RN/44
12.43
Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich glaube, Frau Kollegin Duzdar hat die Frage, mit der wir uns hier jetzt beschäftigen, sehr gut zusammengefasst: Es geht um unsere historische Verantwortung in der gesamten Debatte und es geht insbesondere um die historische Verantwortung, der wir uns als Nationalrat – auch mit der Entscheidung damals, dass der Nationalfonds beim Nationalrat angesiedelt ist – hier stellen müssen.
Kollege Gerstl hat schon die umfassenden Aufgaben des Nationalfonds vorgestellt. Diese verändern sich natürlich im Laufe der Zeit, weil wir einfach immer weniger Überlebende – leider Gottes – aus der NS-Zeit haben, weil die Zeitzeugen wegsterben, aber auch deshalb, weil wir es in der letzten Legislaturperiode geschafft haben, eine Änderung insofern vorzunehmen, als der Nationalfonds neue Aufgaben dazubekommen hat. Und diese Aufgaben sind von immenser Bedeutung, weil es darum geht, dass wir als Parlament uns weiterhin unserer Vergangenheit stellen, dass wir die Gedenkkultur und die Erinnerungskultur auch entsprechend leben.
Deswegen gibt es auch sehr, sehr gute Gründe, dass grundsätzlich der Präsident des Nationalrates dem Kuratorium des Nationalfonds vorsitzt. Ich glaube, dass das richtig ist, weil es auch die immense Bedeutung des Nationalfonds widerspiegelt. Ein Problem ist es nur, wenn jemand Präsident des Nationalrates ist, der bei wesentlichen Opferverbänden einfach auf Ablehnung stößt, und Opferverbände sagen, sie nehmen deshalb nicht an den Sitzungen des Kuratoriums des Nationalfonds teil. Das erachte ich als wesentliches Problem.
Man muss sich einmal vorstellen, wie eine Kuratoriumssitzung des Nationalfonds denn vonstattengehen soll, wenn die Israelitische Kultusgemeinde nicht daran teilnimmt. Das pervertiert ja die Aufgaben des Nationalfonds nahezu, wenn genau die, um die es eigentlich geht, sagen, sie können daran nicht teilnehmen.
Und genau deshalb, weil die Israelitische Kultusgemeinde das gesagt hat, hat ja Präsident Rosenkranz von sich aus gesagt, ja, er sieht das, er merkt, dass es hier ein Problem gibt, dass es Kritik an seiner Person gibt, und deshalb prüft er, ob er sich vertreten lassen kann. Er hat dann auch darauf hingewiesen, dass er selbstverständlich das Gesetz einhält, was ja auch gut so ist, und hat gesagt: „Gesetz ist Gesetz“. Er könne sich im Krankheitsfall vertreten lassen, aber er könne nicht im Vorhinein sagen: Ich nehme prinzipiell nicht an Sitzungen des Kuratoriums teil. – Da hat er recht, und genau deswegen versuchen wir ja heute, eine Möglichkeit zu schaffen, dass er auch sagen kann, er nimmt prinzipiell nicht an den Sitzungen des Kuratoriums teil, weil es so wichtig ist, dass Opferverbände und die IKG an den Sitzungen teilnehmen können.
Die Grünen haben das Thema schon vor ein paar Monaten auf die Tagesordnung gebracht, und wir haben es jetzt gemeinsam geschafft, hier einen Kompromiss zu finden, der von vier Parlamentsparteien getragen wird. Das ist nicht der Wunsch jedes Einzelnen, der da durchscheint, sondern es ist ein Kompromiss. Weil wir auch im Ausschuss darüber diskutiert haben: Das Wesen des Kompromisses ist ja, dass man sich aufeinander zubewegt. Das bedeutet, wenn vier Parteien oder vielleicht auch fünf einen Kompromiss zustande bringen, dass nicht eine Partei recht hat, sondern dass unterschiedliche Ideen von unterschiedlichen Parteien, so wie es jetzt auch bei diesem Kompromiss ist, auch entsprechend abgebildet sind. Dieser Kompromiss sieht vor, dass der Präsident des Nationalrates von sich aus entscheiden kann, dass er sich vertreten lässt, aber auch, wenn er das nicht tut, dass die Möglichkeit besteht, eine Abwahl durchzuführen.
Herr Kollege Tschank, weil Sie das aus meiner Sicht ein bisschen zu aufgeregt vorgetragen haben: Wir geben hier ohne Weiteres dem Präsidenten die Möglichkeit, das zu tun, was er auch selbst angekündigt hat. Er hat gesagt, er hätte gerne eine Möglichkeit, sich vertreten zu lassen. Das machen wir, wir erfüllen ihm dieses Anliegen, diesen Wunsch, den er geäußert hat, und deshalb weiß ich gar nicht, wo da das große Problem sein sollte. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Im Übrigen, und das ist, glaube ich, das Wichtigste an der Debatte: Ich glaube, man sollte sich als Person, als Abgeordneter, auch als Präsident in dieser Frage nicht zu wichtig nehmen, denn es geht hier nicht darum, wer - - (Abg. Mölzer [FPÖ]: Es geht um ein Amt!) – Herr Kollege Mölzer, vollkommen richtig, es geht um das Amt, aber wenn eine Person, die dieses Amt innehat, in einer anderen Funktion, die zugegebenermaßen damit verbunden ist, auf so viel Widerstand stößt, dann müsste man doch von selbst auf die Idee kommen, dass man sagt: Ich selbst bin nicht so wichtig, und deswegen mache ich einen Schritt auf die Seite, weil mir das übergeordnete Ziel – die Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit, die Erinnerungskultur, die Gedenkkultur, das Gedenken an das, was passiert ist und wozu leider Gottes auch Österreich einen grauenhaften Beitrag geleistet hat – wichtiger ist als mein eigenes Befinden und meine eigene Person. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen.)
12.48
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Sigrid Maurer. – Bitte, Frau Abgeordnete.