RN/8
Abgeordnete Leonore Gewessler, BA (Grüne): Herzlichen Dank. – Schönen guten Morgen, Herr Bundeskanzler! Die letzte Bundesregierung aus ÖVP und Grünen hat es ja erstmals geschafft, den Hebel beim Klimaschutz umzulegen. Viele, viele Menschen in unserem Land haben mitgeholfen: 1,6 Millionen Leute sind mit dem Klimaticket unterwegs; Hunderttausende PV-Anlagen, Heizkesseltäusche, Transformationsfonds der Industrie, Verfahrensbeschleunigung – vieles ist auf den Weg gebracht worden. Da Sie es selbst erwähnt haben: Der Vergleich mit der Vergangenheit macht sicher, weil in dieser letzten Regierungsperiode die Emissionen erstmals gesunken sind. (Ruf bei der FPÖ: Weltweit!) Also effektiv war dieses Maßnahmenpaket.
Jetzt zolle ich Ihnen persönlich Respekt, dass Sie die Notbremse gezogen haben und nicht mit einer Partei in eine Regierung gegangen sind, die die wissenschaftlichen Fakten und die Klimakrise leugnet. Dennoch muss ich leider sagen, der Klima- und Naturschutz ist die größte Leerstelle in diesem Regierungsprogramm.
Daher auch meine Frage:
„Wie will die Regierung sicherstellen, dass Österreich die im Regierungsprogramm festgehaltene Klimaneutralität 2040 erreicht, wenn sie Förderungen für Heizkesseltausch und Sanierungen sowie den Ausbau der Erneuerbaren Energie massiv kürzt, aber gleichzeitig keinen verbindlichen Plan für den Ausstieg aus Öl und Gas festlegt?“
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundeskanzler.
Bundeskanzler Dr. Christian Stocker: Frau Abgeordnete, Sie haben angesprochen, dass die Treibhausgasemissionen gesunken sind. Das ist richtig, das freut uns auch, und das ist natürlich auf Maßnahmen zurückzuführen, die in der Vergangenheit von der Bundesregierung gesetzt wurden – wir haben sie ja gemeinsam gesetzt. Wir glauben aber, dass wir, wenn wir Förderungen reduzieren – ich habe es vorhin ausgeführt –, damit nicht unmittelbar die Erreichung der Klimaziele oder die Reduktion der Treibhausgase gefährden, weil wir aus meiner Sicht viel mehr auf Technologie und Innovation setzen müssen.
Ich spreche hier von dieser Strategie, die wir in der Bundesregierung zur Umsetzung bringen wollen, nämlich von der Carbon Management Strategie, bei der es darum geht, CO2 zu entnehmen, zu speichern, also alle Möglichkeiten, die die Technik bietet, in Anspruch zu nehmen, damit im Ergebnis die Klimaziele erreicht werden können. Wir haben sie ja auch nicht verändert, die Zielsetzungen sind ja geblieben.
Was den Ausstieg aus Öl und Gas anbelangt: Wir werden auch den Heizkesseltausch weiter fördern, keine Frage, nicht mehr in dem Umfang, aber es bleibt natürlich auch dafür noch Fördergeld übrig. Zum anderen ist dieser Ausstieg aus Öl und Gas auch unter dem Aspekt zu sehen, dass wir unsere wirtschaftliche Entwicklung nicht aus dem Auge verlieren dürfen, denn die Energiesicherheit ist derzeit halt noch vom Gaskraftwerk abhängig, das eine Sicherheit der Systeme gewährleistet, weil Erneuerbare es noch nicht schaffen. Das Ziel ist, im Ergebnis zum Ausstieg zu kommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zusatzfrage?
RN/8.1
Abgeordnete Leonore Gewessler, BA (Grüne): Wettbewerbsfähigkeit und gute Zukunft auch für die österreichische Wirtschaft, Industrie sind ein wichtiges Stichwort, weil die Wettbewerbsfähigkeit der Zukunft in der klimaneutralen Produktion, in den klimaneutralen Prozessen liegt, wenn wir sehen, was sich weltweit gerade tut: Investitionen in die Erneuerbaren, Investitionen in Zukunftsbranchen quer durch: von der Mobilität bis zum Wasserstoff. Das stellt gerade die Industrie auch in Österreich vor die Herausforderung: Wie kommen wir auch da auf die Überholspur?
Wir haben deswegen in der letzten Legislaturperiode einen Transformationsfonds der Industrie mit einem langjährigen Planungshorizont eingeführt. Das ist wichtig, gerade in der Industrie, wo Entscheidungen sehr lange Vorläufe haben. Österreich ist ein Industrieland. Die Industrie braucht Planungssicherheit. Daher meine Zusatzfrage:
Welche konkreten Maßnahmen werden Sie zusätzlich zum EABG und zum ElWG für die Transformation der Industrie vorlegen, die das Vertrauen und auch die nötige Planungssicherheit der Wirtschaft bei der Transformation wiederherstellen? Durch den unausgegorenen Vorschlag eines Transformationsbeitrags und die angekündigten Kürzungen beim Transformationsfonds ist nämlich bereits massiv Schaden in puncto Planungssicherheit und Vertrauen entstanden.
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte, Herr Bundeskanzler.
Bundeskanzler Dr. Christian Stocker: Vielen Dank, Frau Abgeordnete. –Planungssicherheit heißt auch, die Sicherheit zu haben, dass unsere Netze ausgebaut sind, die Sicherheit zu haben, dass die Energieversorgung zu Preisen, die eine Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen, gewährleistet werden kann. Das bedeutet für mich auch, dass wir, wenn wir vorausgehen, so weit vorausgehen, dass uns die, die hinter uns liegen, noch sehen können, weil es sonst zu einer Abkoppelung kommen kann, die dazu führt, dass wir zwar weit voraus sind, aber vielleicht für unseren Standort nicht das Beste gemacht haben und insgesamt auch zu wenig beitragen, weil es gemeinsam wahrscheinlich effizienter ist.
Daher gilt für mich die Gesamtschau, das heißt Netzausbau – das ist auch eine Frage der Verfahren, sage ich ganz offen –, Energiesicherheit, also sicherzustellen, dass auch genügend Energie vorhanden ist, und Wettbewerbsfähigkeit der Preise, die dafür bezahlt werden müssen. Das ist zum Transformationsfonds für die Planungssicherheit der Industrie, glaube ich, vor allem notwendig. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Danke, Herr Bundeskanzler.
Erste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Della Rossa.
RN/8.2
Abgeordneter Mag. Antonio Della Rossa (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Die Klimaneutralität bis 2040 ist erneut im Regierungsprogramm verankert, weil es leider in den vergangenen Jahren nicht gelungen ist, dies in einem Klimaschutzgesetz festzuhalten.
Herr Bundesminister Totschnig hat in seinen Antrittsinterviews bereits klargemacht, dass das Klimaschutzgesetz eines der großen Projekte sein wird, die er durchführt.
Herr Bundeskanzler! Der Klimaschutzminister braucht eine breite Unterstützung auch innerhalb der Regierung, denn alle Ministerien müssen dazu beitragen, dass wir unsere Klimaziele erreichen, um eine lebenswerte Umwelt auch für kommende Generationen sichern zu können.
Herr Bundeskanzler, wie gedenken Sie, ihn dabei zu unterstützen?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte, Herr Bundeskanzler.
Bundeskanzler Dr. Christian Stocker: Herr Abgeordneter, es ist wie angesprochen eine Querschnittsmaterie, das heißt, das Klimaschutzgesetz wird nicht nur im Klimaschutzministerium eine Rolle spielen, sondern Auswirkungen auf alle Ministerien haben, weil es ja darum geht, dieses Klimaziel durch Einsparungen im Gesamten, gesamthaft zu erreichen. Daher gibt es einen Fahrplan zur Reduktion dieser Treibhausgasemissionen, der durch das Klimaschutzgesetz definiert werden wird, und ich sage ganz offen: Ich lade alle in diesem Haus ein, mitzuwirken, sich einzubringen, um gemeinsam ein Klimaschutzgesetz auf den Weg zu bringen, das uns die Erreichung der Klimaziele ermöglicht. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und NEOS.)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Neumann-Hartberger. – Bitte.
RN/8.3
Abgeordnete Irene Neumann-Hartberger (ÖVP): Vielen Dank, Herr Präsident! Einen wunderschönen Vormittag, Herr Bundeskanzler! Ich denke schon, dass unsere Partei, nämlich die ÖVP, für einen Klimaschutz mit Hausverstand steht. Wir haben jetzt schon viel von dem gehört, was uns vorschwebt, aber können Sie uns schon einen Schwerpunkt – oder zwei – für die nächsten zwölf Monate nennen?
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Herr Bundeskanzler, bitte.
Bundeskanzler Dr. Christian Stocker: Frau Abgeordnete, das Klimaschutzgesetz wird jetzt in Angriff genommen, aber die Zielsetzung habe ich erläutert, und zur Frage, was darin enthalten sein soll, sind zu nennen: natürlich die Anpassung an den Klimawandel, aber vor allem der Schutz vor dessen Auswirkungen und die Vermeidung von Treibhausgasen, letztlich aber auch ein Thema, das die Landwirtschaft berührt: die Kreislaufwirtschaft – auch wesentlich für den Klimaschutz. Das alles soll mithelfen, dass die Emissionen insgesamt weiter sinken und wir auch zur Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft einen Teil beitragen können, sodass auch dieser Sektor gut bestehen kann, weil wir in den Krisen gesehen haben, wie notwendig auch Ernährungssicherheit, Produktionssicherheit sind.
Also das alles gesamthaft zu denken und in einem Klimaschutzgesetz abzubilden, das wird die Aufgabe sein. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Wir kommen nunmehr zur 6. Anfrage, 5/M, jener der Abgeordneten Susanne Fürst. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.