RN/60
15.35
Abgeordnete Mag. Katayun Pracher-Hilander (FPÖ): Danke schön, Herr Präsident. – Sehr geehrte Zuseher! Sehr geehrter Herr Präsident! Regierungsmitglieder! Abgeordnete! Liebe Kollegen! (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.) Ich fange einfach an, wenn es leiser ist. (Rufe bei der SPÖ: Das sind die eigenen Leute!)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Erste Rede! – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Katayun Pracher-Hilander (fortsetzend): In der letzten Plenarsitzung ist etwas äußerst Schockierendes passiert, das nicht nur mir, sondern, glaube ich, sehr, sehr vielen Österreichern im Magen liegt. Der NEOS-Abgeordnete Dengler hat sich hinreißen lassen, zu sagen: Österreichs „Neutralität ist obsolet. Sie ist vorbei.“ – Das war erschreckend. Genauso erschreckend war seine Meldung: „Abschreckung sichert den Frieden.“ – Das ist nachzulesen im Schriftprotokoll jener Plenarsitzung.
Dann kommt heute unsere neue Außenministerin, Frau Beate Meinl-Reisinger, und setzt dem Ganzen noch eine Krone auf und sagt: Kein Frieden ohne Ukraine und Europa am Tisch! (Ruf bei der ÖVP: Na logisch!) Das passt zu den NEOS: Hauptsache, kein Frieden. (Abg. Schallmeiner [Grüne]: Skandalös! – Abg. Maurer [Grüne]: Skandalös! Alter Schwede, das gibt es wohl nicht!)
Jetzt möchte ich aber etwas zu Abgeordnetem Dengler und zu unserer neuen Außenministerin sagen: Als Sie angelobt wurden, haben Sie etwas ausgehändigt bekommen, nämlich Verhaltensregeln für Parlamentarier – da hätten Sie einmal hineinschauen sollen, denn auf Seite 12, glaube ich, unter dem Punkt „Objektivität“ steht (Abg. Maurer [Grüne]: Geh!), ich zitiere: „Parlamentarierinnen und Parlamentarier treffen ihre Entscheidungen evidenzbasiert.“ (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.) Wenn wir als Politiker hier heraußen stehen und etwas sagen (Abg. Bayr [SPÖ]: Entwurmungsmittel! Entwurmungsmittel!), dann ist das auch eine Handlung, die evidenzbasiert sein muss. – Okay? (Abg. Schallmeiner [Grüne]: Also bitte einmal mit den eigenen Leuten reden zum Thema Evidenz, gell!? Bitte! – Zwischenruf der Abg. Maurer [Grüne]. – Abg. Shetty [NEOS]: Jetzt klatscht halt einmal! Klatscht halt einmal!)
Ihre Aussagen sind nicht nur absolut evidenzbasiert, ah, evidenzbefreit (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten von SPÖ, NEOS und Grünen – Abg. Deimek [FPÖ]: Erste Rede!) – ja, Sie dürfen lachen –, sondern sie sind – und das ist eigentlich das Erschreckende – brandgefährlich. (Beifall bei der FPÖ.)
Liebe Kollegen! Wissen ist Holschuld. Das gilt für uns Politiker noch viel mehr als für den einzelnen Bürger da draußen. Da aber die NEOS – auch die anderen, aber vor allem die NEOS – jetzt gerade durch solche kriegstreiberischen Aussagen aufgefallen sind, möchte ich ihre Wissenslücke etwas füllen (Abg. Shetty [NEOS]: Ja, danke! – Abg. Deimek [FPÖ]: Schickts auch eure Erstredner hinaus ...!): Seit mindestens 1960 wissen wir empirisch, dass Drohungen nicht wirksam in der Konfliktlösung sind. Das ist evident (Heiterkeit bei der ÖVP), okay? Ebenso wissen wir, dass so etwas wie erzwungene Kommunikation – und nichts anderes ist es, wenn wir sagen: kein Frieden ohne Ukraine und Europa am Tisch (Abg. Oberhofer [NEOS]: Wo ist denn Ihre ehemalige Außenministerin, Frau Kneissl?) – nicht wirkungsvoll ist. Sorry, es ist so! (Beifall bei der FPÖ.)
Das alles wissen wir übrigens auch (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Wer sind „wir“ eigentlich?) – wenn Sie des Lesens mächtig wären und irgendwo einmal nachschlagen würden – aus der Forschung zum Israel-Palästina-Konflikt. Das ist alles nichts Neues, man muss sich nur interessieren, man muss nur nachlesen. (Abg. Scherak [NEOS]: Ist eh viel!) That’s it, mehr müssen Sie nicht tun.
Genau aus diesem Grund gibt es auch so etwas wie neutrale Vermittler (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Sie sind nächstes Jahr am politischen Aschermittwoch dran!), aus diesem Grund gibt es neutrale Unterhändler, weil nämlich Konfliktpartner alleine sehr häufig nicht zu integrativen Lösungen kommen. Und aus diesem Grund sage ich jetzt Herrn Dengler und unserer Außenministerin oder Nato-Außenministerin, die sie eigentlich ist: Unsere Neutralität ist unverzichtbar und unverhandelbar! (Beifall bei der FPÖ.) Sie ist der einzige Garant für Stabilität und Wohlstand in Europa, und wer etwas anderes behauptet, hat einfach keine Ahnung von gar nichts. (Beifall bei der FPÖ.)
Unsere Neutralität ist stärker als jemals eine Waffe sein kann, wenn man sie richtig einzusetzen weiß, aber dafür braucht es Evidenzwissen und einen gewissen Intellekt (Heiterkeit bei der ÖVP – Rufe bei der ÖVP: Oh!), und nur wer das nicht hat, schreit nach Waffen. Das muss ich in aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei der FPÖ.)
Die an den Tag gelegte Evidenzfeindlichkeit unserer Regierung ist nicht nur himmelschreiend, sondern sie ist wirklich verheerend und gefährlich. Ich kann nicht fassen, dass Regierungsparteien, die immer, gerade bei Corona, so in Richtung FPÖ gezeigt haben, dass wir so wissenschaftsfeindlich seien, seit fünf Jahren wissenschaftsfeindlich sind und absolut evidenzbefreite Entscheidungen treffen. Das können Sie alles nachlesen. Diese Kriegsaffinität und Friedensfeindlichkeit möchte ich als Psychologin fast schon als pathologisch bezeichnen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Bernhard [NEOS].)
Jetzt sage ich Ihnen noch abschließend – ich glaube, meine Redezeit ist vorbei (Abg. Bernhard [NEOS]: Auf Wiedersehen!) – etwas, und schreiben Sie sich das auf, denken Sie sich das durch, sofern Sie können: Ohne Frieden ist alles nichts! Okay? – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
15.42
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.