RN/95

15.21

Bundesminister für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Peter Hanke: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Danke an Kollegin Gewessler für die Anfrage, denn man soll und man muss sich mit diesem Projekt vom ersten Tag an beschäftigen, und das sage ich Ihnen auch zu. Ich sage Ihnen aber auch, dass ich die Lobau bereits kenne; ich bin 60 Jahre alt geworden und besuche diese schöne Umgebung oftmals mit dem Fahrrad, und das soll auch immer so bleiben. Ich kenne aber auch die Menschen, die im 21. und 22. Bezirk leben und wohnen, die arbeiten fahren müssen und mit dieser Zeittangente ein erhebliches Problem haben, was damit auch für erhebliche Probleme im Umweltbereich sorgt. Und das führt mich ein Stück weit zu meiner Beantwortung und zur prinzipiellen Ansicht und zur Sichtweise, die ich dazu habe und die ich Ihnen hiermit auch noch einmal allen mitgeben möchte.

Ich glaube, dass die Debatte rund um den Lobautunnel in den letzten Jahren weniger – erlauben Sie mir, das auch jetzt in der Beantwortung zu sagen – auf einer sachlichen Ebene, aber dafür umso mehr auf einer emotionalen und polarisierenden Ebene geführt wird. (Ruf bei den Grünen: Geh bitte!) Und das ist aus vielerlei Gründen, wie ich meine, bedauerlich, denn die Nordostumfahrung und alle, die davon betroffen sind, haben sich wohl eine sachliche und ruhige Diskussion zu diesem wichtigen, zentralen verkehrspolitischen Thema der gesamten Ostregion – es geht nicht nur um Wien, es geht um die Ostregion – verdient, und es ist auch notwendig, diese zu führen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Martin Graf [FPÖ].)

In meiner Zeit als Stadtrat in Wien war es mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass in der Verkehrspolitik Intermodalität ein Gesetz der Stunde ist, sodass alle Verkehrsarten – von öffentlichen Verkehrsmitteln über Fahrräder bis zum Individualverkehr – miteinander verknüpft werden, denn nur so kann den Bedürfnissen aller in einer modernen, einer nachhaltigen, einer wachsenden Stadt nachgekommen werden, und diesem Ziel sind wir ja wohl alle verpflichtet. 

Ich bin davon überzeugt, dass es möglich ist, den Ausbau der unterschiedlichen Infrastrukturen miteinander zu verbinden, um eine lebenswerte und zukunftsfitte Mobilität für uns alle zu gewährleisten und zu schaffen. Intelligente Standortinvestitionen sowie der Ausbau und die Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur sind ein entscheidender Konjunktur- und Jobmotor. Ich darf insbesondere auch aus eigener Erfahrung sagen: Durch den U2- und U5-Ausbau sind Zehntausende Arbeitsplätze gesichert, aber insbesondere wird damit eben auch die neue Mobilität bereichert. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Gewessler [Grüne].)

Essenziell ist aber auch – und ich gebe Ihnen vollkommen recht, dass der Umweltschutz mitgedacht werden muss –: Die Forschung und die Entwicklung neuer Technologien spielen eine zentrale Rolle. Elektromobilität und Innovationen müssen integrative Bestandteile der zukünftigen Verkehrsinfrastruktur sein, und dazu bekennen wir uns, glaube ich, auch alle. Der Fortschritt im Bereich der umweltfreundlichen Verkehrstechnologien eröffnet immer wieder neue Möglichkeiten, um den CO2-Ausstoß, um den es uns allen geht, zu minimieren und gleichzeitig Mobilität zu gewährleisten. Es muss aber auch klar sein, dass Umweltschutz gewährleistet wird, wenn die Verkehrsträger nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern vielmehr das Integrative gesucht wird und dass intelligente Lösungen gefunden werden müssen, um sich der Standortstabilität weiter anzunähern und diese auch sicherzustellen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Shetty [NEOS].)

In diesem Spannungsfeld zwischen Verkehrsinfrastruktur, Umweltschutz und wirtschaftlichem Interesse gilt es, die Bedürfnisse von Großstädten und ihrer Wirtschaftsstandorte miteinander zu vereinbaren – sozial gerecht und, wie ich meine, natürlich umweltbewusst. 

Sehr geehrte Damen und Herren, ich darf jetzt aber auch auf die Beantwortung der einzelnen Fragen zurückkommen und möchte mich schon jetzt für diese schnelle und sehr genaue Ausformulierung bei meinem Kabinett und bei meinem Ministerium sehr herzlich bedanken. 

Zu den Fragen 1 bis 5:

Die Gesamtkosten im Einreichprojekt betrugen 1,84 Milliarden Euro. Für Straßenbahnvorhaben im Allgemeinen sind neben dem Straßenbauindex und anderen natürlich auch der Brückenbauindex sowie andere Kosten und Preisentwicklungen relevant. Daher kann zum VPI derzeit keine belastbare Zahl genannt werden.

Zu den Fragen 6 und 7:

Es sind grundsätzlich keine relevanten Änderungen erfolgt. Ausnahmen sind die Verzögerungen in der Umsetzung, in der Anpassung an den Stand der Technik sowie Änderungen im Rahmen der Genehmigungs- und Beschwerdeverfahren.

Zu Frage 8:

Jene der Verkehrsuntersuchung aus 2008, die im Zuge des BVwG-Verfahrens 2017 aktualisiert wurde.

Zu Frage 9:

Für die S 1 im Bereich der Donauquerung wurden für 2025 pro Tag rund 60 000 Kfz prognostiziert. 

Zu den Fragen 10 und 16 bis 29: 

Die Antworten sind im öffentlich verfügbaren Umweltbericht zur SP-V zu entnehmen. Die dem Umweltbericht zugrunde liegenden Daten sowie Ergebnisse werden auch entsprechend der nunmehr eingehenden Stellungnahmen im Rahmen der SP-V bewertet. Sie wissen: Das war erst vor wenigen Tagen zu Ende.

Zu Frage 11:

Laut Verkehrsdaten der Asfinag betrug die durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke werktags im Jahr 2019 im Bereich Sankt Marx rund 210 000 Kfz.

Zu den Fragen 12 und 13:

Die Coronapandemie und die damit zusammenhängenden wirtschaftlichen Entwicklungen beziehungsweise etwa Maßnahmen wie Homeoffice haben in den Jahren 2020 bis 2023 zu außerordentlichen Rückgängen im Verkehrsaufkommen geführt. Seither zeigen die Verkehrsdaten der Asfinag wieder eine klar steigende Verkehrsleistung.

Zu den Fragen 14 und 15:

Die Fragen nehmen Bezug auf das im Auftrag der Umweltorganisation Virus erstellte Rechtsgutachten, das zur Ansicht gelangt, dass bei Änderungen im Rahmen der Novellen BGBl. Nr. 58/2006 und 62/2011 ein Screening zur SUP hätte durchgeführt werden sollen. Die Fach- und Rechtsexperten meines Hauses teilen die Rechtsmeinung des Gutachtens nicht, insbesondere weil das Bundesverwaltungsgericht bereits mit dem Thema befasst wurde und sich der Sichtweise des BMK anschloss, dass für die Novellen keine SUP-Pflicht bestand. 

Weiters darf ich noch anmerken, dass ich als Bundesminister zur Vollziehung geltender Gesetze verpflichtet bin. Das gilt auch für das Bundesstraßengesetz in seiner geltenden Fassung. Demgemäß stellt sich die Frage nicht. (Beifall des Abg. Taschner [ÖVP].)

Zu den Fragen 30 bis 32: 

Es liegen 53 Stellungnahmen vor, die dem Umweltbericht zugrunde liegenden Daten sowie Ergebnisse werden im Rahmen der SP-V derzeit bewertet. Ableitungen können daher aktuell noch nicht erfolgen. 

Zu Frage 33: 

Diese Fragen sind Ihrerseits bitte an die Stadt Wien zu richten. 

Zu Frage 34: 

Die Stadt Wien war in der Erstellung der SP-V zusätzlich zu den gesetzlich vorgeschriebenen Einbindungen in den SP-V-Prozess zu einem Workshop eingeladen, wo insbesondere Alternativen besprochen wurden. 

Zu Frage 35: 

Mir ist wichtig, zu betonen, dass in der Anfrage zitierte Passagen aus Medienberichten keine Aussagen von mir sind. Vielmehr handelt es sich dabei um Interpretationen und Aufbereitungen der jeweiligen Medien. Es zeigt sich dabei eindeutig, dass diese Dringliche Anfrage vor allem, wie ich meine, dem Wiener Wahlkampf geschuldet ist. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ, ÖVP und NEOS. – Abg. Scherak [NEOS]: ... kann gar nicht sein!)

Zu den Fragen 36 und 37: 

Ich darf darauf hinweisen, dass ich als Bundesminister mehrmals darauf hingewiesen habe, dass meine Prioritäten betreffend die Nordostumfahrung zunächst einmal darin liegen, Klarheit und Ruhe in die Diskussion zu bringen – ich sage das wirklich mit zwei Rufzeichen. Es ist mir wichtig, dass ich mich in den kommenden Monaten mit Stakeholdern austausche und mir von meinen Expert:innen im Ministerium den aktuellen Stand der Verfahren zur Nordostumfahrung sachlich aufbereiten lasse. 

Ich sehe es als meine Aufgabe und Pflicht als Bundesminister, dass ich mir fern jeglicher Polarisierung ein eigenes Bild des Projektes und der damit verbundenen Konsequenzen verschaffe (Beifall bei der SPÖ), denn wie wir alle wissen: Die Nordostumfahrung ist ein Projekt, das vor allem auch die nächsten Generationen – im Plural – betreffen wird. Daher ist es essenziell, sich auch die nötige Zeit zu nehmen, um auf der Basis der erörterten Erkenntnisse und der mir vorliegenden Unterlagen eben die nächsten Schritte mit der von mir – hoffentlich – gewohnten Seriosität zu planen und umzusetzen. 

In meiner Zeit als Stadtrat habe ich mit gezielten Vorhaben wie der Umsetzung der ersten Geothermieanlage Wiens oder der Förderung des Wasserstoffes sowie dem Ausstieg aus russischem Gas und dem konsequenten Öffiausbau – wie ich vorhin schon betont habe: U2, U5 – gezeigt, dass mir Klimaneutralität ein Herzensanliegen ist. Gleichzeitig ist es mir wichtig, zu betonen, dass Verkehrsthemen gesamtheitlich gedacht und als komplexes Gefüge mit unterschiedlichen und wechselseitigen Wirkungen behandelt werden. Auch da gilt: Nur ein gemeinsamer, aufeinander abgestimmter Infrastrukturausbau für alle Mobilitätsformen bringt positive Effekte und Lebensqualität für die Menschen in der Ostregion. 

Abschließend bleibt festzuhalten, dass Verkehrsthemen in gesamtheitlichen Konzepten betrachtet und daher auch so gelebt werden müssen und bestmögliche Lösungen für einen modernen und zukünftig starken Standort gegeben sein sollen. Das umzusetzen, dazu bin ich bereit. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Shetty [NEOS].) 

15.34

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Danke, Herr Bundesminister. 

Wir gehen in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung keine Rednerin und kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt. 

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lukas Hammer. Ich erteile es ihm. Eingestellte Redezeit: 8 Minuten.