RN/58

13.44

Bundesministerin ohne Portefeuille Bundeskanzleramt Eva Maria Holzleitner, BSc: Sehr geehrte Frau Präsidentin, vielen Dank! Werte Abgeordnete! Werte Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich stehe heute mit großer Demut vor Ihnen und auch voller Motivation, noch als Bundesministerin ohne Portefeuille, ab kommender Woche als Bundesministerin für Frauen, Wissenschaft und Forschung. In den vergangenen Jahren durfte ich Teil dieses Hauses, Ihrer Reihen sein und habe auch so manche Diskussion durchaus leidenschaftlich geführt. Deshalb freue ich mich auch in der neuen Funktion auf die Debatten hier im Hohen Haus, mit Emotion, mit Herzblut, aber immer in der Sache. Ich werde auch in meiner Funktion als Bundesministerin bestmöglich versuchen, Ihren Aufträgen – den Aufträgen des Parlaments – zu entsprechen und der Republik zu dienen. (Beifall bei SPÖ, ÖVP, NEOS und Grünen.)

Werte Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin sehr dankbar, dass Sie diese wertvollen Berichte im Ausschuss nicht enderledigt haben und an dieser Stelle im Plenum diskutieren, da der Inhalt ein sehr spannender ist. Die Abgeordneten zuvor haben ihren Ausführungen schon die sehr wertvollen Anregungen und Zahlen, Daten und Fakten zugrunde gelegt. Diese Berichte legen Zeugnis dafür ab, dass bei Diskriminierung oder sexueller Belästigung am Arbeitsplatz kompetente Beratung an der Seite der Betroffenen und der Opfer steht, und das durchaus auch am Arbeitsplatz. Es gibt ein herzliches Dankeschön von meiner Seite an die Institutionen, die da tatkräftig an der Seite der Betroffenen stehen, insbesondere die Gleichbehandlungsanwaltschaft und die Gleichbehandlungskommission. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Herr Vizekanzler außer Dienst, ich hoffe, dass Sie auch als ehemaliger Bundesminister für den öffentlichen Dienst deshalb dieser Debatte beiwohnen, weil ein Bericht ja durchaus aus Ihrem ehemaligen Haus stammt und Sie den öffentlich Bediensteten an dieser Stelle natürlich Ihren Respekt zollen, den ich an dieser Stelle sehr wertschätze. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Berichte helfen uns, strukturelle Diskriminierung zu sehen, sichtbar zu machen und auch konkrete Maßnahmen abzuleiten. Beginnen möchte ich vorwiegend mit den positiven Erkenntnissen, die uns diese Berichte liefern: Frauen erobern zunehmend Berufe, die lange von Männern dominiert worden sind. Ein Beispiel wurde schon genannt, nämlich insbesondere prestigeträchtige Berufe in der Justiz. Wir sehen, dass der Frauenanteil bei Richter:innen und Staatsanwält:innen mittlerweile bei 59 Prozent liegt, und auch im Verwaltungsdienst sind Frauen auf dem Vormarsch: 67 Prozent der Verwaltungspraktikant:innen und 62 Prozent der Lehrlinge im Bundesdienst sind weiblich. Somit kann man sagen: Die Zukunft des öffentlichen Dienstes gehört den Frauen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Der Bericht zeigt aber auch, wo wir nach wie vor Aufholbedarf haben, wo wir anpacken müssen. Wir brauchen nach wie vor mehr Frauen in Entscheidungspositionen. Es braucht mehr weibliche Vorbilder, und zwar in allen Bereichen des Bundesdienstes, insbesondere dort, wo der Anteil noch besonders gering ist.

Im Bundesdienst – das wurde auch schon erwähnt – liegt die Teilzeitquote bei 31 Prozent. Das ist wesentlich geringer als in der Privatwirtschaft im österreichweiten Schnitt von knapp über 50 Prozent. Das heißt, die richtigen Rahmenbedingungen wurden in der Vergangenheit im öffentlichen Dienst geschaffen, um Frauen bestmöglich dabei zu unterstützen, auch Vollzeit erwerbstätig sein zu können. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das heißt, dass im Alltag natürlich auch abgesehen vom Arbeitsplatz Sorgearbeit besser verteilt werden kann, dass ein geringeres Risiko für Frauen besteht, in Altersarmut abzurutschen. Wir wissen, dass es nach wie vor berufsgruppenspezifische Unterschiede gibt. Die Teilzeitquote ist in einigen Bereichen höher als in anderen, beispielsweise bei Lehrpersonal, beim Krankenpflegedienst oder im Verwaltungsdienst, aber insgesamt sind die Voraussetzungen für Vollzeiterwerbstätigkeit im Bundesdienst besser.

Diese Erfolgsmodelle können – das wurde von Abgeordneter Bogner-Strauß schon gesagt – durchaus Vorbild für andere Bereiche sein, wo man sich das eine oder andere abschauen kann.

Die Zahl der Beschwerdefälle bei der Gleichbehandlungskommission ist deutlich gestiegen – auch das muss erwähnt werden –, nämlich von 122 auf 198 Anträge. Das zeigt, dass wir einerseits wirklich gute Stellen haben, an die sich Betroffene aktiv wenden, es zeigt aber auch, dass wir nach wie vor Vorurteile und Hürden abbauen müssen, und wir müssen Betroffene dabei unterstützen, ihre Rechte einzufordern.

Das zeigen auch die Zahlen der Gleichbehandlungsanwaltschaft. Da sind im Berichtszeitraum 5 231 Beratungs- und Unterstützungsanfragen eingegangen – eine enorm hohe Zahl, ein Anstieg um die 32 Prozent. Hinter jeder dieser Beratungen steht natürlich eine Betroffene, steht ein Opfer, das die bestmögliche Unterstützung verlangt, und diese Unterstützung steht den Betroffenen natürlich zu.

Wenn man sich diese Zahlen genauer anschaut, sieht man, dass 42 Prozent aller Anfragen im Bereich des Geschlechts eingehen. Das heißt, eine große Herausforderung ist nach wie vor, dass sexuelle Belästigung insbesondere von Frauen als der häufigste Diskriminierungstatbestand im Bereich des Geschlechtes ein großes Problem ist.

Wir sehen, dass die ethnische Zugehörigkeit in 24 Prozent der Fälle angegeben wurde, das Alter in 10 Prozent der Fälle. Auch da muss man sagen, dass die Zahl der älteren Personen, die bei Altersdiskriminierung um Unterstützung angesucht haben, gestiegen ist, das heißt, man muss einen besonderen Fokus darauf legen und Altersdiskriminierung auch abbauen. 5 Prozent der Ansuchen liegen im Bereich der Religion, in denen vorwiegend Frauen mit Kopftuch betroffen waren.

Wir sehen also, nach wie vor ist in vielen Bereichen der Aufholbedarf groß, und deswegen haben wir als Bundesregierung auch konkrete Lösungsvorschläge für die kommenden Jahre, wo wir die Betroffenen noch besser unterstützen wollen, wo wir die Lage verbessern wollen und auch präventiv wirksam werden wollen.

Und ja, wesentlich ist dabei die Rolle der Europäischen Union, in der bei der Ausarbeitung von Richtlinien ein klarer Fokus auf die Gleichstellung der Geschlechter gelegt worden ist, ein Fokus der vergangenen Jahre, der absolut zu begrüßen ist und aufseiten der Europäischen Union weiter vorangetrieben werden muss. Deshalb werden wir verstärkt Lohntransparenz umsetzen und etablieren, um die Handhabe der bestehenden Einkommensberichte auch zu verbessern. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Wir werden die Gleichbehandlungsstellen besser sichtbar machen, unterstützen und weiterhin stärken, weil sie so wesentliche Institutionen sind, und wir werden auch die Umsetzung der Women-on-Boards-Richtlinie und Geschlechterquoten in Vorstands- und Aufsichtsratspositionen schnell etablieren. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.) – Da möchte ich auch der ehemaligen Justizministerin danken, die diesbezüglich großartige Vorarbeit geleistet hat. Das ist dankenswerterweise hervorzustreichen. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

Wir werden auf die rasche Umsetzung des AI-Acts pochen, denn auch dieser Bereich muss ganz klar im Fokus liegen. Wir werden Frauen auch im Bereich der Mint-Berufe und im Bereich der künstlichen Intelligenz stärken, weil wir sehen, dass Frauen, wenn sie im Mint-Bereich Fuß fassen, später immer wieder aus den Berufsfeldern wieder herausgehen, weil sie verstärkt Diskriminierung erfahren. Auch das darf nicht der Fall sein. Wenn Frauen in den Mint-Bereich gehen, dann müssen sie die bestmögliche Unterstützung haben, um in diesem Berufsfeld auch dauerhaft tätig bleiben zu können.

Und: In der vergangenen Legislaturperiode wurde vom Hohen Haus auch die ILO-Konvention 190 gegen Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt ratifiziert – hier im Hohen Haus wurde das bestätigt. Das ist ein klarer Auftrag, auch in diesem Bereich tätig zu werden.

Abgeordnete Ecker hat den Sicherheitsbereich erwähnt, der natürlich auch maßgeblich ist, wo ein klarer Fokus hingelegt werden muss, denn es muss das Anliegen aller sein, Frauen im Sicherheitsbereich entsprechend zu stärken, um sie auch in diesem Bereich gut zu unterstützen. (Beifall bei SPÖ, NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie sehen: viele Handlungsaufträge, die uns in dieser Legislaturperiode noch zuteilwerden. Ich freue mich auf die Diskussion in weiteren Bereichen, auch im Rahmen des Hohen Hauses. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ, NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.53

Präsidentin Doris Bures: Danke vielmals.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Tina Angela Berger.