RN/10
10.11
Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Sehr geehrter Herr Bundespräsident! Sehr geehrter Herr Bundespräsident außer Dienst! Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident! Sehr geehrte Nationalratspräsidenten außer Dienst! Ich glaube, liebe Heide Schmidt, du bist noch nicht namentlich begrüßt worden: Herzlich willkommen! (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.) Werte Mitglieder der Volksanwaltschaft! Liebe Präsidentin des Rechnungshofes! Exzellenzen! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank! Liebe Ex-Kolleginnen und -Kollegen hier im Hohen Haus! Und: Liebe Menschen in Österreich, die Sie uns zusehen! – Was für eine Begrüßung am Beginn! Es freut mich sehr, dass das Interesse so groß ist für die Regierungserklärung einer Regierung (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Das sind nur die vielen Mitarbeiter, die da sein müssen!), die sich – nun ja – durchaus Zeit gelassen hat damit, zu dem zu finden, was heute hier auf dem Tisch liegt: ein engagiertes, in die Zukunft gerichtetes Arbeitsprogramm. Es ist ein Arbeitsprogramm, das – und das möchte ich einfach ausdrücklich sagen – aus den Ambitionen besteht, die wir gemeinsam haben, aber es fußt natürlich auch auf den Realitäten, die wir erlebt haben oder sehen, gerade natürlich auch auf den budgetären Realitäten, die es uns nicht leicht gemacht haben, Spielräume für die Zukunft zu schaffen.
Der Boden, sehr geehrte Damen und Herren, auf dem wir uns bewegen, ist aber ganz klar. Das Fundament sind die liberale Demokratie und vor allem der Rechtsstaat; die nationale wie internationale Rechtsstaatlichkeit, zu der wir uns ausdrücklich bekennen. (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Kogler [Grüne].)
Unser Anspruch war es, nicht nur den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, sondern an die Grenzen des jetzt Umsetzbaren zu gehen, die Fantasie und die Kreativität walten zu lassen (Abg. Kickl [FPÖ]: Das ist wirklich kreativ: Deregulieren im Außenministerium!) und vor allem auch den längerfristigen Blick, denn uns geht es darum, diese Grenzen aufzumachen, um sicherzustellen, dass wir Österreich in eine gute Zukunft führen.
Wenn ich mir das Arbeitsprogramm einer Regierung anschaue, dann ist eigentlich die alles entscheidende Frage: Was haben die Menschen davon?, denn es ist ja kein Selbstzweck. Das heißt, die Frage, die wir uns stellen müssen, ist: Was ist denn in diesem Programm konkret an Lösungen für die ganz aktuellen und täglichen Probleme und Sorgen der Menschen zu finden? (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Die Frage habe ich mir auch gestellt!) Sind die Kinder am Ende dieser Legislaturperiode besser vorbereitet aufs Leben, auf ein selbstbestimmtes Leben, in dem sie ihre Talente frei zur Entfaltung bringen können? Haben mehr Kinder alle Chancen, sich entfalten zu können? (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: ... in den öffentlichen Schulen!) Sind Unternehmerinnen und Unternehmer entlastet und können sie sich auf das konzentrieren, was ihre Aufgabe ist, wofür sie auch Risiko eingehen, nämlich Wohlstand zu schaffen, Wert zu schöpfen und damit den Wohlstand aller Menschen in Österreich zu garantieren? Können Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sich darauf verlassen, einen gesicherten Arbeitsplatz zu haben? Können sie sich darauf verlassen, auch im Alter versorgt zu sein, können sie vielleicht auch selbstbestimmt Vorsorge betreiben? Können wir uns darauf verlassen, dass engagierte Ziele beim Klimaschutz eingehalten werden? Und werden wir – und das betrifft nicht nur Österreich, sondern ganz Europa, die Welt – in Sicherheit und Freiheit leben können? All das können wir angesichts der Ambition dieses Regierungsprogramms mit einem ganz klaren Ja beantworten. (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ.)
Unser Arbeitsprogramm ist kein Kompromissprogramm. Es ist natürlich auch ein Aufeinanderzugehen, wo es in vielen Bereichen in den letzten Wochen vielleicht nicht immer möglich erschienen ist; aber es freut mich auch, dass wir darüber hinausgegangen sind, dass es ganz wesentliche Punkte gibt, wo wir auch einen Konsens außer Streit gestellt haben – einen ganz klaren Konsens, wo wir ein gemeinsames Bild haben, übrigens getragen von einer breiten Mehrheit hier im Haus, aber natürlich vor allem auch bei den Menschen draußen, bei den Wählerinnen und Wählern. Einer dieser felsenfesten Konsense, die wir gefunden haben, ist ein ganz klares Bekenntnis zu Europa, zu einem gemeinsamen, starken Europa. (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)
Ich sage das auch ganz bewusst in Bezug auf die Sicherheitslage: ein starkes Bekenntnis zu einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und ein starkes Bekenntnis zu einer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Europa. Nur gemeinsam sind wir stärker! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
Wir schauen in die Zukunft. Wir achten darauf, dass es keinen Rückfall in alte Probleme gibt, weder innenpolitisch noch in der Europapolitik noch außenpolitisch.
Ich möchte an dieser Stelle auch ganz besonders Bundeskanzler Christian Stocker und Vizekanzler Andreas Babler für die vielen Stunden und Nächte der Verhandlungen und der Gespräche, des Aufeinanderzugehens danken. Herr Bundeskanzler, Sie haben es angesprochen, du hast es angesprochen: die kommunalpolitische Erfahrung, die wir auch haben, die parlamentarische Erfahrung, dieses Konsentieren ist ein wesentlicher Weg dahin. Ich möchte nur eine kleine Korrektur anmerken: Ich habe Wiener kommunalpolitische Erfahrung, war aber für alle 23 Bezirke in Wien verantwortlich und zuständig. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Als was? – Abg. Kogler [Grüne]: ... Bad Aussee! – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Das Rathaus ist im 1. Bezirk! – Abg. Steiner [FPÖ]: Deshalb jetzt die Außenpolitik!)
Auf dem Programm steht: „2025–2029“, aber das stimmt nicht ganz. Mit einem entschlossenen Konsolidierungskurs, den wir nun leider fahren müssen, schauen wir weit über diese Legislaturperiode hinaus und haben uns gemeinsam verpflichtet, in sieben Jahren das Budget wieder in Ordnung zu bringen, nachhaltig abzusichern. Das sind wir den nächsten Generationen, vor allem aber auch den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern schuldig. (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ.)
Dieser Konsolidierungspfad ist möglich geworden durch die Entschlossenheit, ausgabenseitig zu sanieren, aber vor allem auch durch strukturelle Reformen. Drei Viertel dieses Sanierungskurses werden ausgabenseitig beziehungsweise durch strukturelle Reformen erfolgen. Ich glaube, das ist eine gute Nachricht, denn es zeigt, dass wir neue Wege gehen und auch die entsprechende Bereitschaft haben.
Ein wesentlicher Aspekt dabei ist natürlich auch der Nachhaltigkeitsmechanismus bei den Pensionen. Angesichts der demografischen Entwicklung und der Sorgen, vor allem der Jungen, dass sie sich auch auf eine Absicherung verlassen können, war es ein ganz wesentlicher Aspekt, dass wir in die Zukunft gehen und diese Absicherung im Alter für alle Generationen schaffen. (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Ich glaube, viele Menschen in der Mitte der Gesellschaft finden sich in diesem Arbeitsprogramm gut wieder. Es gibt Antwort auf viele Fragen. Ich möchte Ihnen sagen, es ist unser Verständnis, es ist mein Verständnis, es ist unser gemeinsames Verständnis, dass wir mit diesem Arbeitsprogramm eine Verpflichtung gegenüber allen Österreicherinnen und Österreichern eingegangen sind, ganz gleich welcher Partei oder ob sie überhaupt einer Partei im Herbst ihre Zustimmung gegeben haben. Das ist ein Arbeitsprogramm für alle Menschen in Österreich, denn die Probleme, aber auch die Chancen haben keine Parteifarbe. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
Es gibt viel zu tun. Es ist angesprochen worden: Es liegen jetzt durchaus zwei harte Jahre vor uns, zwei harte Jahre des engagierten Reformierens und Sanierens – und das werden wir tun, damit wir nach diesen zwei Jahren auch Licht am Ende des Tunnels sehen. Wesentlich im Blick muss für uns alle sein, dass wir einen Aufschwung schaffen, vor allem auch einen wirtschaftlichen Aufschwung, denn nur dieser sichert den Wohlstand für alle Generationen in der Zukunft und er sichert auch die Nachhaltigkeit der Sozialsysteme für alle in der Zukunft.
Sehr geehrte Damen und Herren! Sozialsysteme für die Menschen, die nicht können: Die müssen sich darauf verlassen können. Ich glaube aber auch, dass es wichtig ist, dass wir in diesem Arbeitsprogramm Schritte setzen, sodass das Sozialsystem für die da ist, die nicht können, aber nicht für die da ist, die nicht wollen. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Wurm [FPÖ]: Für die, was es bezahlt haben!)
Solidarität ist nämlich keine Einbahnstraße. Ein wesentlicher Aspekt der Chancen für die Zukunft ist der Bildungsbereich. Es ist angesprochen worden, das ist ein Herzensthema. Bildung ist der einzige Rohstoff, auf dem unser Land aufbauen kann, um die Kreativität, die Innovationskraft auch in der Zukunft sicherzustellen (Abg. Kassegger [FPÖ]: Deswegen schicke ich meine Kinder in die Privatschule! – Zwischenruf des Abg. Darmann [FPÖ]), dass sich unsere Kinder und unsere Enkel mit den Fragen beschäftigen werden, die wir zum Teil gar nicht kennen; aber wir wissen, dass sie das tun werden – mit der besten Bildung und Ausbildung und auch der Vorbereitung auf ein gutes Berufsleben. (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Es ist wichtig, das Unternehmertum zu entlasten, die Kreativität und die Innovationskraft zu fördern. Wir haben großartige Unternehmen in unserem Land, die zum Teil Weltmarktführer sind. Darauf fußt unser Wohlstand, genauso wie auf dem Rückgrat unserer Wirtschaft, den vielen Klein- und Mittelbetrieben, die Arbeitsplätze schaffen, die Wertschöpfung schaffen, die Wohlstand schaffen. Diese Menschen zu entlasten, ist ein großer Anspruch, vor allem jetzt einmal in einem ersten Schritt, von Bürokratie, aber dann auch von Lohnnebenkosten, wenn wir den Spielraum dafür geschaffen haben.
Engagierter und auch fordernder im Bereich Integration sein: Ich glaube, das ist etwas, das viele Menschen sich erwarten, dass wir da vom Reden ins Tun kommen und ab dem ersten Tag Integration nicht nur fördern, sondern auch wesentlich entschlossener einfordern und damit in unseren Kindergärten und in unseren Schulen auch einen starken Schwerpunkt setzen. Ich glaube, es geht um die Chancen aller und es geht auch da um den gesellschaftlichen Zusammenhalt, und zwar unverrückbar auf Basis der Werte einer liberalen Demokratie, einer offenen Gesellschaft und des Rechtsstaats. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
Und ja, apropos Rechtsstaat: Gerade in Zeiten, in denen die Demokratie weltweit unter Druck geraten ist und noch nicht entschieden ist, ob unser demokratisches, westliches, liberales Lebensmodell diese Zukunft hat, die vielleicht noch vor 20, 30 Jahren als eigentlich entschieden erschienen ist, ist es wichtig, das Vertrauen in die Demokratie und vor allem die demokratischen Institutionen – und das bedeutet auch das Vertrauen in den Rechtsstaat – zu stärken. Wir stärken dieses Vertrauen in die Unabhängigkeit vor allem auch der Justiz durch die Bundesstaatsanwaltschaft. Das wird ein Meilenstein sein, auch um die Demokratie in Österreich zu festigen. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
Ich glaube aber, neben den Themen, die wir abarbeiten werden, wo wir die Ärmel hochkrempeln werden, geht es vor allem auch darum, vielen Menschen, die den Glauben an die Zukunft verloren haben, diesen Glauben wieder zurückzugeben. Ich weiß, das ist schwer. Wenn man auf die Welt schaut, wenn man auf die Nachrichtenlage schaut, dann hat man den Eindruck, frei nach Shakespeare: Die Welt ist aus den Fugen geraten. Unsicherheit macht sich breit, jeder spürt diese Volatilität. Unser Anspruch ist es, dass wir auf diese Fragen auch entschlossene Antworten geben. (Abg. Fürst [FPÖ]: Bitte nicht!) Es ist nicht leicht. Wir sehen eine ungeheure Dynamik.
Das, was letzte Woche vielleicht noch als sicher erschienen ist, kann diese Woche schon wieder ganz anders sein. Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit sind leider in vielen Bereichen Vergangenheit. Stattdessen leben wir gerade in Zeiten, die von wirtschaftlicher, ja, aber vor allem auch politischer Disruption geprägt sind, und man hat den Eindruck, dass manchmal sogar blankes Chaos herrscht. Dass es vielen dabei nicht gut geht, ist kein Wunder. Aber auch wenn kein Stein auf dem anderen zu bleiben scheint, eines meiner Lebensmotti ist immer gewesen: Angst ist wirklich der allerschlechteste Ratgeber. Zuversicht ist etwas, auf das wir bauen wollen und werden. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
Trotz aktueller Widrigkeiten, vom Krieg in der Ukraine über die zurzeit durchaus belasteten transatlantischen Beziehungen bis hin zur Krise im Nahen Osten: Wir haben eine gute Ausgangslage, wir können selbstbewusst in die Zukunft gehen, um die nationalen wie internationalen Herausforderungen auch zu stemmen.
Wir sind ein starkes Land, wir sind ein reiches Land. Wir sind ein Land mit tüchtigen Menschen, die jeden Tag zum Gemeinwesen und auch zum Funktionieren unseres Staates ihren Beitrag leisten. Wir sind ein starkes, selbstbewusstes Land in einem selbstbewussten und starken Europa und damit auch hier in Wien ein Knotenpunkt für die gesamte Welt – für die gesamte Welt, die zunehmend vernetzt ist. Wenn wir Verantwortung übernehmen und mit Zuversicht in die Zukunft blicken wollen, dann können diese Herausforderungen – wenn wir klar bei unseren Werten bleiben, ganz klar bei unseren Werten bleiben – auch Chancen sein: riesige Chancen für alle Menschen in unserem Land, für Österreich. (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ.)
Dazu braucht es dieses Selbstbewusstsein, sich bewusst zu machen, was wir alles an Schätzen haben, aber es braucht auch echtes europäisches Leadership und meines Erachtens kein Herumgetue, sondern ein klares Bekenntnis zu einer regelbasierten, zu einer friedensorientierten multilateralen Weltordnung (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Friedensorientiert ist ein gutes Stichwort!), in der wieder die Stärke des Rechts und nicht das Recht des Stärkeren zählt (Beifall bei Abgeordneten der NEOS), mit einer entschlossenen Zusammenarbeit von der globalen bis zur regionalen und zur kommunalen Ebene. Denn: Die Geschichte wartet nicht auf uns. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
Die Geschichte wartet nicht auf uns: Either we shape history or history shapes us. Die Ereignisse der vergangenen Tage haben uns doch vor Augen geführt, dass wir selber den Stift in der Hand haben, um die Zukunft unseres Landes, unseres Kontinents, unseres vereinten Europas zu schreiben. Die Sicherheit und die Zukunft aller Menschen in Österreich und in Europa müssen wir selbst in die Hand nehmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist keine Abkehr von unserer langjährigen Partnerschaft und tiefen Verbundenheit mit den USA. Auch diese Bundesregierung bekennt sich klar zu dieser transatlantischen Partnerschaft, aber die Entwicklungen der letzten Woche haben uns doch gezeigt, dass wir vieles neu denken müssen, und das gilt insbesondere auch für die Sicherheit der Menschen in Europa.
Ich komme gerade von meiner ersten Auslandsreise, wobei Ausland relativ ist (Abg. Kickl [FPÖ]: Relativ?), und ich freue mich, dass es ein starkes Zeichen war, dass wir alle drei – die Regierungsspitze – gemeinsam in Brüssel waren, in unserer europäischen Hauptstadt (Abg. Wurm [FPÖ]: Das ist Ausland! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das ist aber schon Ausland, Frau Außenministerin!), um damit auch dieses klare proeuropäische Zeichen zu setzen. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)
Ich habe die Hohe Vertreterin, also quasi die europäische Außenministerin, Kaja Kallas getroffen, und ich habe auch vorgestern in einem Telefonat mit dem ukrainischen Außenminister Sybiha (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das ist auch Ausland!) sichergestellt und klargemacht, dass die österreichische Unterstützung der Ukraine wie in der Vergangenheit auch in der Zukunft ungebrochen sein wird. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Mit welchem Geld?)
Es geht nicht bloß um die Sicherheit der Menschen in der Ukraine, es geht um die Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: In Villach zum Beispiel, ja!) Die Ukraine verteidigt im dritten Jahr ihre Souveränität, territoriale Integrität, Unabhängigkeit und Freiheit gegenüber dem Aggressor Russland. Für uns gilt weiter – und das habe ich auch gestern bekräftigt –: keine Verhandlungen über die Ukraine ohne die Ukraine, keine Verhandlungen bezüglich Europas Sicherheit ohne Europa! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch [FPÖ].)
Es darf keine Täter-Opfer-Umkehr geben. Gerade als kleines Land wie Österreich haben wir ein Interesse daran, dass wir wieder zu einer regelbasierten Weltordnung zurückkehren, in der es aber auch Sanktionen gibt für den, der diese Regeln mit Bomben, Granaten, Ermordungen und Deportationen von kleinen Kindern bricht. (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ.)
Die Ukraine ist bedauerlicherweise nicht der einzige Kriegsschauplatz in der europäischen Nachbarschaft. Auch im Nahen Osten hat sich die Lage seit dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 weiter zugespitzt und sie bleibt sehr instabil und fragil. Aufgrund unserer historischen Verantwortung bekennen wir uns – auch diese Bundesregierung – zur Sicherheit Israels, und das Existenzrecht Israels steht für uns außer Debatte. (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)
Österreichs Bekenntnis zu einer engen bilateralen Beziehung mit Israel ist selbstverständlich im Regierungsprogramm enthalten. Unsere Verantwortung und unsere Aufgabe werden es sein, mit Diplomatie, mit dem Pochen auf die Einhaltung von Völkerrecht und auch mit dem Pochen auf die Einhaltung von humanitären Verpflichtungen im Nahen Osten letztlich auch für Frieden zu sorgen. Bereits in zehn Tagen werde ich im Außenministerrat der EU auch die Lage im Nahen Osten besprechen können.
Auch in Syrien ist die Lage nicht stabil, das ist klar. Durch den Fall des Regimes von Assad hat sich eine neue Chance aufgetan, und wir unterstützen selbstverständlich einen geordneten und friedlichen Übergangsprozess, hin zu einer stabilen und inklusiven politischen Ordnung. Auch das ist im Interesse der Sicherheit Österreichs, wenn ich daran denke, dass sich nach mehr als einem Jahrzehnt des brutalen Bürgerkriegs in Syrien eine der größten Flüchtlingskrisen weltweit zugetragen hat, mit mehr als 12 Millionen Vertriebenen.
Welche Rolle können wir spielen? – Wir können als aktiver Partner einer gemeinsamen Außenpolitik in Europa eine entschlossene Rolle spielen. Wir können aber auch eine entschlossene Rolle spielen, weil Österreich Amtssitz nicht nur der Vereinten Nationen, sondern von mehr als 40 internationalen Organisationen ist, von der OSZE über die Opec bis zur internationalen Atomenergiebehörde. Und diesen Sitz werden wir aktiv nutzen, um wieder zur Diplomatie und zu dieser regelbasierten Friedensordnung, von der ich vorhin gesprochen habe, zurückzukehren.
Ich glaube, wenn man aus dem Ganzen ein bisschen herauszoomt, sieht man etwas ganz deutlich: Wir leben in einer Zeit, in der die Frage des Lebensmodells doch zur Verhandlung zu stehen scheint. Es geht um die Frage: In welcher Welt wollen wir eigentlich leben? Diese Frage wird in Österreich genauso wie in Europa und an den Krisenschauplätzen der gesamten Welt verhandelt. Österreich ist ein starkes Land. Unsere Gesellschaft ist resilient, unsere Institutionen sind robust. Ich werde dafür Sorge tragen, dass nicht Nabelschau unsere Arbeit prägt, sondern Weitblick, denn nur so schaffen wir Zukunft. (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ.)
Meine Damen und Herren! Was für die große Welt gilt, gilt auch für Österreich und unsere Verhandlungen. Wenn man sich zusammensetzt, kommt man darauf, dass wir mehr finden, was uns verbindet, als was uns trennt. Und wir haben schlussendlich gesehen, was gemeinsam geht. Wir bauen hier auf einem wertvollen Fundament der Geschichte in Österreich auf, wir sind aber auch bereit, neue Wege zu gehen, neue Wege zu dritt, denn das, was in der Vergangenheit funktioniert hat, wird in der Zukunft nicht mehr ganz so funktionieren. Es ist historisch, dass heute hier zum ersten Mal eine Dreierkoalition in Österreich ein Arbeitsprogramm vorstellen kann. Und erlauben Sie mir zu sagen, es ist auch historisch, dass zum ersten Mal eine liberale Partei in Österreich in einer Regierung vertreten ist. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wir werden das machen, wofür wir auch die Unterstützung im Herbst bekommen haben, nämlich Dinge neu zu denken, und da erlauben wir uns auch, Dinge wirklich ganz neu zu denken und diese Reformen voranzutreiben.
Und den Menschen möchte ich abschließend sagen: Mein Anspruch ist es, unser Anspruch ist es, Ihnen den Glauben an die Zukunft zurückzugeben, auf dem aufzubauen, was gut war, was unser Schatz gestern war, aber vor allem, Ihnen die Zuversicht zu geben, mit allem, was da kommen mag, fertigzuwerden, den Glauben an eine gute gemeinsame Zukunft. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ.)
10.35
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Frau Bundesministerin, ich danke auch Ihnen für Ihre Ausführungen.
Wir gehen nun in die Debatte über die Erklärungen ein.
Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Kickl. Ich erteile es ihm. Eingemeldete Redezeit: 10 Minuten.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.