RN/21
10.54
Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Ja, wir kommen zurück vom Mittelalter-TV der Festung Österreich zum ORF. Sehr geehrte Damen und Herren, schön, dass Sie da sind, aber die wichtigste Gruppe möchte ich zuerst begrüßen, und das ist –auf der Galerie – die 4b von der Volksschule Marianum. – Schön, dass ihr da seid! Ich hoffe, wir machen keine Schande. (Allgemeiner Beifall.)
Es geht heute unter anderem um den Medienstandort Österreich, der steht unter großem Druck. Redaktionen werden verkleinert, Inseratengelder verzerren den Markt, kleine Verlage kämpfen um das Überleben, und Werbebudgets fließen hin zu den Techgiganten, die sich auch immer mehr in politische Angelegenheiten einmischen, nicht zuletzt etwa Elon Musk, der ganz unverhohlen Wahlempfehlungen für rechte, rechtsextreme oder teilweise rechtsextreme Parteien abgibt. Umso wichtiger ist es, dass wir einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben, auf den wir uns auch verlassen können. Wir brauchen gute und faire Rahmenbedingungen für den österreichischen Medienmarkt, für den ORF, für private Medienhäuser, für unabhängigen Journalismus und für eine lebendige, vielfältige Medienlandschaft. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Wir wollen Innovation fördern, nicht lähmen, wir wollen Debatte ermöglichen, nicht monopolisieren, wir wollen Medien fördern, weil sie für eine gesunde Demokratie unverzichtbar sind – und deshalb haben wir uns auch zu einem sehr umfassenden Kapitel im Regierungsübereinkommen entschlossen. Der erste Schritt ist ein Schritt, der halt von der letzten Regierung übrig geblieben ist, nämlich der Auftrag des Verfassungsgerichtshofes, eine kleine Reparatur des ORF-Gesetzes vorzunehmen. Wir verkleinern also die Zahl der Stiftungsräte, die von der Regierung geschickt werden, und wir erhöhen den Einfluss der Publikumsräte im Stiftungsrat. (Beifall des Abg. Gasser [NEOS]. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Ganz großer Wurf!) Und: Wir garantieren, dass die Haushaltsabgabe in den nächsten fünf Jahren nicht erhöht wird (Zwischenruf bei der FPÖ); das ist gerade in dieser wirtschaftlich angespannten Situation eine gute Maßnahme. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Sie garantieren, dass die Bürger weiter abgezockt werden! Weg damit! Opt-out!)
Wir haben uns im Gegensatz zur FPÖ vorgenommen, dass der ORF nicht zu einem Grundfunk zusammengeholzt wird, sondern dass er ein zentraler, wichtiger Punkt der österreichischen Medienlandschaft ist. Wir sprechen nicht von Propaganda und von Privilegienstadl, wir dodeln die Medienlandschaft nicht runter. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Das macht die Medienlandschaft mit sich selbst!) – Ihr macht das, während ihr parallel eure eigene Medienlandschaft aufgebaut habt; und euch ist es nur darum gegangen, dass ihr selber Förderungen und Budgets für eure Medien abgreifen könnt – nicht mehr. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Medienvielfalt wäre wichtig!)
Ich möchte die Situation hier auch dazu nutzen, um mich bei den Grünen zu entschuldigen: Ja, es ist nicht unser Anspruch, dass ein Antrag so kurzfristig daherkommt. Das tut uns leid. Wir haben die Situation zwar nicht verursacht, aber es ist nicht unser Anspruch, und wir werden besser werden. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)
Also wir NEOS, wir bekennen uns zu einem modernen ORF, der eine unverzichtbare Rolle in der österreichischen Medienlandschaft spielt. Auch als Regierungsfraktion stehen wir ganz klar zum öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF, aber auch zur Notwendigkeit, diesen Auftrag an die Realitäten des 21. Jahrhunderts anzupassen.
Das bringt mich zum zweiten Schritt, nämlich zu einer größeren Reform. Wir wollen den ORF gemeinsam – gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern – reformieren. Das ist nichts, was wir einfach so mit einem Fingerschnipp aus dem Hut zaubern (Ruf bei der FPÖ: Macht eine Volksabstimmung!), das ist ein Prozess, der ordentlich und sauber aufgesetzt werden muss, und ich freue mich darauf.
Wir wollen den ORF gemeinsam schlanker, transparenter, nachhaltiger gestalten. Wenn ich hier schon die Möglichkeit habe, zitiere ich auch gerne eine Lieblingsstelle aus dem Regierungsübereinkommen – sie besteht aus nur vier Wörtern, zeigt aber, wofür wir stehen –: Wir wollen die „Abschaffung Anhörungsrecht der Landeshauptleute“. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Oberhofer [NEOS]: Bravo! Bravo!)
Ich wiederhole es, weil es so schön ist: Wir wollen die Abschaffung des Anhörungsrechts der Landeshauptleute. Was ist das? – Es ist ein absurder Anachronismus, dass Politikerinnen und Politiker – in diesem Fall Landeshauptleute – bei der Besetzung von Jobs – in diesem Fall die der Landesdirektorinnen und Landesdirektoren – mitreden. Stellen Sie sich einmal vor, Sie bewerben sich um einen Job und plötzlich sitzt da der Landeshauptmann und redet ein Wörtchen mit! – Das ist absurd, das werden wir abschaffen (Beifall bei den NEOS – Abg. Oberhofer [NEOS]: Bravo!), denn es kann nicht unser Ziel sein, dass uns China und Nordkorea um diesen Stunt beneiden. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Ihre Koalitionspartner haben nicht geklatscht!) – Herr Hafenecker – er ruft wieder von der Seite rein –, Sie waren schon einmal lustiger. Ich sage es ganz offen: Sie waren schon einmal lustiger. (Heiterkeit und Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Aber die Lage ist ernst!)
Zusammenfassend: Ich freue mich auf die Gremienreform, ich freue mich auf die ORF-Reform. Ich freue mich auf diesen gemeinsamen Prozess, auf diese Arbeit, weil: Reform, das ist kein Risiko, Reform, das ist eine Chance – für mehr Qualität, für mehr Vielfalt, für eine gute Zukunft. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Demokratur!) Und ein starker ORF, Herr Hafenecker, ist kein Eliteprojekt, sondern ein Demokratieprojekt. Und dafür sind wir schließlich da. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Demokratur!)
11.00
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Für eine Stellungnahme hat sich Herr Vizekanzler Babler zu Wort gemeldet. – Bitte.