RN/14
11.19
Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Geschätzte Regierungsmitglieder! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt ein Sprichwort, das heißt: Gut Ding braucht Weile. (Abg. Steiner [FPÖ]: Na ja! – Abg. Schartel [FPÖ]: Wenig Gutes!) – Bei diesen Regierungsverhandlungen war schon sehr viel Weile dabei, das hat wahrscheinlich für uns alle auch wirklich zu lange gedauert.
Ich glaube, parteiübergreifend müssen wir festhalten: Nach vielen, vielen Monaten – gefühlt waren es ja Jahre von Verhandlungen –, viel Wahlkampfrhetorik, politischem Klein-Klein, unterschiedlichen Debatten, die auch öffentlich geführt worden sind, hat es erste Verhandlungen gegeben, zweite Verhandlungen, dritte Verhandlungen – und jetzt hat Österreich endlich eine neue Bundesregierung bekommen.
Das ist gelungen, weil es quer über alle Parteigrenzen hinweg Menschen gegeben hat, die trotz unterschiedlichster Überzeugungen bereit waren, das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen, auch ein bisschen in sich zu gehen und zu überlegen: Was war denn der eigene Beitrag für das Gelingen und für das Scheitern von Verhandlungen?, vor allem aber Menschen, die bereit waren, gemeinsam gute Lösungen für diese Republik zustande zu bringen. Das ist es, was wir in den letzten Wochen gemeinsam versucht haben. Deswegen gibt es in Zukunft auch diese neue Bundesregierung für Österreich.
Was wir uns vorgenommen haben, ist ganz, ganz nahe dran an dem, was uns die Menschen in Österreich am Wahltag mitgegeben haben: Antworten auf die drängendsten Probleme der Republik. Das war an der ersten Stelle die Teuerung, leistbares Leben, es waren die Fragen von Asyl und Migration, Gesundheit und Pflege, Klimaschutz und der besten Bildung für junge Menschen. Auf all diese Themenfelder werden wir es in Zukunft gemeinsam schaffen, Antworten zu geben. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)
Wir machen das vor dem Hintergrund einer sehr, sehr schwierigen Budgetsituation. Die Lage ist wirklich dramatisch – 18 bis 19 Milliarden Euro –, und wir sind in einer Situation, in der eine steigende Arbeitslosigkeit ganz, ganz viele Menschen hart trifft. Während wir diskutieren, sorgen sie sich um ihre Zukunft, um ihre Arbeitsplätze. Da bin ich bei Werner Kogler: Deswegen ist es jetzt unsere Aufgabe, intelligent zu sparen und alles zu tun, um Arbeitsplätze zu schützen, zu retten und abzusichern und gemeinsam Konjunkturimpulse für Österreich zu setzen.
Ich sage es in dieser Runde ganz offen, auch als Klubobmann der SPÖ: Wir hätten es uns in dieser Situation ganz, ganz leicht machen können. Nach sieben Jahren sind wir als SPÖ das erste Mal wieder in der Bundesregierung. Hätten wir nur auf Parteitaktik geschaut: Es gäbe wahrscheinlich andere Zeiten, in denen es leichter wäre, in eine Regierung zu gehen. Aber warum machen wir es? – Weil wir diese Verantwortung für die Menschen in Österreich spüren (Abg. Wurm [FPÖ]: Geh, Philip!), weil wir in den letzten Monaten alle miteinander erlebt haben, was mit diesem Land passiert, wenn Parteitaktik so viel wichtiger ist als die Verantwortung für die Bevölkerung. Das ist unser Zugang: auf Österreich schauen und in diesen schwierigen Zeiten die richtigen Dinge gemeinsam zu versuchen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der NEOS. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Damit sich auch Klubobleute eine neue Waschmaschine kaufen können!)
Ich glaube, dass in diesen Fragen leider der Vergleich dann schon auch sicher macht. Ich wollte gar nicht lange auf Kollegen Kickl eingehen, der heute nicht sehr stark in sich gegangen ist. Wenn wir von Selbstkritik reden: Davon hätte ich in deiner Rede heute nicht viel vernommen. Ich möchte offen sagen: Wer die ganze Macht will, aber nicht bereit ist, auch nur ein bisschen Verantwortung zu übernehmen, der hat beides nicht verdient. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Was war die ganze Macht?) Weil es um Österreich geht, warst du nicht bereit, diese Verantwortung zu tragen (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Woher weißt du das?), weil dir die Partei in Summe viel, viel wichtiger war als das Land. Das haben wir leider heute auch kennenlernen müssen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten von NEOS und Grünen.)
Zwei Punkte noch dazu, weil ich selber jetzt über Wochen hindurch in Verhandlungen gesessen bin: Ich habe ja zu Jahresbeginn zumindest einige Tage auch Auszeit gehabt – da hat die ÖVP dann eher gedacht, sie versucht es doch noch einmal mit Herbert Kickl, aber ist dann draufgekommen, dass es mit Herbert Kickl unter der Bettdecke nicht ganz so gemütlich ist. (Abg. Kickl [FPÖ]: Wie mit euch! – Heiterkeit bei der FPÖ.) Aber was ist denn das bitte für ein Arbeitszugang – 8 Stunden verhandeln in drei Wochen? Erinnert euch, es hat einmal Debatten gegeben, als Andreas Babler mittelfristig eine 32-Stunden-Woche überlegt hat. Herbert Kickl hat ganz, ganz laut protestiert – aber nicht, weil es dir zu wenig war: Es war dir viel zu viel! (Heiterkeit und Beifall bei SPÖ, ÖVP, NEOS und Grünen.)
Mit dieser Arbeitszeit und dieser Arbeitseinstellung: Damit du auf 32 Stunden kommst, musst du ein halbes Jahr arbeiten. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Hast du das mit Excel ausgerechnet?) Fleißig war das ganz sicher nicht. Woran ist es denn in Wahrheit gescheitert? An inhaltlichen Fragen? Ist es um Lösungen – ich habe sie aufgezählt – für die Menschen in Österreich gegangen? Oder ist es um Macht und Posten gegangen? – Ich erinnere mich, wichtig war nur: Finanzminister, Innenminister und der Bundeskanzler. Es ist nur um Posten gegangen. (Abg. Steiner [FPÖ] – auf die Regierungsbank weisend –: 21! – Abg. Wurm [FPÖ] – auf die Regierungsbank weisend –: Philip, schau mal links, rechts! – Weitere Zwischenrufe bei ebenfalls auf die Regierungsbank weisenden Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Da musst selber lachen, gell?! Da musst selber lachen!) Wir als Sozialdemokratie – das ist vielleicht ein bisschen altmodisch – haben wirklich über Inhalte und Lösungen diskutiert. Der eine Punkt war das Budget, da wart ihr flott fertig: Pensionskürzungen habt ihr innerhalb von drei Tagen erledigt gehabt. Da war die FPÖ ganz vorne mit dabei. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Wir haben um Lösungen gerungen und haben gesagt: Ja, wenn alle einen Beitrag leisten müssen, heißt alle auch wirklich alle. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Hast schon eine eigene Waschmaschine?) Der Unterschied ist, dass in Zukunft auch Energiekonzerne einen fairen Beitrag leisten. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Und was machen die Kammern?) Das ist der Unterschied zur FPÖ. Ihr hättet euch das Geld von der breiten Masse der Bevölkerung geholt. Der Vergleich macht hier sicher. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Einen Nebensatz nur, weil das wirklich sozusagen einfach auch vergessen ist – ein bisschen zurückdenken an Innenminister Herbert Kickl, weil er heute groß von der Sparsamkeit in den Kabinetten geredet hat (Zwischenruf des Abg. Hafenecker [FPÖ]): Der teuerste Innenminister aller Zeiten war Herbert Kickl. (Abg. Kickl [FPÖ]: Das rechne einmal vor! Das rechne einmal vor!) Im Vergleich zu dir ist ja Gerhard Karner ein Sparefroh! (Abg. Kickl [FPÖ]: Jetzt kriegts ihr zusätzlich einen Generalsekretär im Innenministerium! Noch einen! Unglaublich!) 48 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – da habe ich die Pferde noch nicht einmal mitgezählt –, der größte Politapparat in der Geschichte Österreichs: Innenminister Herbert Kickl. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, NEOS und Grünen. – Abg. Kickl [FPÖ]: So ein Blödsinn! Geh mal den Leichtfried besuchen und fang an zu zählen! – Abg. Darmann [FPÖ]: Excel, Philip Kucher! – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Hast das mit Excel ausgerechnet?)
Ich möchte noch drei Punkte aufzählen, die mir persönlich wirklich wichtig sind. Der eine Punkt ist – weil der Vergleich sicher macht –: In wenigen Tagen haben wir es jetzt das erste Mal in der Geschichte Österreichs geschafft, dass es eine echte Mietpreisbremse in Österreich gibt, weil es wichtig ist, dass die Menschen sich das Wohnen leisten können. Auch das ist eine konkrete Maßnahme, die das Leben von Menschen besser macht. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Wir schauen nicht nur zu, sondern werden alles tun, dass wir die Zweiklassenmedizin in Österreich bekämpfen, weil alle Menschen in Österreich, egal ob in der Stadt oder auf dem Land, die bestmögliche Gesundheitsversorgung verdienen. Es wird mehr Medizinstudienplätze geben. Wir werden schauen, dass wir gemeinsam dafür sorgen, dass es mehr Erstversorgungsambulatorien gibt. Das sind ganz konkrete Maßnahmen, damit es in Zukunft wieder heißt: E-Card und nicht Kreditkarte. Das ist eine konkrete Maßnahme dieser Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Letzter Satz heute zum – ich kann es ja gar nicht mehr hören – sogenannten Gender-Woke-Wahnsinn (Abg. Schartel [FPÖ]: Genau!), was auch immer das sein soll (Ruf bei der FPÖ: Das, wofür du stehst!): Dafür zu sorgen, dass jedes kleine Mädchen in diesem Land dieselben Chancen hat wie ein junger Bub – ist das Gender-Woke-Wahnsinn oder ist das normal? (Ruf bei der SPÖ: Bravo! – Beifall bei SPÖ, ÖVP und NEOS sowie bei Abgeordneten der Grünen.) Deswegen wird es in Zukunft wieder echte Frauenpolitik in diesem Land geben, die für die Gleichstellung der Geschlechter sorgt. Da ist Eva Maria Holzleitner wirklich eine Garantin für diese Politik, denn du (in Richtung Abg. Kickl [FPÖ]) hast unter Beweis gestellt: Das Einzige, das dir frauenpolitisch eingefallen ist, ist, den Frauen nichts zu geben, sondern zu sagen: bei der Kinderbetreuung blaue Nullnummer, Nullmeldung; Ausbau der Kinderbildungseinrichtungen, Nullnummer bei den Blauen. Dafür hast du gesagt, wenn wir in diesem Bereich schon nichts tun, gibt es da eine kleine Herdprämie, ein Butterbrot für die Frauen. (Abg. Schartel [FPÖ]: Wertprämie! Wertprämie!) – Das ist der Respekt der FPÖ in Richtung Frauen. Der Vergleich macht hier sicher. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und NEOS sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl [FPÖ]: Unglaublich!)
Letzter Punkt: Auch in Fragen von Sicherheit und Kampf gegen Extremismus wird es eine neue Klarheit aus der Mitte der Gesellschaft geben. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Ja genau! Leeres Geschwätz! Hohles Geschwätz! – Abg. Kickl [FPÖ]: Könnt ihr heute am Abend anfangen! Könnt ihr heute am Abend anfangen mit euren Extremisten!) Hinschauen und nicht wegschauen: Wenn es Probleme gibt, werden wir sie lösen, aber wir werden nicht von den Problemen leben, sondern mit konkreten Lösungen das Leben in Österreich besser machen. (Rufe bei der FPÖ: Hohles Geschwätz! Bei der Polizei kürzen! Das glaubst du ja nicht mal selber! Ja, ja!) Ich sage es ganz klar hier in dieser Runde: Ob irgendwelche Identitären-Freunde von Herbert Kickl oder irgendwelche Kalifat-Typen – alle, die das friedliche Zusammenleben in Österreich zerstören oder auch nur stören wollen, werden diese Klarheit aus der Mitte der Gesellschaft kennenlernen. Es ist eine gemeinsame Aufgabe, dabei für Lösungen zu sorgen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und NEOS. – Abg. Kickl [FPÖ]: Heute Abend stehen eure Extremisten auf der Straße! – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Was machst du mit den Vögeln heute am Abend?)
Vielleicht können wir uns bei aller Kritik von der Opposition – ich weiß, das gehört dann dazu – ein bisschen den Satz des Bundespräsidenten zu Herzen nehmen, der völlig richtig in Richtung der neuen Bundesregierung gesagt hat: Sind Sie erfolgreich, ist Österreich erfolgreich. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) – Hoffen wir doch alle miteinander, dass uns in diesen schwierigen Zeiten etwas Großes gelingt! Packen wir es gemeinsam an (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Ihr packelts eh gemeinsam an!), statt vom ersten Tag an alles schlechtzureden, zu sudern und Probleme zu suchen! Es geht um Lösungen für die Menschen in diesem Land. Das wird die Bundesregierung auch unter Beweis stellen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und NEOS. – Abg. Kickl [FPÖ]: 10 Minuten drüber! – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Schlimm genug, wenn man die eigene Propaganda beginnt zu glauben! – Heiterkeit bei der FPÖ. – Weiterer Ruf bei der FPÖ: Genau!)
11.28
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Yannick Shetty.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.