RN/20
12.00
Abgeordnete Leonore Gewessler, BA (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Dem werten Herrn Bundeskanzler darf ich von dieser Stelle gute Besserung wünschen! Geschätzte Ministerinnen und Minister, Staatssekretärinnen und Staatssekretäre! Liebe Kolleginnen und Kollegen im Nationalrat! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Die Erklärung einer neuen Bundesregierung im Nationalrat ist ein wichtiges Element unserer Demokratie, sie ist ein wichtiger Moment in unserer Demokratie. Auch ich möchte an dieser Stelle sagen: Ja, ich bin froh, dass Sie jetzt – ich bin versucht, dazuzusagen: endlich – hier sitzen. Und wenn ich die Nachrichten aus der Ukraine von meinem ehemaligen Amtskollegen Herman Haluschtschenko höre, der zum wiederholten Male vor den Trümmern des Energiesystems steht, weil Russland, weil Wladimir Putin dieses Land und die zivile Infrastruktur mit Bomben-, Drohnen- und Raketenhagel überzieht, ja, dann bin ich froh, dass eine proeuropäische Regierung hier sitzt. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der NEOS sowie des Abg. Gerstl [ÖVP].)
Ich wünsche wirklich jedem Einzelnen und jeder Einzelnen für diese große, für diese ehrenvolle Aufgabe viel Erfolg und alles Gute. Es warten große Aufgaben auf unser Land, große Aufgaben, die eine Regierung schleunigst angehen muss, große Aufgaben, die wir in einem gemeinsamen Schulterschluss – er ist heute hier schon ein paarmal erwähnt worden – bewältigen müssen, für die wir diesen gemeinsamen Schulterschluss brauchen. In dieser Hinsicht möchte auch ich unser Angebot erneuern, unser Angebot unterstreichen: Wir Grüne stehen zur Verfügung. Wir Grüne stehen zur Verfügung für konstruktive Debatten, für wichtige Beschlüsse, für die Arbeit, für unser Land.
Ich darf Ihnen aber auch versichern: Wir werden Ihre Arbeit kritisch begleiten, wir werden Ihnen auf die Finger schauen. Ich weiß schon – Philip Kucher hat das heute schon erwähnt –, es ist der erste Tag. Ich muss Sie aber leider am ersten Tag schon darauf hinweisen, wenn Rückschritt und Streit über die Interessen Österreichs gestellt werden, und ich fürchte, die Politik, die Sie heute hier in Form von Anträgen einbringen, macht das heute schon unausweichlich, denn was Sie heute an Beschlüssen unter dem Motto: Mehr Dreck in der Luft, weniger Geld im Börsl!, durch dieses Parlament bringen wollen – peitschen wollen, muss ich sagen –, passiert nicht nur ohne vorhergehende öffentliche Debatte, sondern es ist auch ökonomisch falsch, es ist klimapolitisch rückschrittlich.
Die letzten fünf Jahre hatte Österreich ein Klimaschutzministerium, ein Ministerium, das erstmals in der Geschichte dieses Landes dafür gesorgt hat, dass wir auf dem Weg sind, unsere Klimaziele zu erreichen. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wo hat’s uns hingebracht? In die Schuldenfalle!) Heute machen Sie gemeinsam hier beim nächsten Tagesordnungspunkt Schluss mit diesem Zugang: Klimaschutz gehört zur Landwirtschaft, Verkehr heißt Autobahn, und Energiepolitik ist für die Wirtschaft da, sicher nicht für die Menschen – dazu komme ich noch, das unterstreichen Sie nämlich mit Beschlüssen heute hier. Sie zerschlagen aber nicht nur das Klimaschutzministerium aus der letzten Legislaturperiode – schlimm genug –, sondern Sie beschließen auch noch ein Klimaschutzzerstörungs- und -kürzungspaket der FPÖ. (Beifall bei den Grünen.)
Die Dinge, die Sie heute hier festzurren wollen, die Sie heute in den nächsten Tagesordnungspunkten einbringen, kommen aus den Koalitionsverhandlungen von ÖVP und FPÖ – wir haben es jetzt hier schon vielfach zitiert.
Streichen des Klimabonus: Lieber Herr Minister Marterbauer, vor wenigen Wochen haben Sie noch völlig zu Recht gesagt, das ist sozial ungerecht, das trifft einkommensschwache Familien am stärksten. – Kein Geld mehr für die Häuslbauer, die sich ein Sonnenkraftwerk installieren wollen: Das ist der Beschluss, den Sie mit heutigem Tag in Gültigkeit bringen. Weniger Geld für Menschen, die ihre Heizungen tauschen und unsere Luft sauber halten.
Philip Kucher und auch Beate Meinl-Reisinger haben gesagt, die Menschen sollen sich auf etwas verlassen können. – Leider, die Betriebe, die Menschen, die in diesen Branchen, in diesen Zukunftsbranchen arbeiten, können sich nicht mehr darauf verlassen, dass ihr Arbeitsplatz sicher ist. (Beifall bei den Grünen.)
Aber: Milliardenprivilegien für die ausländischen Frächter, die bleiben unangetastet, die bleiben. Das ist das FPÖ-Paket. Das ist das FPÖ-Paket, und das wissen Sie ganz genau, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, liebe Kolleginnen und Kollegen von den NEOS. Sie haben das vor Kurzem noch heftig kritisiert, völlig zu Recht heftig kritisiert. Ich weiß, Koalition ist Kompromiss, ich weiß, mit der ÖVP zu verhandeln, ist nicht immer einfach, ich habe das selbst lange genug erlebt. Ein bisschen mehr Stehvermögen hätte ich Ihnen zugetraut, hätte ich mir gewünscht. (Beifall bei den Grünen.)
Ein Wort noch zu den Beschlüssen im Energiebereich, die Sie heute fassen wollen: Ich kann es jetzt nur aus dem, was gestern über die mediale Berichterstattung an die Öffentlichkeit gedrungen ist, berichten. Da sollten dann plötzlich nämlich – das war die Debatte gestern – Energiekonzerne, die in grüne Stromproduktion investieren, ganz besonders zur Kasse gebeten werden und jene, die mit Fossilunternehmern, mit Russengas Geschäfte machen, offensichtlich wieder ausgenommen werden. Ganz ehrlich gesagt, wenn das die Energiepolitik ist, auf die wir uns einstellen müssen: Lieber Herr Kollege Hattmannsdorfer, das ist ein Industriezerstörungsprogramm. (Beifall bei den Grünen.)
Sie haben jetzt offensichtlich in letzter Minute noch die Handbremse gezogen. Da sind wir froh, das hätte Schaden verursacht. Insgesamt bleibt aber leider der Eindruck, Sie starten in diesem Bereich heute hier mit einem Rückschritt. Sie machen die große Mitarbeit der vielen, vielen Menschen in Österreich, die in den letzten Jahren im Klimaschutz angepackt haben, zunichte. Das ist nicht klug, das ist auch nicht gut für unser Land.
Ein Vorschlag: Vielleicht nehmen wir uns für die nächsten Gesetzesinitiativen ein bisschen mehr Zeit, dann können wir sie nämlich hier diskutieren und solche Fehler auch früh genug vermeiden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Krainer [SPÖ]: Das war eine Fake-News-Rede! Das war eine Fake-News-Rede! Wo steht der Klimabonus heute auf der Tagesordnung?)
12.06
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Julia Herr.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.