RN/94

15.00

Abgeordnete Leonore Gewessler, BA (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Verkehrsminister! (Die Rednerin stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Lobau schützen“ und einem durchgestrichenen illustrierten Bagger auf das Redner:innenpult. Die Tafel fällt herunter.) – Ich übe das noch am Rednerpult. Wir machen das jetzt so (die Tafel mit der Hand in die Höhe haltend), denn darum geht es uns heute.

Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Verkehrsminister, lieber Peter! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! Wir Grüne haben diese Dringliche Anfrage heute eingebracht und an den Verkehrsminister gerichtet, weil diese Regierung vor einer grundlegenden verkehrspolitischen Fehlentscheidung steht. Deshalb stehe ich heute hier: um mich entschieden gegen den Bau der Lobauautobahn und des Lobautunnels mitten durch den Nationalpark auszusprechen.

Die Lobauautobahn ist derzeit das mit Abstand teuerste, das mit Abstand umweltschädlichste, das mit Abstand größte Autobahnbauvorhaben Österreichs; ein Milliardengrab aus dem letzten Jahrtausend, für das Österreichs Steuerzahlerinnen und Steuerzahler vom Bodensee bis zum Neusiedler See eine bittere Zeche zahlen werden. Deswegen steht diese Dringliche Anfrage auch unter genau diesem Motto Lobau schützen. (Beifall bei den Grünen.)

Es sind die zukünftigen Generationen, denen dann das Geld für die Zukunftsinvestitionen fehlt, und es sind jene zukünftigen Generationen, die für die Milliardenschulden haften, die die Asfinag im Fall einer Realisierung aufnehmen und langfristig bedienen müsste. Wenn dieser Tunnel gebaut wird, schütten wir Zukunft mit Beton zu! Das wissen Sie genau, denn die Fakten liegen auf der Hand. Hier wird ein Bauprojekt, ein Betonprojekt, aus der Mottenkiste geholt, in der es schon gut drinnen war – und das wirklich gegen jeden Sachverstand und gegen die eindeutige Empfehlung der Wissenschaft.

Lieber Herr Verkehrsminister, deswegen gibt es heute diese Dringliche Anfrage. Ich erwarte mir, dass Sie heute hier auch Farbe bekennen und ehrlich sind, denn die Fakten liegen auf dem Tisch. (Beifall bei den Grünen.)

Sie planen mit diesem Projekt nichts weniger, als den Nationalpark der Wienerinnen und Wiener, den Haus-und-Hof-Nationalpark der Wienerinnen und Wiener, auf Druck Ihrer Wiener Parteikollegen zu zerstören.

Aber gehen wir es der Reihe nach durch, denn die umfangreichen Untersuchungen der letzten Jahre geben uns ja ein gutes Handwerkszeug dafür. Es ist völlig klar – die Wissenschaft ist sich da sehr einig –, die Lobauautobahn gefährdet die Klimaziele der Stadt Wien und bringt darüber hinaus mehr Verkehr statt der versprochenen und oft behaupteten Verkehrsentlastung, erhöht die Feinstaub- und Lärmemissionen, zerstört Unmengen an natürlichem grünen Boden, betoniert eine Fläche in der Größe eines Wiener Bezirks zu, gefährdet den Nationalpark und kostet Milliarden, die wir anderswo besser brauchen können. (Beifall bei den Grünen.)

Ich würde es jetzt gerne Punkt für Punkt durchgehen, diese Möglichkeit bietet ja die Dringliche Anfrage. Beginnen wir mit der Verkehrsbelastung. Ganz banale Erkenntnis: Mehr Straßen führen zu mehr Verkehr. Das ist immer und immer wieder bewiesen worden. Ein Autobahnprojekt, das zu weniger Verkehr führt, gibt es nicht. Es wird immer zuerst von Verkehrsentlastung geredet, und dann am Ende stehen die Menschen auf einer Spur mehr im Stau.

Was führt zu weniger Verkehrsbelastung? – Mehr Öffiverkehr führt zu weniger Verkehrsbelastung. Eine gescheite Verkehrslenkung führt zu weniger Verkehrsbelastung. Eine Infrastruktur fürs Radfahren und Zufußgehen führt zu weniger Verkehrsbelastung. Vieles davon hat die Stadt Wien in den letzten Jahren umgesetzt, auch unterstützt durch die Förderungen aus dem Bund. Deshalb hat sich der Verkehr in Wien verändert (Abg. Darmann [FPÖ]: Privatjets führen zu weniger Verkehrsbelastung!), und zwar so, dass die Prognosen, auf denen diese Autobahn beruht, schlicht und ergreifend falsch und veraltet sind. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Und die Leute, die dort leben, haben keine Bedürfnisse?!)

Also bitte festhalten: Wir wollen da Milliarden Euro in eine Autobahn schütten, die nicht auf aktuellen Zahlen beruht. Es gibt aktuell überhaupt nicht so viel Verkehr, wie dort angenommen wurde, um die Notwendigkeit dieser Autobahn zu begründen. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Dann stellen Sie sich bitte jeden Tag in der Früh auf die ...brücke!) Lassen Sie sich das bitte auf der Zunge zergehen! (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Das ist zynisch den Pendlern gegenüber!) Deswegen sollen wir diesen Weg weitergehen. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Na und den Bewohnern!) – Ich komme schon noch zu Ihrem Zwischenruf, Herr Hafenecker. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Zynisch! Pendler und Bewohner!) Daran festzuhalten, heißt nämlich, genau die Menschen im Regen stehen zu lassen, für die Sie sich jetzt gerade aussprechen. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Das ist wissenschaftsfeindlich, was Sie da machen! – Abg. Zarits [ÖVP] – erheitert –: Das sagst du!)

Es gibt überhaupt keinen Grund, diesen erfolgreichen Weg, den es die letzten Jahre in der Verkehrsentwicklung in Wien gegeben hat, nicht weiterzugehen. Und das hat sich ja die Stadt Wien auch vorgenommen: Sie will die Zahl der Einpendlerinnen und Einpendler halbieren. Das ist erreichbar und möglich (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wie? Wie soll das funktionieren?), aber es ist unter Garantie unerreichbar und unmöglich, wenn man den Tunnel baut. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Darmann [FPÖ]: Werden Arbeitsplätze vernichtet! – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Wer soll dann die U-Bahn-Steuer zahlen?)

Auch da: Mehr Straßen heißt mehr Verkehr, mehr Dreck in der Luft, mehr Klimazerstörung, also das Gegenteil von dem, was wir gerade brauchen. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Und wer zahlt dann die U-Bahn-Steuer?)

Zweiter Punkt, die Emissionen – ich habe ja gesagt, ich kann die Anfrage Punkt für Punkt durchgehen –: Wir haben eine ziemlich große Herausforderung bei den Emissionen. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das ist super, wenn man im Stau steht, die Emissionen! Grandios!) Der Verkehr ist nach wie vor der größte Emittent von klimaschädlichen Treibhausgasen. Rund 30 Prozent der gesamten Emissionen gehen auf das Konto des Verkehrs.

Weil Kai Jan Krainer vorhin Wien gelobt hat: In Wien sind es 36 Prozent der Emissionen, die sind auch um ein Viertel höher als noch 1990. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Es wohnen auch mehr Menschen in dieser Stadt!) Also tut mir leid, die Verkehrswende in Wien war in dem Fall noch eine Rückwärtswende. Deswegen ist es ja so dringend, dass wir umdenken. (Beifall bei den Grünen.)

Deswegen ist es so dringend, dass wir umdenken, und deswegen müssen auch Sie, lieber Herr Minister Hanke, in dieser neuen Aufgabe, in dieser großen neuen Aufgabe dringend umdenken, denn mit dem Lobautunnel erreichen wir genau das Gegenteil: mehr Verkehr, mehr Autos, mehr Lkw und damit auch mehr CO2-Emissionen. Anstatt den Verkehr nachhaltig und umweltfreundlich zu gestalten, wird an einer Lösung festgehalten, die alles andere als zukunftsfähig ist. 

Dem nicht genug; dritter Punkt, Umwelt und Nationalpark: Auch da liegt die große Gefahr dieses wirklichen Vergangenheitsprojekts. Die Bundesregierung will nämlich allen Ernstes einen Tunnel mitten durch einen einzigartigen Naturraum bauen, der unersetzlich für die Artenvielfalt ist, durch den Haus-und-Hof-Nationalpark der Wienerinnen und Wiener. Autobahn und Nationalpark, das – da schaue ich jetzt in die Richtung (in Richtung FPÖ– sagt mir schon der Hausverstand, der ja hier so oft zitiert wird: Das geht nicht zusammen. (Beifall bei den Grünen.)

Der Bau dieses Tunnels, auch da sind die Experten sehr, sehr klar, würde das Ökosystem massiv beeinträchtigen, zahlreiche Tierarten und Lebensräume unwiederbringlich zerstören; auch die Luftqualität und der Lärm in der Region würden sich dramatisch verschlechtern. Schon jetzt sind die Schadstoffwerte in Wien und Umgebung problematisch, und ein solches Projekt treibt sie noch weiter in die Höhe. 

Womit der Lobautunnel auch nicht zusammengeht, da schaue ich jetzt in diese Richtung (in Richtung NEOS), das ist das Bekenntnis dieser neuen Bundesregierung zum Bodenschutz. Jetzt passiert offensichtlich genau das, was man schon befürchten konnte: Lippenbekenntnisse beim Bodenschutz – ja; konkrete Maßnahmen und tatsächlich Boden schützen – nein. (Beifall bei den Grünen.)

Sie machen mit diesem Projekt genau das Gegenteil und bleiben bei Ihrer im wahrsten Sinne des Wortes fossilen Politik. Die Lobauautobahn ist das Projekt mit der allergrößten Bodenzerstörung. Es werden wertvolle landwirtschaftliche Flächen zerstört – ein Thema, das normalerweise der ÖVP sehr, sehr wichtig ist. (Zwischenruf der Abg. Baumgartner [ÖVP].) Auch das Jahrtausendhochwasser, wie man es nennen muss, des letzten Jahres war ein deutliches Warnsignal. Wir müssen auf unsere Böden aufpassen. Wir brauchen gesunde Böden, die Wasser aufnehmen können. (Zwischenruf des Abg. Zarits [ÖVP].) Den Abrissbagger in einem Naturschutzgebiet auffahren zu lassen und dieses unter Tonnen an Asphalt zu begraben, das ist nicht nur unvernünftig, das ist in Zeiten der Klimakrise fahrlässig. (Beifall bei den Grünen.)

Viele dieser Dinge liegen auf der Hand. Alle diese Dinge sind gut geprüft, denn es gibt einen umfassenden Klimacheck aller Autobahnprojekte in Österreich. Dort ist die Lobauautobahn Ende 2021 bei einer fachlichen Prüfung durchgefallen. Bei genauen Untersuchungen ist deswegen herausgekommen, dass dieses Projekt nicht weiterverfolgt wird, weil es zu viel Natur zerstört, weil es zu viel Boden versiegelt, weil es unserem Klima in einem wirklich unverträglichen Ausmaß schadet, und – auf das lege ich Wert – weil es 2025 verkehrspolitischer Unsinn ist. (Beifall bei den Grünen.)

Der Klimacheck hat nämlich nicht nur die ökologischen Aspekte, sondern auch verkehrsplanerische und wirtschaftliche Aspekte untersucht – die sind wichtig, die gehören dazu; das haben wir in der Debatte vorhin gehört, das haben auch Sie, Herr Minister, gerade gesagt –, aber auch dabei schneidet diese Autobahn schlecht ab, weil wir eben im Jahr 2025 leben und nicht mehr im Jahr 1980. Noch deutlicher wird der Umweltbericht, den Sie kennen, er liegt Ihrem Ministerium vor. Der Umweltbericht zur strategischen Prüfung im Verkehrsbereich ist eine Untersuchung von Umweltbundesamt, TU Graz, TU Wien und schlussfolgert: Die Lobauautobahn ist die schlechteste aller untersuchten Möglichkeiten. Sie ist die schlechteste aller Möglichkeiten für ein zukunftsfähiges Verkehrssystem und damit auch für die Menschen in dieser Stadt. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist die schlechtestmögliche Lösung, weil sie den Klima- und Verkehrszielen widerspricht – auch denen, die sich Wien und Niederösterreich gegeben haben. Diesen Bericht gilt es ernst zu nehmen. Wie gesagt, Herr Minister Hanke, er liegt bei Ihnen im Ministerium und deswegen: Seien Sie ehrlich und ziehen Sie daraus die nötigen Konsequenzen, verfolgen Sie dieses Projekt nicht aus Ideologie weiter, nicht gegen den Rat der Expertinnen und Experten, sondern ziehen Sie die notwendigen Konsequenzen aus dieser SP-V!

Es kommt noch ein weiterer schwerwiegender Punkt aus den letzten Wochen dazu, als wäre all das nicht schon genug. Es liegen noch nicht alle Genehmigungen vor, aber jetzt hat auch das Bundesverwaltungsgericht Zweifel angemeldet. Die EU verlangt eine strategische Umweltprüfung, wenn ein Projekt derart weitreichende Auswirkungen auf die Umwelt hat. Beim Lobautunnel wurde diese Prüfung jedoch nicht ordnungsgemäß durchgeführt. Der Europäische Gerichtshof hat schon 2020 klargestellt, dass solche Prüfungen unerlässlich sind und dass das Projekt aufgrund dieser versäumten Prüfung auch vor Gericht gekippt werden kann. (Abg. Martin Graf [FPÖ]: Ja, Sie waren ja Minister! Sie haben versäumt! Sie haben nicht versäumt, Sie haben es blockiert! Blockiert haben Sie es! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Jetzt ist irgendwann Schluss mit der Blockade mit dem Projekt!) Deshalb wendet sich das Bundesverwaltungsgericht an den EuGH und bittet ihn um Prüfung. Auch auf rechtlicher Basis, auch aus rechtlicher Sicht steht dieses Projekt also auf tönernen Füßen. Auch das ist ein unmissverständlicher Hinweis darauf, sich jetzt um Alternativen zu kümmern und die Alternativen auch tatsächlich umzusetzen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Privatjet für jeden, oder was?)

Zu guter Letzt die Kosten (Abg. Kogler [Grüne]: Genau!) – wir haben heute sehr, sehr viel darüber diskutiert, wir haben das in einer Aktuellen Stunde gehabt, wir haben es in vielen, vielen weiteren Anträgen gehabt –: Die Kosten sollen nämlich gerade in der aktuellen Situation nicht unter den Tisch fallen, denn die Milliarden Euro, die wir da vergraben, können wir viel, viel vernünftiger anderswo einsetzen. Der Lobautunnel ist nämlich nicht nur die umweltschädlichste Variante, nicht nur die verkehrspolitisch unsinnigste Variante, er ist auch mit Abstand die teuerste Variante. Während also bei den Klimaförderungen – mit denen man die Menschen dabei unterstützen kann, in eine gute Zukunft zu gehen – gekürzt wird, halten Sie, Herr Minister, an einer Milliardeninvestition für die aktive Zerstörung unserer Natur fest. Das geht nicht zusammen. (Beifall des Abg. Schwarz [Grüne].) Das geht auch nicht zusammen mit der Budgetpolitik, die Herr Marterbauer vorschlägt. Die Asfinag Milliarden an Schulden machen zu lassen, gleichzeitig die Asfinag-Dividende zur Budgetsanierung zurate zu ziehen, das geht sich schlicht und ergreifend nicht aus und ist zukunftsvergessen. (Beifall bei den Grünen.)

Das Fazit aus all diesen Punkten ist eindeutig. Dieses Projekt ist aus der Zeit gefallen; dieses Projekt ist kontraproduktiv auf so, so viele Arten und Weisen. Aber natürlich: Bessere Mobilität und Entlastung der Menschen vor Ort, ja, die braucht es. Die Menschen erwarten sich von uns Lösungen. Genau deswegen möchte ich das Augenmerk auch auf diese Alternativen legen. 

Die Alternativen liegen nämlich vor – genau in dem Umweltbericht, den ich gerade zitiert habe, genau in dem Umweltbericht, der in Ihrem Ministerium liegt. Der Umweltbericht sagt nämlich genau, was zu tun ist: Ausbau der Schieneninfrastruktur, mehr Straßenbahnlinien, günstigere und klimafreundliche Mobilität ohne neue Transitrouten. Das ist die sogenannte „Alternative III“, die in dieser Anfrage vorkommt: die Kombination aus Schieneninfrastruktur, öffentlichen Verkehrsmitteln, gezieltem Verkehrsmanagement. Das ist eine Lösung, die weitaus umweltfreundlicher ist, die weitaus effizienter ist und die weitaus günstiger ist als das geplante Milliardengrab an Tunnel. (Beifall bei den Grünen.)

Das sind Lösungen, die den Verkehr reduzieren – für die Menschen vor Ort. Das sind Lösungen, die die Mobilität verbessern – für die Menschen vor Ort. Das sind Lösungen, die die Umweltqualität und die Lebensqualität für die Menschen vor Ort verbessern. Das ist zukunftsfähige Politik – das wäre zukunftsfähige Politik, aber sie ist möglich.

Meine Damen und Herren, wir haben als Politikerinnen und Politiker Verantwortung. Diese Verantwortung betrifft nicht nur die Menschen, die heute in diesem Land leben, diese Verantwortung betrifft vor allem auch zukünftige Generationen, unsere Kinder, unsere Enkel. In diesem Sinne ist diese Autobahn ein doppelt unsinniges Projekt. (Abg. Kogler [Grüne]: So ist es!) Es nimmt nicht nur den Menschen heute den unberührten Nationalpark vor der Tür, es macht es für zukünftige Generationen schwieriger, ihre Klimaziele zu erreichen, und es macht es noch schwieriger, dass sie eine intakte, unberührte Natur vorfinden. 

Lieber Herr Verkehrsminister, wenn Sie mir das nicht glauben, dann lade ich Sie zu einem Spaziergang in die Lobau ein, in diesen einzigartigen Nationalpark. (Die Rednerin stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Lobau schützen“ und der durchgestrichenen Illustration eines Baggers auf das Redner:innenpult.) Der Frühling ist vielleicht gerade eine sehr gute Zeit für so einen Spaziergang. Da beginnt alles, zu wachsen, die Bäume werden grün, das Licht spiegelt sich wunderbar im Wasser der Lobau. Da können Sie sich diesen einzigartigen Schatz, den die Stadt Wien hat, vor Ort anschauen. Man braucht auch gar kein Dienstauto, um dort hinzukommen. Da können wir vor dem Parlament einsteigen, Öffi, Fahrradl, am Weg in die Lobau. (Abg. Oxonitsch [SPÖ]: Zeigt dann, wo die Autobahn ist! Wirklich!) Sprechen Sie dort mit den vielen Wienerinnen und Wienern, die diesen Platz nützen, lieben, schätzen, was die Lobau für sie bedeutet! Die Lobau bedeutet Erholungsraum. Die Lobau bedeutet frische Luft zum Atmen. Die Lobau bedeutet wunderbare Natur, ist ein Ort, an dem man aus der Stadt hinauskommt – aus dem Alltag, aus dem Stress –, wo man ohne Abgase, ohne Lärm sein kann. Es ist ein einzigartiges Privileg, in dieser wunderbaren Stadt den Nationalpark vor der Haustüre zu haben. Einen Nationalpark in einer Großstadt zu haben, das werden Sie sonst kaum irgendwo finden. (Abg. Oxonitsch [SPÖ]: Peter Hanke lädt dann zum Spaziergang nach dem Bau ein! – Abg. Kogler [Grüne]: He! – Weiterer Zwischenruf des Abg. Oxonitsch [SPÖ].)

Was ich mir wünsche, ist: Wenn Sie dort mit den Menschen vor Ort Gespräche führen, wenn Sie mit den Wienerinnen und Wienern dort Gespräche führen, dann sagen Sie ihnen bitte: Ich schicke euch die Bagger, ich schicke euch die Betonmischer, ich schicke euch die Planierraupen! Mir gefällt eine Autobahn besser als ein Nationalpark und offensichtlich ist mir eine neue Transitroute wichtiger als der Erholungsraum der Wienerinnen und Wiener! Ich möchte lieber Milliarden vergraben, anstatt damit sinnvolle Verkehrslösungen für die Zukunft zu entwickeln! – Ich glaube, das, lieber Herr Verkehrsminister, versteht jedes Kind: Wenn dort einmal ein Bagger steht, dann ist dort keine unberührte Natur mehr, dann ist von diesem Nationalpark nicht mehr das übrig, was er jetzt ist. (Abg. Martin Graf [FPÖ]: Bitte!) Das wird allen – ich lade Sie alle ein – und auch Ihnen in der Lobau klar. (Beifall bei den Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe in meiner Zeit als Ministerin immer eine klare Linie verfolgt. Es gilt, wissenschaftliche Fakten ernst zu nehmen. Wir Politikerinnen und Politiker arbeiten nicht nur für uns selbst, wir arbeiten für das Land und auch für die zukünftigen Generationen. Mir war immer wichtig, das nicht aus den Augen zu verlieren, damit – auch das ist in der Debatte schon gefallen – auch unsere Kinder, unsere Kindeskinder noch in einer guten, in einer behüteten, in einer blühenden Umgebung aufwachsen können. Ich habe zwei Nichten, das haben Sie von mir auch schon öfter gehört, die mittlerweile gar nicht mehr so klein sind. Für ihr Leben – genauso wie für Ihre Kinder, Nichten, Enkerl, Neffen – gibt es eine Verantwortung, haben wir alle gemeinsam eine Verantwortung. Die sollen auch noch Natur haben und nicht nur Beton. (Beifall bei den Grünen.)

Deswegen, sehr geehrter Herr Verkehrsminister, habe ich es immer so gehalten. Wenn mich diese Kinder, wenn mich meine zwei Nichten fragen: Was hast denn du damals gemacht, als diese Frage zur Beantwortung gestanden ist (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Österreich zerstört und die Schulden verursacht! – Heiterkeit der Abg. Belakowitsch [FPÖ]. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Für die nächsten Generationen! Schuldenfalle! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Sie hat keine Kinder! Ich hätte gerne, dass meine Kinder, wenn sie zufällig in den 22. Bezirk kommen ...!), hast du alles gemacht, was in deiner Macht stand, um diese Zerstörung zu verhindern?, dann möchte ich Ja sagen können, ihnen die Antwort geben können: Ich habe alles gegeben, was in meiner Macht steht (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ja, und die müssen das dann alles abzahlen, was Sie alles in Ihrer Macht Stehende getan haben! Privatjetflüge! Privatjetbelastung!), um für die jungen Menschen in dieser Republik, für die jungen Menschen in dieser Stadt noch eine gute Zukunft zu ermöglichen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: 12 Milliarden Defizit!)

Für diese Entscheidungen braucht es Mut. Und ja, das stimmt: Man muss Dinge anders machen, als man sie noch vor Jahren oder Jahrzehnten gemacht hat. Wir leben 2025 und nicht mehr 1980. Und ja, das haben wir bereits erledigt. Wir haben gesagt: Lobau schützen! Diesen Nationalpark der Wienerinnen und Wiener zu schützen, ist aus ganz, ganz vielen Gründen wichtig.

An Sie, lieber Herr Verkehrsminister, appelliere ich heute mit dieser Dringlichen Anfrage: Schenken Sie den Menschen in dieser Stadt, schenken Sie den Menschen in diesem Land reinen Wein ein! Der Lobautunnel ist ein Relikt aus der Vergangenheit, er kostet Milliarden, die wir anderswo brauchen können, er ruiniert den Nationalpark unserer Hauptstadt. Deswegen: Nehmen Sie die Fakten ernst! Dieser Tunnel ist die schlechteste aller möglichen Ideen und Alternativen. Das sagen Ihnen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitäten unseres Landes. Deswegen: Lassen Sie diese Mottenkiste zu! Es ist an der Zeit, in die Zukunft zu investieren. Dort sind die Milliarden gut aufgehoben, und die Entscheidung, genau das zu tun, die Entscheidung, diese Autobahn zu stoppen, liegt jetzt in Ihrer Hand, Herr Minister. Treffen Sie eine Entscheidung für die Zukunft und nicht für ein Milliardengrab aus der Vergangenheit! – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

15.21

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich Herr Bundesminister Peter Hanke gemeldet. Seine Redezeit soll 20 Minuten nicht übersteigen.