RN/88

16.14

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Danke, Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Irgendwie erinnert mich das an eine Sitzung, die schon länger her ist. Da habe ich auch den Eindruck gehabt, die vier, die miteinander verhandelt haben - - Wir waren ja offensichtlich aussätzig genug, dass wir dieses Mal nicht für Regierungsverhandlungen infrage gekommen sind. Da lamentieren wir aber nicht, das ist ein eigener Punkt. Diese Aufarbeitung ist ein bisschen unernst, kommt mir dann immer vor. Jedenfalls weiß man nicht, wie ernst man seinen eigenen Beitrag gestalten soll, aber ich versuche es einmal mit dem Niveau der FPÖ. (Heiterkeit bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Schauen Sie: Wir haben hier eine Dringliche Anfrage der Abgeordneten Michael Schnedlitz und weiterer Abgeordneter – ich kann es nicht lesen; ich bin schon ein bisschen älter (der Redner setzt eine Brille auf): also Schnedlitz, Ricarda Berger, Ecker, Pfeifer, und eine weitere Unterschrift ist unleserlich für mich, trotz Brille. Jedenfalls finden wir darauf nicht den Abgeordneten Schieder, den ich sehr schätze (Abg. Wöginger [ÖVP]: Schiefer!), Schiefer  wo ist er überhaupt? (Abg. Kickl [FPÖ]: Oje!), ich sage ja: das Niveau –, den Abgeordneten Fuchs, der es immerhin zu einer tatsächlichen Berichtigung geschafft hat, die dann aber misslungen ist, die Frau Abgeordnete Kolm – wir können wenigstens gescheit streiten aufgrund ideologischer Unterschiede, immerhin. (Abg. Shetty [NEOS]: Warum reden die eigentlich nicht? Komisch! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wir sind so ein großer Klub!) Die stehen auf dieser Dringlichen Anfrage nicht drauf. (Abg. Kickl [FPÖ]: Das ist nicht so wie bei euch, wo immer die Gleichen unterschreiben müssen, weil ihr nicht mehr habt!) 

Was schließen wir daraus? – Ich hätte schon erwartet, dass die das hier machen (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Da werden wir euch fragen!), aber offensichtlich scheinen wir bei der freiheitlichen Fraktion mehrere Fraktionen zu haben: jene des verhinderten Volkskanzlers – also vielleicht die, die da unterschrieben haben – und eine Fraktion mit möglicher Restvernunft, die da nicht unterschrieben hat. (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS. – Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Der Schiefer hat sich heute entschuldigt!) 

Erstere hat von der geschätzten Vorrednerin Doppelbauer gerade den liebevollen Beinamen Pippi-Langstrumpf-Fraktion bekommen. – Also ein bisschen so kommt die Dringliche daher. (Abg. Kickl [FPÖ]: Produziert einen Milliarden-Schuldenhaufen und redet da gescheit daher!) – Ja, dazu kommen wir noch.

Ich sage ja, es ist schwer, ernst zu bleiben, aber es ist ja dann doch ein bissel ernster. Wenn beide Redner, also der Begründer und derjenige, der die Replik gemacht hat – wer war das dann wieder? (Abg. Wöginger [ÖVP]: Kaniak! ... Baldriantropfen!), Kollege Kaniak, genau, danke –, der Meinung sind, dass die Sanktionen schuld wären oder auslösend für bald fast eh schon alles, dann kann ich es nur umdrehen. Es war nicht allein ausschlaggebend – da versuchen wir uns immer mit NEOS und SPÖ gleich zu streiten; da kann man viel diskutieren –, aber der erste und einer der Hauptimpacts für das, was passiert ist, war der bestialische, völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine. (Beifall bei Grünen und NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Kickl [FPÖ]: Da fehlen noch ein paar Adjektive!) 

Die, Ihre Freunde, Ihre Kreml-Freunde, haben im Übrigen schon vorher kriegsvorbereitend – apropos Kriegswirtschaft, wir hätten es vielleicht besser durchschauen müssen, auch die Kolleginnen und Kollegen in Deutschland – über Gazprom die Verträge eigentlich schon halb gebrochen, missbraucht, dass die Speicherstände immer weiter nach unten gegangen sind, die Gaspreise haben schon ein bissel geflimmert. Als es dann losgegangen ist, war das aber für die Länder – noch einmal: die meisten, die heute aufgezählt wurden, waren jene, die eine besondere Gasabhängigkeit von Russland gehabt haben, bis auf Frankreich, die schaffen das auch so – ein Riesenproblem; nicht, dass man nachher auch so oder so hätte reagieren können.

Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen, und drehen Sie das nicht in dieser perversen Weise um und sagen dann, die Sanktionen sind schuld! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

Dann sage ich Ihnen noch etwas, wenn Sie schon ständig die Neutralität hochhalten: Gerade ein neutrales Land kann sich, wenn es denn diese Angriffe für nicht richtig hält, beteiligen. Wie können Sie sich hierherstellen und sagen, dass das super ist, wenn dort Massen ermordet, Massen vergewaltigt und Kinder verschleppt werden? Ist daran Selenskyj schuld oder jemand anderer? So viel zur Ernsthaftigkeit. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Was hat das jetzt eigentlich mit dem Budgetdefizit zu tun?) Dann das so umzudrehen, ist falsch, denn gerade die Neutralen können sich da – sonst auch noch, aber das ist nicht primär das Thema – beteiligen. 

Ja, die Sanktionen wirken verzögert, wirken nicht so intensiv wie prognostiziert – das ist öfters so, weil es ja genug Umgehungsgauner gibt –, das ist alles richtig, aber sie wirken. 

Diese perverse Umkehr ist ja genau das Muster der Rechten, der Rechtspopulisten und der Rechtsextremen: immer diese Täter-Opfer-Umkehr! Ihre ganze Handygarnitur ist vollgefüllt mit dieser russischen Propaganda, und damit machen Sie bei uns auch noch die Leute narrisch; leider sehr erfolgreich, das muss man einbekennen. Aber das sind doch die Zusammenhänge, und dieses umzudrehen, ist wirklich ein starkes Stück. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS. – Abg. Steiner [FPÖ]: Du warst zu lange am Steirer-Frühling! Zu intensiv! – Ruf bei der ÖVP: Da wart nur ihr!) 

Aber die EU hat ja noch eine andere Komponente hier, denn die spielt da mit den Sanktionen auch eine Rolle. Ich will nicht alles aufgreifen von gestern, wir haben uns ja da schon ausgetauscht, dafür einmal ein anderer Zugang. Die EU-Regeln sind schon auch etwas Interessantes. Über die 3-Prozent-Regel, okay, kann man immer reden. Ich habe es ja schon oft genug gesagt, mir wären 2 Prozent fast lieber, wenn wir die Golden Rule hätten – Sie, die Sie sich auskennen, wissen, was das ist, nämlich dass wir Investitionen aus dieser Berechnung herausnehmen können, insbesondere für Modernisierung. Das wären wieder Digitalisierung, Ökologisierung, also auch Klimaschutz, und so weiter. – Der Herr Finanzminister nickt, er hat ja das immer zu Recht, wie ich meine, auch so vertreten. Dann kann man viel besser auf das schauen, was laufende Ausgaben und laufende Einnahmen sind, und das gegenspiegeln, dann kann man vielleicht noch weiter runtergehen. Das wäre ökonomische Vernunft, passiert aber nicht, haben wir auch nicht durchgesetzt. 

Wir Grüne haben ja oft in europäischen Fragen andere Meinungen gehabt als die ÖVP, so auch da. Ich kann mich an mehrere vertiefende Gespräche mit dem damaligen Kommissar Gentiloni erinnern, in denen er das in Wahrheit ja eingestanden hat, wenn wir dann Deutsch und Italienisch wechselseitig geradebrecht haben, damit die anderen nicht gleich immer alles mitkriegen. Er hat es ja eingestanden. Er wollte diesen Weg auch, aber das ging nicht, weil – an der Stelle – angebliche frugale vier, fünf, sechs oder sieben in die Gegenrichtung gearbeitet haben. Ein Teil davon war die ÖVP, ausgerechnet Herr Brunner. Ich verteidige ihn eh immer, aber dass sich der als Frugaler nach Brüssel begibt (Beifall des Abg. Koza [Grüne]), sich mit Lindner gegenseitig Orden umhängt, der gleich eine ganze Koalition in die Luft gesprengt hat und jede vernünftige Wirtschaftssanierung in Deutschland blockiert hat, das ist schon ein starkes Stück. Das muss ich euch schon sagen. (Beifall bei den Grünen.) 

Aber so war es halt in Europaangelegenheiten. Wir haben da öfter auch Unterschiedliches vertreten, jeder in seinem Ressort. Wir haben es zur Kenntnis genommen, Sie haben einen Kriegsfall daraus gemacht, liebe ÖVP, als wir so abgestimmt haben, wie wir es für richtig hielten, rechtlich untermauert. Ist so. Kann man ja schauen, wie man das in Zukunft insgesamt und auch in dieser aktuellen Regierung besser macht, was die Abstimmung der europäischen Politik betrifft.

Zu den Bundesländern: Das finde ich wirklich interessant. Nicht, dass ich jemanden besonders beschuldige, aber wenn wir schon dauernd davon reden, dass wir hier Defizitregeln befolgen – und das wäre vielleicht der Zusammenhang –, dann sind das eben Maastrichtkriterien, aber auch Berechnungen, und da gehört natürlich der Gesamtstaat dazu. Was sehen wir? Wir brauchen nicht auf den 31. März zu warten – das sind eh nur mehr ein paar Tage –, damit die da mit der Dringlichen so billig davonkommen. Wir wissen schon einiges: Budgetiert – vielleicht war da ein etwas zu positiver Ausblick dabei – vom Finanzministerium war es 2023 so – da ist er gesessen, der Kollege Brunner (auf die Regierungsbank weisend), halt auf einem anderen Sessel, da waren wir noch weniger –, dass wir alles unterlegen können, dass wir knapp – es war eh schon hoch, 2,8, 2,9 Prozent oder was da für 2024 veranschlagt war (Abg. Krainer [SPÖ]: 2,7!) – durchkommen. Die Beiträge der Länder und der Sozialversicherung waren drinnen und so weiter, plus 0,1 der Länder. Jetzt wissen wir von Ihrem Vorgänger Mayr, dass es mindestens minus 0,8 sind, möglicherweise mehr – das sind nur die Länder, von der Sozialversicherung rede ich da noch gar nicht. Das alleine ist schon die Abweichung zum 2024er-Vollzug.

Warum sage ich das? – Weil ich es nämlich leid bin, dass Sie das meiner Fraktion und Kollegen Schwarz dann dauernd reinhängen, dass wir da etwas anderes im Auge gehabt hätten. Ob das korrekt budgetiert war, das kritisiere ich auch noch, denn ich finde schon, dass der Grundsatz der Budgetwahrheit und -klarheit wichtig ist. Da können wir schon auch noch einmal nachschauen gehen, ob das absichtlich zu positiv war, aber die Abweichung, um die es jetzt geht, kommt genau nur von der Sozialversicherung, wenn ich alles zusammenzähle – wir werden es dann am Montag sehen –, und von den Bundesländern. 

Und apropos Bundesländer, apropos FPÖ: Wo regiert ihr überall? Ich verliere schon den Überblick, das ist eh keine gute Nachricht. (Abg. Steiner [FPÖ]: Zu lange ...!) Aber was ist Ihr Konsolidierungspaket in der Steiermark? (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.) Was ist Ihr Konsolidierungspaket? – Eine Regierungsklausur irgendwo in der schönen Südsteiermark oder sonst wo. Da hätten Sie eine Fototapete für die Klausur aufhängen können, denn passiert ist nichts (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ– außer Leuchtturmprojekten.

Wissen Sie, worin die bestanden haben? – In der Abschaffung des Lufthunderters. Das gefällt da vielleicht irgendwelchen (Beifall der Abg. Schartel [FPÖ]), aber um das geht es mir jetzt gar nicht. Ist okay, nehmt das! Aber die Leuchtturmprojekte waren eine ganze Liste von Forderungen an den Bund, die alle noch mehr Geld gekostet hätten, weil Sie mit dem nicht auskommen, was wir den Bundesländern im Finanzausgleich schon gegeben haben. Und das waren viele Milliarden. (Präsident Rosenkranz gibt das Glockenzeichen.) Das ist ja exemplarisch: Überall dort, wo Blau besonders vorn dabei ist, mit dem ersten blauen Landeshauptmann, kommt so etwas raus. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Kickl [FPÖ]: Das tut weh, gell? Das tut weh!)

Das soll ein Leuchtturm sein? Hören Sie doch auf!

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Bitte zum Schlusssatz kommen!

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (fortsetzend): Ja, Herr Präsident. Das ist kein Leuchtturm, das ist ein Grubenlicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.24

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Petschnig. Eingemeldete Redezeit: 5 Minuten. (Abg. Kickl [FPÖ]: Es ist vorbei, Werner!)