RN/25
14.48
Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mitglieder der Regierung! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie – heute ganz besonders –, aber natürlich auch zu Hause vor den Bildschirmen! Ich möchte mich ganz zu Beginn meines Redebeitrags noch einmal im Namen meiner Fraktion explizit bei dir, lieber Wolfgang, und auch bei den beiden anderen Präsident:innen des jetzt gerade noch amtierenden Präsidiums (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Das sieht die Frau Tomaselli sicher anders! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ja, das ist schwierig!) für die Führung dieses Hauses und der Sitzungen in den vergangenen fünf Jahren bedanken. Sie waren in mehrerlei Hinsicht herausfordernd: Es war die Übersiedlung, es war der Wiedereinzug hier, aber wir hatten auch – wir erinnern uns dunkel – eine Pandemie mit sehr schwierigen Rahmenbedingungen zu bewältigen, und das war auch eine große Herausforderung bei unseren Sitzungen. Für die so wichtige Arbeit möchte ich an dieser Stelle danken. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)
Heute ist ein Festtag der Demokratie. Heute sind wir – wir 183 Abgeordnete – hier als Abgeordnete zum Nationalrat angelobt worden. Wir haben unverbrüchliche Treue sowie die Achtung der Verfassung und der Gesetze und die gewissenhafte Erfüllung unserer Aufgaben gelobt.
Wir 183 haben heute die große Aufgabe, eine Person aus unserer Mitte in das zweithöchste Amt der Republik zu wählen. Sie leitet unsere Sitzungen und ist mit großer, großer Macht ausgestattet. Dieses Amt geht mit sehr großer Verantwortung für dieses Hohe Haus und seine korrekten demokratischen Abläufe, aber auch für die Republik und die Demokratie an sich einher. Ich möchte an dieser Stelle an alle Abgeordneten appellieren (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Man muss auch mit Leuten richtig umgehen, die Zetteln von der Galerie werfen!), diese Verantwortung sehr, sehr ernst zu nehmen. (Beifall bei den Grünen.)
Es wurde heute bereits sehr viel über die Usancen dieses Hauses gesagt. Ich möchte mich explizit Niki Scherak anschließen: Es ist extrem wichtig, dass wir diese Arbeit hier eben nicht nur nach den Buchstaben des Gesetzes, sondern auch nach den Gepflogenheiten und den traditionell vereinbarten Regeln dieses Hauses gemeinsam organisieren. Es ist aber sehr wohl in der Verfassung und in der Geschäftsordnung des Nationalrates genau so formuliert: Das Vorschlagsrecht der Partei mit den meisten Abgeordneten ist noch lange keine Zustimmungspflicht. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch [FPÖ].)
Unsere Pflicht ist es vielmehr, die vorgeschlagenen Kandidatinnen und Kandidaten auf ihre Eignung zu prüfen. Ich möchte an dieser Stelle schon sagen, dass ich es eine ziemliche Chuzpe finde, dass sich die Freiheitliche Partei hierherstellt, heute auf die Einhaltung der Usancen pocht und so tut, als hätte sie das in der Vergangenheit getan. – Es ist nämlich schlicht falsch.
Die Freiheitliche Partei hat das sowohl bei der Wahl von Barbara Prammer als auch bei der Wahl von Eva Glawischnig (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das stimmt ja nicht!) in unterschiedlich deutlichen Äußerungen klargemacht; man kann das aber auch an den Wahlergebnissen sehr eindeutig sehen (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Es gab eine geheime Wahl, Frau Kollegin!): Es wurde beispielsweise 2006 20 Mal Walter Rosenkranz auf einen Stimmzettel geschrieben – 21 Mandate hatte die FPÖ (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Das waren wahrscheinlich Sie! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: 2006 war er nicht da, was reden Sie eigentlich?! – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Das waren damals wahrscheinlich die Grünen! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ) –, und nur auf dem Zettel von einem Mandatar war Barbara Prammer darauf.
Wenn Sie also verlangen, dass das eingehalten wird (Abg. Hafenecker [FPÖ] – auf die Galerie weisend –: Da haben Sie von da oben Zettel runtergeworfen! – Abg. Kickl [FPÖ]: Da war er ja nicht mal im Nationalrat!), dann hätten Sie (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Da war er ja nicht mal da! – Abg. Kickl [FPÖ]: Der war ja gar nicht da! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ) einmal nachlesen sollen (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen), wie Sie sich in der Vergangenheit dazu verhalten haben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: So ein Blödsinn! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Ich möchte jetzt zum konkreten Kandidaten der FPÖ heute, Walter Rosenkranz, kommen. Wer seine Gedankenwelt kennt (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Er war gar nicht Mitglied des Nationalrates! – Abg. Kickl [FPÖ]: Schillingen Sie nicht herum!), kann zu einem einzig möglichen Schluss kommen, und der ist (Zwischenruf des Abg. Hafenecker [FPÖ]): Walter Rosenkranz ist für dieses Amt nicht geeignet. So jemand hat an der Spitze des Nationalrates nichts verloren. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Halten wir uns vor Augen, welcher Gesinnung Walter Rosenkranz, der von manchen als gemäßigt bezeichnet wird, ist (anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ): Walter Rosenkranz ist Mitglied (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Er ist nicht beim Schwarzen Block, das stimmt!) der deutschnationalen Burschenschaft – einer schlagenden Burschenschaft – Libertas, die in der Monarchie als erste Burschenschaft einen sogenannten Arierparagrafen eingeführt hat, um Jüdinnen und Juden auszuschließen (Zwischenruf des Abg. Martin Graf [FPÖ]), und an diesem widerlichen Prinzip hält diese Burschenschaft bis heute fest. (Abg. Rosenkranz [FPÖ]: Das ist gelogen! Das ist unverschämt von Ihnen! Das trauen Sie sich nur hier zu sagen! Das ist gelogen! Unerhört!) Walter Rosenkranz huldigt Nazis wie Hans Stich, der als NS-Generalstaatsanwalt 44 Widerstandskämpfer ermorden ließ, und bezeichnet solche Verbrecher als Leistungsträger. – Das sind Ihre Worte, Herr Rosenkranz! (Beifall bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Disoski [Grüne]: Das ist eine Schande! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)
Es ist an Zynismus nicht zu überbieten, dass Walter Rosenkranz als Nationalratspräsident dem Nationalfonds vorstehen würde und damit für Entschädigungszahlungen an NS-Opfer und für den Gedenkdienst zuständig sein soll. – Aber das nur dazu.
Denken wir an die weitreichenden Befugnisse, die der Nationalratspräsident hat, die sich direkt auf den Parlamentsalltag auswirken (Rufe bei der FPÖ: Redezeit! – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Welche Partei hat ...?! Welche Partei war das?): Er legt die Sitzungstage fest (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Redezeit ist um!), leitet die Nationalratssitzungen, kann Abgeordneten das Wort erteilen oder entziehen (Abg. Kickl [FPÖ]: Das ist ja unglaublich, echt!), er hat die Personalhoheit über die Parlamentsdirektion und übt das Hausrecht aus.
Wer diese Macht missbraucht, könnte Abgeordneten willkürlich das Wort entziehen, Sitzungen nicht einberufen oder auf unbestimmte Zeit unterbrechen und somit Gesetzesbeschlüsse verhindern. (Anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ.) Dass Rechtsextreme auf der ganzen Welt vor solchen Maßnahmen nicht zurückschrecken, haben wir in den USA und jetzt gerade vor Kurzem in Thüringen erlebt (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Das haben wir vor allem in den linken Diktaturen!), wo ein Alterspräsident der AfD eine Sitzung komplett geschäftsordnungswidrig abgehalten hat und der Verfassungsgerichtshof dies aufheben musste. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kickl [FPÖ]: Unglaublich! – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Sie verwechseln das System mit Ihren Freunden in der DDR!)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die Redezeit ist zu Ende.
Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (fortsetzend): Wir brauchen eine zuverlässige, demokratische Person. (Rufe bei der FPÖ: Redezeit!) 20 000 Menschen haben unsere Petition unterzeichnet (anhaltende Zwischenrufe bei der FPÖ) – ich werde diese Unterschriften allen Abgeordneten dieses Hauses übergeben –, und ich appelliere (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen), Walter Rosenkranz nicht das Vertrauen auszusprechen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Martin Graf [FPÖ]: 8,9 Millionen Menschen ...! – Abg. Hafenecker … verlieren im Landtag wieder mal ein Mandat! – Abg. Kickl [FPÖ]: Peinlich! – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Nicht mal ein Landtagsmandat ...! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
14.55
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.