir können den Kampf gegen die Klimakrise gewinnen und unsere Ziele erreichen!

Der Landwirt, von dem ich vorhin gesprochen habe, ist vielleicht mittlerweile Energiewirt geworden, produziert seine Energie selbst am eigenen Dach. Viele Menschen haben mit dem Klimaticket ein Stück Freiheit in der persönlichen Mobilität gewonnen. Andere können sich darüber freuen, dass wir der Natur in den Nationalparks mehr Raum gegeben haben.

Jede dieser Verbesserungen ist gut (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Viele können sich das Autofahren nicht mehr leisten!), jede dieser Verbesserungen ist wichtig, aber hinter all diesen Geschichten steckt auch ein Auftrag an uns alle hier im Hohen Haus: Wir sind nicht fertig, wir müssen weiterarbeiten, und vor allem können wir uns dabei keinen Tag Verzögerung und keinen Tag Mutlosigkeit leisten, denn ich will auch, dass das Kind dieser Mutter keine Angst vor der Zukunft haben muss, weil es eben sieht, dass wir den Kampf gegen die Klimakrise ernst nehmen, dass wir Schritt für Schritt vorankommen. Ich will, dass der Landwirt im Spätsommer eine Ernte hat und sich nicht vor Unwettern und schrecklichen Überschwemmungen fürchten muss, weil wir gelernt haben, dass Wirtschaften nur im Einklang mit der und nicht gegen die Natur Erfolg hat. (Beifall bei den Grünen.)

All das hat eben auch mit uns hier zu tun, mit unseren Entscheidungen hier im Hohen Haus, denn hier werden die Gesetze gemacht, die sich die Menschen in diesem Land von uns erwarten, die Gesetze, die dann tatsächlich für Verbesserungen sorgen, zum Beispiel für verbindlichen Bodenschutz, dafür, dass wir tatsächlich auf Äcker und Felder aufpassen, für Regeln zum Schutz unserer Umwelt, damit die Natur ein bisschen Raum zum Entfalten hat, für die nächsten Schritte in der Energiewende – all das braucht es, und es ist noch viel zu tun.

Manches ist noch offen – wer in Zukunft auf der Regierungsbank sitzt, wer Oppositionsarbeit macht (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Tagesordnungspunkt ist Wahl des Nationalratspräsidenten, Frau Kollegin!) –, aber eines ist klar: Der Schutz unserer Heimat ist keine parteipolitische Angelegenheit, der Wunsch nach einer guten Zukunft sollte uns einen, uns alle.

Wenn uns das gelingt und wenn wir uns das vor Augen halten, dann kann in den nächsten fünf Jahren viel gelingen, vor allem wenn das, was heute hier beschworen wird, nämlich der Respekt voreinander, auch tatsächlich in den nächsten fünf Jahren zum Tragen kommt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Komplette Themenverfehlung!)

14.20

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fürst. – Bitte, bei Ihnen steht das Wort.