RN/7
Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Danke, Herr Präsident! Herr Bundeskanzler, wunderschönen guten Morgen! Wie wir alle wissen, leben wir in herausfordernden sicherheitspolitischen Zeiten. Ich glaube, Ursula von der Leyen und die Kommission haben das in den letzten Monaten sehr deutlich klargemacht und deswegen ja auch dieses Weißbuch Verteidigung präsentiert, in dem ganz konkret ein Plan gewesen ist, dass wir jetzt raus aus der Friedensdividende und rein in eine Zukunft kommen, in der Europa sein Schicksal wieder selbst in die Hand nehmen kann.
Deswegen ist meine Frage: Was sind aus Ihrer Sicht die Ableitungen für die Republik Österreich für die nächsten fünf Jahre aus dem Weißbuch Verteidigung?
Die schriftlich eingebrachte Anfrage hat folgenden Wortlaut:
„Welche Implikationen ergeben sich für Österreich aus dem ‚Weißbuch Verteidigung‘ der EU-Kommission, dem zufolge die EU ihre Verteidigungsbereitschaft in den nächsten 5 Jahren aufbauen wird müssen?“
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte, Herr Bundeskanzler.
Bundeskanzler Dr. Christian Stocker: Herr Abgeordneter! Das Thema, das Sie da ansprechen, ist eines, das die Europäische Union, aber natürlich auch Österreich intensiv beschäftigt, weil wir zur Verteidigung unseres Landes auch durch die Neutralität verpflichtet sind. Um dieser Verpflichtung nachkommen zu können, haben wir auch im Landesverteidigungsbudget Vorsorge getroffen: Mission vorwärts, Aufbauplan, Investitionen, die wir da tätigen wollen, damit wir im Jahr 2032 auch 2 Prozent unseres Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung zur Verfügung stellen können.
Letztlich geht es bei den Maßnahmen der Europäischen Union darum, dass wir aufgrund der geänderten geopolitischen Voraussetzungen auch im Sicherheits- und Verteidigungsbereich Möglichkeiten finden, damit die Finanzierung der Verteidigungskosten für Europa besser als in der Vergangenheit möglich ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der NEOS.)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage?
RN/7.1
Abgeordneter Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS): Sie haben es angesprochen, die Finanzierung dieser wichtigen Ausgaben ist auch europäisch zu denken. Es ist so, dass wir durch den aktuellen Angriffskrieg in der Ukraine, aber auch darüber hinaus in allen anderen internationalen Konflikten sehen, dass der Luftraum an Bedeutung gewinnt. Drohnen sind ein ganz großes Thema, Raketenabwehr ist ein ganz großes Thema. Dementsprechend ist es durchaus positiv, dass die Bundesregierung auch ein klares Bekenntnis zu Sky Shield im Regierungsprogramm stehen hat.
Was sind aus Ihrer Sicht die nächsten Schritte, im Bereich Luftraum europäisch noch enger zusammenzuarbeiten und das auch möglichst rasch umzusetzen?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte, Herr Bundeskanzler.
Bundeskanzler Dr. Christian Stocker: Danke, Herr Abgeordneter. – Die Luftraumverteidigung ist eingebunden in das Gesamtkonzept der europäischen Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Wir nehmen daran im Rahmen unserer Neutralität teil. Das heißt, wir haben in dieser Beistandsverpflichtung die Möglichkeit, für uns zu entscheiden, in welcher Weise wir diesen Beistand leisten. Wir haben uns dazu entschieden, dass wir bei gemeinsamen Beschaffungen wie beispielsweise im Rahmen von Sky Shield für Drohnenabwehr, für Raketenabwehr im Rahmen der Landesverteidigung, aber auch zur Terrorabwehr teilnehmen wollen, weil das mit der Neutralität vereinbar ist und gleichzeitig dazu führt, dass wir durch diese gemeinsame Beschaffung einerseits gute Preise bekommen, andererseits auch Systeme bekommen, die keine Insellösungen darstellen, sondern in eine gesamteuropäische Verteidigung eingebunden sind. Wichtig ist: Die Entscheidung über den Einsatz bleibt im Inland. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der NEOS.)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Erste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Laimer.
RN/7.2
Abgeordneter Robert Laimer (SPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Bundeskanzler, wie positioniert sich die Bundesregierung auf EU- und internationaler Ebene hinsichtlich eines verbindlichen Verbotes vollautonomer Waffensysteme, solcher, die ohne menschliche Kontrolle über Leben und Tod entscheiden? Welche konkreten Initiativen setzt Österreich, um einen entsprechenden völkerrechtlichen Rahmen voranzutreiben, um Menschen nicht durch Killerroboter zu präzisen Datenzielen zu erklären?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte, Herr Bundeskanzler.
Bundeskanzler Dr. Christian Stocker: Herr Abgeordneter, Sie sprechen hier ein Thema an, das uns natürlich beschäftigt, weil uns die technologische Entwicklung auch in diesem Bereich mit Herausforderungen konfrontiert, die in der Vergangenheit gar nicht bestanden haben. Das wirft natürlich eine Vielzahl von Bedenken rechtlicher Natur, aber auch ethischer und sicherheitspolitischer Natur auf. Wir begrüßen daher diese Allparteienentschließung, die hier im Hohen Haus im Jahr 2024 zur internationalen Regulierung dieser Waffensysteme gefasst wurde, ausdrücklich. Wir werden uns auch international weiter dafür einsetzen, dass es zu einer Regelung in diesem Bereich kommt, damit diese Auswirkungen, die Sie genannt haben, verhindert werden.
Ich darf hier anführen, dass Ex-Außenminister Alexander Schallenberg und das Außenministerium wegen des großen Engagements mit einem Preis ausgezeichnet wurden: Arms Control Person of the Year für das Jahr 2024. Sie sehen, wir sind in diesem Thema sehr stark engagiert und werden das auch weiterhin sein, damit wir Regeln finden, damit die Auswirkungen, die Sie genannt haben und die alles andere als erwünscht sind, hintangehalten werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Danke, Herr Bundeskanzler.
Nächste Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Schartel.
RN/7.3
Abgeordnete Andrea Michaela Schartel (FPÖ): Guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Kriegswirtschaft, Aufrüstung, Kampfbereitschaft, Waffenproduktion: Das sind die zurzeit meistverwendeten Wörter in der Kommunikation in der EU und in Österreich. Diese Rhetorik, aber auch das Handeln unserer derzeitigen Außenministerin Meinl-Reisinger verunsichert sehr viele Österreicher und Österreicherinnen. Vor allem die Generation wie zum Beispiel meiner Eltern, die 44 und 45 geboren wurden, schaut wirklich sehr angstvoll und sehr besorgt in die Zukunft.
Aber nicht nur die ältere Generation macht sich sehr große Sorgen, ich werde in letzter Zeit auch immer wieder von Müttern von Söhnen mit der Frage konfrontiert: Muss mein Sohn an die Front? Deshalb stelle ich an Sie folgende Zusatzfrage:
Was werden Sie tun, um sicherzustellen, dass kein österreichischer Soldat gezwungen wird, sich an kriegerischen Handlungen der EU zu beteiligen, damit Sie mir als Mutter eines Milizsoldaten garantieren können, dass mein Kind nicht an die Front muss? (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundesminister.
Bundeskanzler Dr. Christian Stocker: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, Sie haben zu Beginn viele Begriffe genannt, die wir alle eigentlich nicht mehr hören wollten, aber wir dürfen eines nicht vergessen: warum wir sie wieder hören. Der Grund liegt darin, dass Russland einen völkerrechtswidrigen, brutalen Angriffskrieg auf unserem Kontinent gegen ein freies Land begonnen hat. (Beifall bei ÖVP und NEOS.)
Dieser Grund darf auch deshalb nicht vergessen werden, weil dadurch das, was 1945 geendet hat, nach Europa zurückgekehrt ist, und ich werde alles dafür tun, dass unsere Soldatinnen und Soldaten, die sich zur Landesverteidigung bekennen, für die sie ihren Dienst angetreten haben und zu der sie angelobt wurden, ihren Einsatz haben. Ich werde alles dafür tun, dass wir an Friedensmissionen teilnehmen, vorzugsweise mit einem Mandat der Vereinten Nationen.
Unsere Neutralität stellt das klar, aber auch ich persönlich stehe auf dem Standpunkt: An kriegerischen Auseinandersetzungen, an Angriffskriegen wird sich Österreich nicht beteiligen können beziehungsweise dürfen, auch in Zukunft nicht, aber Friedenssicherung und -erhaltung und Landesverteidigung, das ist auch Aufgabe des Bundesheeres im Rahmen der Neutralität. (Beifall bei ÖVP und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir gelangen nunmehr zur 5. Anfrage, 10/M, das ist jene der Abgeordneten Leonore Gewessler. – Bitte, Frau Abgeordnete.