RN/25
12.43
Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung Christoph Wiederkehr, MA: Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank! Werte Abgeordnete! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte meine erste Rede als Bildungsminister hier in diesem Hohen Haus mit einem Dankeschön beginnen, einem Dankeschön an diejenigen, die die Zukunft gestalten. Da meine ich jetzt nicht uns Politiker und Politikerinnen hier, sondern ich meine alle Pädagoginnen und Pädagogen in unserem Land, die in Kindergärten und Schulen die Zukunft gestalten, die mit den Kindern und den Jugendlichen arbeiten. Ein herzliches Dankeschön – ein paar sehe ich auch hier auf der Galerie. (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ.)
Genau das, was in den Kindergärten und Schulen passiert, ist die Zukunft, ist die Voraussetzung dafür, dass unsere Gesellschaft gut funktionieren kann, ist die Voraussetzung für alle unterschiedlichen Politikbereiche, die wir hier in diesem Haus voranbringen werden. Wenn man auf die Umweltpolitik schaut, dann geht das nur mit einer guten Bildung. Wenn man auf die Wirtschaftspolitik schaut, dann wird es nur durch gute Bildung eine gute Wirtschaft geben. Und ja, auch der Finanzmarkt und die Finanzbildung sind essenziell, damit Menschen ihr Leben selber in die Hand nehmen können.
Für mich geht es, seitdem ich politisch denken kann und politisch handle, um eines, nämlich darum, die Bildung für die Kinder und die Jugendlichen in diesem Land zu verbessern; und das aus einer großen inneren Haltung und aus Überzeugung, dass gebildete und kritische Menschen, mündige Bürgerinnen und Bürger die Voraussetzung für eine liberale Demokratie, für unsere Gesellschaft, für unsere Demokratie, für ein vereintes Europa sind. Gute Bildung ist das Fundament dafür, wie wir zusammen leben. (Beifall bei NEOS und ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Es geht aber nicht nur um die ganze Gesellschaft, sondern für mich als Liberalen geht es insbesondere um das Individuum, um den Einzelnen, um die Einzelne. Es geht darum, dass wir an jeden Menschen, an jedes Kind in unserer Republik glauben, weil jeder Mensch Talente hat, und es geht darum, diese Talente zu entwickeln, um nach der Schulzeit ein selbstbestimmtes Leben führen zu können, ein glückliches Leben führen zu können, selber gute Entscheidungen treffen zu können, und ja, auch einen Beitrag für unsere Gesellschaft leisten zu können; und das geht nur durch gute Bildung. (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ.)
Ich werde deshalb diese ehrenwerte Aufgabe mit voller Energie und auch Einsatz angehen, denn man muss auch sagen: Wir sind nicht gut genug. Wir sind in Österreich zurückgefallen; bildungspolitisch zurückgefallen, wenn es darum geht, Chancengerechtigkeit herzustellen, sodass alle Kinder und Jugendlichen gute Chancen haben, wenn es darum geht, auf Leistung zu schauen (Ruf bei der FPÖ: Wien ...!), darauf, wie die Leistungen aussehen, aber genauso darauf zu schauen, ob Grundkompetenzen nach der Schulzeit vorhanden sind. Da sind wir als Österreich zurückgefallen. Ich möchte heute und hier eine große Aufholjagd beginnen, eine bildungspolitische Aufholjagd, damit Österreich auch bildungspolitisch wieder an die Spitze kommt. (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ . – Abg. Linder [FPÖ]: Wer war bisher zuständig?)
Und weil ich hier schon erste Zwischenrufe zu unterschiedlichen Problemfeldern gehört habe: Ja, ich werde auch ein Bundesminister sein, der zugibt, wo es Probleme gab und gibt, und die gibt es im Bildungsbereich zuhauf. Wir können nicht zufrieden sein, wenn Jugendliche aus der Schule kommen und die Sprache nicht beherrschen und keinen guten Arbeitsplatz bekommen. Damit können wir nicht zufrieden sein. Diese Probleme müssen wir konsequent angehen, aber gleichzeitig dürfen wir nicht vergessen, wie viel Positives und Gutes in den Kindergärten und in den Schulen geleistet wird, wie viele großartige Pädagoginnen und Pädagogen in unserer Republik ihren Dienst leisten, aber auch, welch tolle außerschulische Initiativen wir haben.
Ich möchte meine Redezeit auch noch nützen, um eine Vision von mir zu skizzieren, nämlich was mir wichtig sein wird, was wir bildungspolitisch in den nächsten Jahren gemeinsam erreichen müssen: Das ist für mich erstens: Stärken wir die elementare Bildung! Der Kindergarten ist das Fundament eines Hauses, auf dem dann erst aufgebaut werden kann; er ist das Fundament und das Wichtigste. Wir werden weitere Schritte gehen, um den Kindergarten, die elementare Bildung zu stärken, und zwar über ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr, über eine Ausbildungsoffensive, aber genauso über mehr Qualität in den Gruppen, denn das ist gut für die Pädagog:innen, gut für die Eltern und insbesondere gut für die Kinder. (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ.)
Das ist für mich zweitens: eine Haltungsfrage und das Ziel, dass Bildung auch Freude bereiten soll. Wir Menschen werden alle als neugierig geboren, sonst würde es unsere Spezies gar nicht geben, aber in der Schule kommt oft ein Punkt, an dem irgendwann die Neugierde ausgetrieben wird. Ich möchte ein Bildungssystem, einen Kindergarten, eine Schule, wo Kinder gerne hingehen, auch mit Freude hingehen und lernen; und nicht nur die Kinder, sondern auch alle, die in diesem Bereich arbeiten, sollen Freude am Lernen haben, weil nur dann auch Erfolg und Fortschritt möglich sind. (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ.)
Das ist für mich drittens: die Sprache. Die Sprache ist die Eintrittskarte in eine Gesellschaft, in eine Gesellschaft in Österreich; ohne Deutsch ist es nicht möglich, in unserer Gesellschaft als Schülerin, als Schüler zu bestehen. Wir werden Deutsch in den Fokus stellen, Deutsch ist Pflicht in Österreich, aber nicht als entweder/oder, wie es oft gemacht wird, sondern als sowohl/als auch. Mehrere Sprachen zu sprechen ist ein Schatz, ist ein großer Vorteil, aber die Basis des Zusammenlebens ist die deutsche Sprache. (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ. – Abg. Darmann [FPÖ]: Das hast ja in Wien zusammengebracht!)
Und ja, wir werden Integration und Bildung gemeinsam denken müssen und im Bereich der Migration entschlossen handeln müssen, damit wir im Bildungsbereich auch die Leistungen erbringen können, die notwendig sind.
Mein nächster Punkt ist: Was sind die Leistungen, die notwendig sind? – Das sind Grundkompetenzen, die alle Jugendlichen nach der Schule beherrschen müssen, nämlich Lesen, Schreiben und Rechnen, weil das Wirtschaftsleben und ein selbstbestimmtes Leben ohne diese Grundkompetenzen schwierig wird.
Darum bin ich froh, dass diese Mittlere Reife hier verankert ist, um klarzustellen: Alle Jugendlichen, die die Schule verlassen, können Grundkompetenzen, können einen Beitrag in der Wirtschaft leisten und können ihr Leben selbstbestimmt führen.
Es ist für mich – letztens – eine Haltungsfrage im Bildungsbereich, nämlich dass wir wegkommen von einer reinen Wissensvermittlung, bei der wir schauen, dass das Glas (ein Glas Wasser in die Höhe haltend) voll wird, und dann sind die Kinder und Jugendlichen frei in der Gesellschaft. In einer so komplexen Welt, in der das Wissen sich ständig vermehrt, geht es um etwas anderes: Es geht um Grundkompetenzen und dann um K-Fragen – statt Wissen, Wissen, Wissen Kritikfähigkeit, um die Gesellschaft hinterfragen zu können, um die Politik, um auch uns hinterfragen zu können, Kooperationsfähigkeit – das unterscheidet uns Menschen vom Tier, nämlich miteinander zu arbeiten, auch Kooperationen zu suchen – und drittens Kreativität, weil uns auch in Zukunft von der künstlichen Intelligenz unterscheiden wird, dass wir kreative Lösungen finden. (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ.)
Diese große Aufholjagd wird nicht allein in einem Ministerium passieren, dafür braucht es viele Verbündete – Verbündete hier in diesem Haus, parteiübergreifend. Hier auch meine Einladung an alle, die an einer guten Bildung zusammenarbeiten wollen. Ich bin immer an Kooperation und Zusammenarbeit interessiert, aber darüber hinaus wird es nicht nur eine Aufgabe der Politik sein, sondern auch der gesamten Gesellschaft, diese Aufholjagd zu starten.
Ich bin – abschließend – froh darüber, dass Bildung in dieser Regierung schon in den Verhandlungen eine so hohe Priorität hatte, dass wir sehr gut über dieses Themenfeld verhandelt haben, das Koalitionsübereinkommen so visionär ist wie noch keines im Bildungsbereich und ja, Herr Finanzminister, auch Finanzmittel für die Bildung in der Zukunft zur Verfügung gestellt werden. Mit Ihnen (in Richtung FPÖ weisend) in der Regierung hätte es nur Kürzungen gegeben; so gibt es Investitionen, um diese Aufholjagd gemeinsam zu starten. – Vielen Dank. (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ.)
12.51
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dagmar Belakowitsch.