RN/20

10.48

Abgeordneter MMag. Dr. Michael Schilchegger (FPÖ): Danke, Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Herr Kollege Egger von der ÖVP, ich kann jetzt zu den Regierungsverhandlungen nichts korrigieren, weil ich in dieser Verhandlungsrunde im Bereich Medien nicht dabei war, aber ich möchte an das anknüpfen, was Sie zu diesem VfGH-Erkenntnis gesagt haben, wegen dem wir ja heute hier stehen und diese Beschlussvorlage debattieren. 

Sie haben das eine Anleitung genannt, sozusagen, wie diese Reparatur zu erfolgen hat, und ganz vereinfacht gesagt gibt es darin mehrere verschiedene Punkte. Einer dieser Punkte ist die Grundaussage – no na –: Der Stiftungsrat ist das oberste Organ des ORF, also kommt es natürlich für die Wahrung der Unabhängigkeit auch darauf an, wie dieser Stiftungsrat bestellt wird. 

Der VfGH hat auch gesagt, der Publikumsrat als ein weiteres Organ des ORF ist ein nicht staatliches Organ und soll daher mindestens so viele Mitglieder bestellen wie die Bundesregierung als staatliches Organ. Ihr Vorschlag mit dieser Beschlussvorlage ist daher nun: Na ja, dann erhöhen wir eben die Anzahl der Mitglieder, die der Publikumsrat bestellen soll, von bisher sechs auf neun Mitglieder! Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 werden von der Bundesregierung sechs Mitglieder bestellt, und gemäß Abs. 1 Z 3: weitere „sechs Mitglieder bestellt die Bundesregierung“. – Na ja, also sechs plus sechs ergibt zwölf. Beide Ziffern haben natürlich einen unterschiedlichen Sinn, das ist mir schon klar, nach verschiedenen Bestellungskriterien, Besetzungskriterien: das eine Mal Bedachtnahme auf die Stärkeverhältnisse im Nationalrat, das andere Mal nicht.

Der Punkt ist aber: Sechs plus sechs ist zwölf. Zwölf Mitglieder bestellt also weiterhin die Bundesregierung, während hingegen der Publikumsrat nur neun Mitglieder bestellt. Also in meiner Welt, Herr Vizekanzler, ist zwölf immer noch mehr als neun. (Abg. Steiner [FPÖ]: Das ist Excel! Excel!) Etwas anderes ergibt sich vielleicht dann, wenn man irgendeine Excel-Tabelle verwendet, die am SPÖ-Bundesparteitag verwendet wurde. (Beifall bei der FPÖ.) Diese Vorgabe wurde aus meiner Sicht jedenfalls nicht korrekt umgesetzt. 

Ein Argument im Ausschuss war – ich glaube, es ist von Frau Kollegin Raab von der ÖVP gekommen, die ja dann ohnehin noch eine Wortmeldung eingemeldet hat, glaube ich; sie wird mich sicher korrigieren, aber ich glaube, Sie haben das als Argument verwendet –: Na, wie kann man denn etwas dagegen haben, dass jetzt der Publikumsrat gestärkt wird, eben durch diese Erhöhung von sechs auf neun? – Na ja, wer bestellt eigentlich diesen ominösen Publikumsrat? Da lautet Ihr Vorschlag – § 28 Abs. 4 –: 14 Mitglieder bestellt – Überraschung, Überraschung! – die Bundesregierung. Also der Publikumsrat ist nicht vom Publikum gewählt, so wie das in der Rechtslage früher einmal war, sondern er wird wiederum mehrheitlich von der Bundesregierung bestellt – also relative Mehrheit –, und es ist völlig ausgeschlossen, dass sich im Publikumsrat eine Mehrheit gegen diese 14 Mitglieder, die von der Bundesregierung bestellt werden, bildet. Es gibt da also ein klares Übergewicht – ein Publikumsrat ohne Publikum, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Mich stört aber noch etwas anderes, mich stört etwas Prinzipielles an dieser Verfassungsgerichtshofgeschichte und daran, wie Sie damit umgehen. Überall dort, wo Sie die Regierungshoheit und Macht ausüben können, sagen Sie: Na gut, das Recht muss da eben der Politik folgen! Was, wir haben in den letzten Jahren sehr viel Steuergeld einfach verschwendet, sodass wir die EU-Regeln betreffend die Haushaltsführung gebrochen haben und uns nun eine Besachwaltung der Republik Österreich in Form eines EU-Defizitverfahrens droht? – Na, das ist ja halb so schlimm, das werden wir schon irgendwie überstehen! So wird da jetzt beschwichtigt. Was, wir haben jahrelang verfassungswidrige Coronamaßnahmen erlassen? – Na, das ist ja halb so schlimm! Bis der Verfassungsgerichtshof das aufhebt, haben wir die alte Verordnung schon längst wieder durch eine neue ersetzt, das ist alles halb so wild!

Mit Ihrer Beschlussvorlage betreffend ORF-Gesetz folgen Sie auch wieder dem Pfad, dass das Recht der Politik folgen soll, nämlich wenn Sie sagen: Was, die Finanzierung des ORF in Form der Haushaltsabgabe im Ausmaß von 700 Millionen Euro, weiteren 300 Millionen Euro durch freie Werbefinanzierung und einer weiteren Bundesförderung in Form einer Kompensation, diese Finanzierungsstruktur verletzt womöglich die EU-wettbewerbsrechtlichen Vorgaben massiv und es droht uns deswegen ein EU-Beihilfeverfahren? – Na, bis es so weit ist, schauen wir einmal, Hauptsache bis dahin wird der ORF weiterhin mit über 1 Milliarde Euro finanziert!

Und: Was, der Verfassungsgerichtshof sagt, das Übergewicht der Bundesregierung ist ein Problem im Zusammenhang mit der verfassungsmäßig gewährleisteten Unabhängigkeit des ORF? – Na, halb so schlimm, dann lassen wir es eben auf ein neues Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ankommen! Bis dahin, bis der VfGH das wieder aufgehoben hat, sind unsere Funktionäre längst bestellt und wir haben uns für weitere Jahre unseren Einfluss im ORF gesichert!

Das ist das, was mich stört: Genau diejenigen, die hier immer so argumentieren, sind dann diejenigen, die sich moralisch darüber empören, wenn die freiheitliche Fraktion als einzige Fraktion hier in diesem Haus mit Vorschlägen, konkreten Gesetzesanträgen auftritt, um eine echte Schubumkehr in der Zuwanderungsfrage herbeizuführen (Abg. Höfinger [ÖVP]: Mir rinnen gleich die Tränen herunter!): zum sofortigen Stopp von neuen Asylanträgen in Österreich (Beifall bei der FPÖ) nach dem Vorbild vieler anderer EU-Staaten, die diesen Weg schon gegangen sind. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Höfinger [ÖVP]. – Ruf bei der FPÖ: ... Taschentuch?) Dabei scheuen wir nicht die Auseinandersetzung, auch nicht die juristische Auseinandersetzung mit der Europäischen Union. Da gilt auf einmal das umgekehrte Prinzip: Nein, das kann natürlich nicht sein, die Politik muss da dem Recht folgen!

Wissen Sie, was noch viel perfider ist? Da setzen Sie ja noch eins drauf: Sie setzen sich ja dann nicht einmal dafür ein, dass genau dieses Recht, das uns hier in Österreich stört, auf europäischer Ebene geändert wird, sondern auch auf europäischer Ebene verteidigen Sie den Status quo, einfach um diese Massenzuwanderung nicht abstellen zu müssen.

Da sieht man schon die unterschiedlichen Prioritäten, was Ihnen wichtig ist und was uns, auf unserer Seite, wichtig ist. Wir haben das Ideal einer Festung Österreich gegen die illegale Zuwanderung, und Sie verschanzen sich mit dieser Beschlussvorlage im rot-schwarzen Märchenschloss ORF mit einem mittelalterlichen Hofstaat; das Publikum darf draußen vor den Toren stehen und sich wundern. Sie schicken ihnen die Sheriffs nach und erheben von ihnen Zwangsabgaben, pressen diese in Form der Haushaltsabgabe ab, damit Sie diesen luxuriösen Hofstaat auch weiterhin finanzieren können. (Beifall bei der FPÖ.)

10.54

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Brandstötter. Eingemeldete Redezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.