RN/96

15.34

Abgeordneter Mag. Lukas Hammer (Grüne): Danke, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, ich muss sagen, ich bin ein bisschen enttäuscht von Ihren Ausführungen. Sie haben vorhin davon gesprochen, dass es nicht darum gehe, Verkehrsträger gegeneinander auszuspielen, dass es nicht um das Ausspielen von Mobilität und Umweltschutz gehe. – Ja, es geht darum, mutige Entscheidungen zu treffen. Darum geht es! Ihre Vorgängerin hat vorgemacht, wie so etwas funktionieren kann. (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben weiters gesagt, es geht um intelligente Standortinvestitionen. Da gebe ich Ihnen recht, aber ich glaube – meine Kollegin hat es gerade in 20 Minuten ausgeführt und der Umweltbericht, der Ihnen vorliegt, zeigt es auf 500 Seiten –, dass das eben keine intelligente Standortinvestition ist, wenn man in die Lobauautobahn investiert. (Beifall bei den Grünen.) 

Natürlich müssen wir diese Debatte sachlich führen, und dieser Umweltbericht, diese strategische Prüfung im Verkehrsbereich, die, wie gesagt, schon viel früher hätte vollzogen werden müssen, ist genau der Beitrag, den wir für eine sachliche Debatte brauchen. Auf 500 Seiten haben sich Expertinnen und Experten der TU, vom Umweltbundesamt und anderen Institutionen ganz genau angeschaut, was die besten Alternativen für die Herausforderungen, die wir in dieser Region haben, sind, und – Leonore Gewessler hat es ausgeführt – die Lobauautobahn ist die mit Abstand schlechteste Alternative – wenn wir das sachlich angehen. (Beifall bei den Grünen.)

Es wird immer so hingestellt, als sei die Lobauautobahn alternativlos. Wir wissen aber aus vielen Beispielen auf der ganzen Welt, dass es eine falsche Ideologie ist, Verkehrsprobleme – also wenn irgendwo ein Stau ist – immer damit zu beantworten, dass wir eine neue Autobahn oder größere Straßen bauen: One more lane will fix it! – Das ist eine veraltete Ideologie aus dem letzten Jahrtausend, die durch Empirie und die Wissenschaft hundertfach widerlegt ist. (Beifall bei den Grünen.) Also hören Sie bitte auf – und da schaue ich in den gesamten Raum –, den Leuten, den Menschen, die Sie im 21. und 22. Bezirk in Wien kennen – die ich auch kenne –, vorzugaukeln, dass der Bau der Lobauautobahn ihnen irgendetwas bringen würde! Sie bringt mehr Verkehr und nicht weniger. (Beifall bei den Grünen.)

Es wird immer gesagt, es gibt keine Alternative, oder es wurden keine Alternativen vorgelegt. Das, was die ehemalige Bundesministerin gemacht hat, und das, was wir hier auch beschlossen haben, ist, erstmals eine Möglichkeit für große Ballungsräume zu schaffen. So können Stadtregionalbahnen gebaut werden oder es können mittels Kofinanzierung länderüberschreitende und gemeindeüberschreitende Projekte ermöglicht werden, wie Straßenbahn- und Schnellbahnlinien zu bauen. Linz hat es gemacht, Graz hat es gemacht, Innsbruck hat es gemacht. Und was haben Wien und Niederösterreich gemacht? – Die haben dieses Angebot verweigert. Sie haben es ausgeschlagen, denn: Es muss ja unbedingt eine Autobahn sein, und es kann nicht sein, dass es eine Lösung gibt, die nebenbei 4,5 Milliarden Euro weniger kostet! – Das ist die Wahrheit, und das, muss ich sagen, ist auch ein bisschen perfide. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Michael Hammer [ÖVP]: ... SP-V ... !) 

Es gibt Alternativen. Und: Wo sonst können wir 4,5 Milliarden oder 5 Milliarden Euro einsparen und damit bessere Ergebnisse erzielen, ohne einen Nationalpark zu zerstören, und Mobilitätsziele besser erreichen? Das können wir, das zeigt der Umweltbericht; und ich bitte Sie wirklich, den auch selbst zu lesen. Wenn wir Öffiverbindungen ausbauen, wenn wir die gesamte Infrastruktur, die schon besteht, verbessern und bessere Verkehrsplanung machen, dann erreichen wir das auch. 

Es wurde heute viel von Konsolidierungsbedarf gesprochen. Wir haben betreffend Mobilität – leider, muss ich sagen – einen Vorgeschmack bekommen, was das für diese neue Koalition heißt: dass Menschen, die sich entscheiden, klimabewusster und umweltfreundlicher unterwegs zu sein, jetzt mehr zahlen. Wenn man heute ein E-Auto hat oder ein E-Auto kaufen will, dann zahlt man durch die Einführung einer neuen Steuer bis zu 1 000 Euro mehr im Jahr. (Abg. Ottenschläger [ÖVP]: Entschuldigung, es ist einfach so unseriös! Ihr wisst es ganz genau!) Okay, es wird jeder Euro umgedreht und alle müssen sparen. Nur, es scheint, wenn es um Autobahnen geht, dass wir in einem Paralleluniversum leben, dann ist das Geld einfach abgeschafft: Es macht ja eh die Asfinag! 

Wir haben sehr detaillierte Fragen nach den Kosten dieser Lobauautobahn gestellt, und Sie, Herr Minister, stellen sich hierher – tut mir leid – und sagen: Wir wissen nicht, wie viel es kostet, wir wissen es nicht! – Es gibt natürlich Zahlen. Ich kann mich erinnern, dass die jetzige Außenministerin Beate Meinl-Reisinger vor mehreren Jahren schon von 4,5 Milliarden Euro gesprochen hat. Es gab eine Inflation, es gab eine Projektänderung: Dieses Projekt wird mindestens 5 bis maximal 6 Milliarden Euro kosten – für eine naturzerstörerische Autobahn! Und die Asfinag ist, vergessen wir das nicht, jetzt schon mit 10 Milliarden Euro in den Miesen. 

Ich frage mich, warum in dieser Koalition bis jetzt niemand darüber diskutiert hat, auch nur 1 Kilometer Autobahn einzusparen – niemand, es kommt einfach nicht vor! Und das ist ideologisch, das ist faktenbefreit! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf des Abg. Ottenschläger [ÖVP]. – Abg. Erasim [SPÖ]: Er kennt sich wirklich mit Finanzierung nicht aus, der Kollege Hammer!)

Ich hätte mir von Ihnen als neuer Minister deutlichere Ansagen gewünscht, nämlich die Ansagen, die Sie auch medial gemacht haben. Ich darf Sie noch einmal bitten, den Umweltbericht zu lesen. Ich habe gehört, dass Sie gerne in die Lobau gehen. (Abg. Erasim [SPÖ]: Das ist unredlich!) Ich habe auch ein Gedicht an die Lobau von Ihnen gefunden. (Der Redner hält eine Tafel mit einem Foto von Bundesminister Hanke und dem Text „Peter Hanke, 59, ist Stadtrat der Wiener Stadtwerke.“, „22., Die Klänge der Lobau“ in die Höhe. ) Das kennen Sie, das kann man im Internet finden. Da sagen Sie: „Liebste Lobau, ich kenne dich, seit ich ein kleiner Bub war, lief damals noch wild und ungestüm durch deine Wälder. Jedes Mal ein großer Spaß! Heute genieße ich dich achtsamer, zurückhaltender. Ich hör dir gern zu, deinen Tieren, deinem Wasser, dem Wind, wenn er wie aus dem Nichts kommt und wieder geht. Bleib, wie du bist. Für die Jungen und auch für mich. Dein Peter.“

Ich finde das sehr schön! (Beifall bei der SPÖ.) Lieber Herr Minister, wenn Sie die Lobau für die Jungen, für sich selbst und für uns alle erhalten wollen, dann schützen Sie sie gemeinsam mit uns! 

Deswegen bringe ich erneut den Antrag ein, den wir bereits im Ausschuss eingebracht haben:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „‚Lobauautobahn‘: Umsetzung der Erkenntnisse aus der Strategischen Prüfung Verkehr zur S 1“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung und insbesondere der Bundesminister für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie werden aufgefordert, dem Nationalrat in Anerkennung der Rechtslage und in Umsetzung der Empfehlung aus der Strategischen Prüfung Verkehr zur S 1 Wiener Außenring Schnellstraße Schwechat-Süßenbrunn (Lobau-Autobahn mit Lobau-Tunnel) zügig eine Regierungsvorlage mit dem Inhalt einer Streichung dieser hochrangigen Straße aus dem Bundesstraßengesetz bzw. dessen Verzeichnis 2 zuzuleiten.“ 


Liebe Kolleginnen und Kollegen von NEOS und SPÖ, heute habt ihr die Möglichkeit, Farbe zu bekennen. Ich weiß, manche haben da dieselbe Position wie die Kolleginnen und Kollegen von ÖVP und FPÖ, aber ich weiß, dass es viele unter euch gibt, die den Klimaschutz und eine Verkehrswende ernst nehmen. Ich weiß, dass es solche Kollegen auch bei den NEOS gibt. Mit diesem Antrag geben wir euch die Möglichkeit, heute Farbe zu bekennen, zu zeigen, ob euren Worten – Stichwort Bodenschutz, Verkehrswende und Klimaschutz – auch konkrete Taten folgen. Ich hoffe, dass Sie uns nicht enttäuschen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

15.42

Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:

RN/96.1

„Lobauautobahn": Umsetzung der Erkenntnisse aus der Strategischen Prüfung Verkehr zur S 1 (24/UEA)

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Abgeordnetem Hafenecker. Eingemeldete Redezeit: 7 Minuten.