RN/89
16.24
Abgeordneter MMag. Alexander Petschnig (FPÖ): Danke, Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! Ich bin mir nicht sicher, ob Kollegin Doppelbauer mir die Expertise zugesteht, um hier über die ganze Reihe von Problemen zu debattieren, aber wenn nicht, tue ich es trotzdem. Wir stehen nämlich wie gesagt vor einer ganzen Reihe von Problemen, die wir jetzt vielleicht kurz einmal durchgehen wollen.
Erstens haben wir ein Wahrheits- und Glaubwürdigkeitsproblem. Das besteht darin, dass hier noch im September, vor wenigen Monaten, ein Finanzminister gesessen ist – der war von der ÖVP –, der gesagt hat: Na ja, wir haben ein bisschen ein Defizitproblem, 2,5 Milliarden Euro wäre der Einsparbedarf.
Ein Monat später, nach der Wahl – da schaue ich jetzt zu Kollegen Wöginger, der vorhin von der ÖVP und ehrlichen Verhandlungen gesprochen hat –, sagt derselbe Finanzminister: Hoppala, ich habe mich verzählt, es sind 6,4 Milliarden Euro!
Seit letztem Montag – da hat Herr Marterbauer die unangenehme Aufgabe gehabt, das im Budgetausschuss einzugestehen – sind es 12 Milliarden Euro, also eine Verfünffachung innerhalb einer Handvoll Monate. Ein Schelm, wer da Böses denkt! Es wird Sie nicht wundern, wenn wir in dieser Dringlichen Anfrage die Gebarung als „Schwarzes Loch“ bezeichnen; Ihre Glaubwürdigkeit liegt schon zu Beginn Ihrer Legislaturperiode ziemlich am Boden. (Beifall bei der FPÖ.)
Zweitens: Wir haben ein Mut- und ein Entschlossenheitsproblem. Man könnte jetzt als Staatsbürger hergehen und sagen: Na ja, jetzt haben wir endlich eine neue Regierung, die wird dieses Thema zielstrebig, entschlossen, vielleicht sogar mit ein bisschen Kreativität angehen! Schauen wir, was in Wirklichkeit passiert – Kollege Schnedlitz hat das bereits angedeutet –: Es passiert salopp gesagt Arbeitsverweigerung, vielleicht nicht in Arbeitsstunden, aber in Entschlussfreudigkeit, hinsichtlich Beschlüssen.
Es ist nämlich so – ich möchte mangels Redezeit nur auf ein Beispiel eingehen –: Die Regierung hat sich in eine Klausur zurückgezogen, in der man über Maßnahmen beraten hat. Medial wurde darüber berichtet, da soll es angeblich um Industrie- und Standortpolitik gegangen sein. Der Bundeskanzler hat das heute von dieser Stelle aus noch einmal bestätigt: Sie wollen bis Jahresende einen Plan entwickeln. Das heißt, zur Stunde haben Sie keinen Plan. Das heißt, Sie sind planlos unterwegs. (Beifall bei der FPÖ.) Dass so, sehr geschätzter Herr Bundesminister, das von Ihnen herbeigesehnte Vertrauen und die Aufbruchstimmung nicht entfacht werden, das wird auch nicht weiter verwundern.
Drittens wird es nicht verwundern, dass das Pendel dann in diesem Land extrem in die Gegenrichtung ausschlägt. Ergebnis: Die Bevölkerung reagiert verständlicherweise mit Angstsparen. Auch das haben Sie erwähnt. Die Sparquote erhöht sich von 8 auf 12 Prozent. Sie haben richtigerweise gesagt: Wäre das nicht passiert, hätten wir keine Defizitüberschreitung! Dieses rationale Verhalten der Haushalte, der Unternehmen und der Menschen in diesem Land wird Sie aber auch nicht verwundern.
Viertens: Es gibt viele Stimmungsbarometer, Umfragen – heute eine interessante unter Jungunternehmern, aber viele andere auch –, die alle in dieselbe Richtung weisen. Was wird als das große Problem aufgefasst? – Es sind die verschwendete Zeit und die Volten rund um die Regierungsbildung – da schaue ich wieder in Richtung ÖVP – und natürlich das jetzige Zögern dieser Bundesregierung. Oder mit anderen Worten: Diese Krise ist hausgemacht, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der FPÖ.)
Und noch einmal mit anderen Worten: Sie sind die Ursache dieser Krise. Es wird Sie daher nicht verwundern, dass Sie schon jetzt, zu Beginn, laut Umfragen die unbeliebteste Bundesregierung aller Zeiten sind.
Fünftens: Die Ampel ist zu Jahresbeginn bekanntlich implodiert, als sie auf der Suche nach Einsparpotenzial war. Kolportiert wird: Bei ungefähr 2 Milliarden Euro war dann Schluss mit den Verhandlungen. Diese Ampelparteien sollen jetzt 6 Milliarden Euro on top, noch einmal obendrauf, einsparen? – Liebe Kolleginnen und Kollegen, es darf gelacht werden! Da kann man natürlich nur mit großer Skepsis reagieren.
Sechstens: Der Herr Bundesminister hat es wieder gesagt: Es wurden zwei Hoffnungsschimmer zurechtgerichtet, zwei Dinge, auf die diese Regierung hoffen kann. Das eine ist diese Schuldenorgie in Deutschland, wobei man hofft, dass irgendwelche konjunkturellen Krümel auch für Österreich abfallen. Das ist aber eine sehr mickrige Strategie, das muss ich Ihnen schon sagen. Und zum Zweiten ist es diese vorsätzliche Flucht in ein Defizitverfahren, in die Überwachung aus Brüssel, damit die Verantwortung für die Maßnahmen nach Brüssel abgewälzt werden kann, in der Hoffnung, dass die Einsparungen dann geringer ausfallen, der Konsolidierungspfad abgeflacht wird.
Das bedeutet aber, dass man auch Leistungen erbringt, und zwar glaubhafte und nachhaltige Reformen im Sinne des vereinbarten Stabilisierungsprogramms. Da gestatten Sie mir schon die Frage: Wer soll diese Reformen denn bitte umsetzen? Die rot-schwarze Betoniererreformkoalition, die das seit Jahrzehnten verhindert? – Na sicher nicht! Es darf wieder gelacht werden. (Beifall bei der FPÖ.)
Am Schluss, zu guter Letzt – oder zu schlechter Letzt –: Wenn der Schuldensünder Österreich diese Anforderungen nicht erfüllt, haben Sie sich einmal überlegt, was dann passiert? – Dann drohen nämlich erstens einmal Strafen aus Brüssel und zweitens natürlich konkrete Eingriffe in die Budgetgestaltung. Das nennt sich dann verschärfte Überwachung. Das ist wiederum das, was Kollege Schnedlitz gesagt hat: der faktische Verlust der budgetären Souveränität. Das nehmen Sie sehenden Auges in Kauf. Sie erinnern sich an die Bilder aus Griechenland vor 15 Jahren, an die tiefen Einschnitte ins Sozialsystem, an all die Unruhen, die es dort gegeben hat, und vieles andere mehr. (Abg. Kogler [Grüne]: Das stimmt ja nicht!) Ich kann einfach nicht glauben, dass es eine Bundesregierung gibt, die uns sehenden Auges in griechische Verhältnisse führt.
Daher muss ich Ihnen zum Abschluss wirklich ins Stammbuch schreiben (Abg. Wöginger [ÖVP]: Wir haben auch schon Kärntner Verhältnisse gehabt! – Abg. Kogler [Grüne]: Ja!), wozu diese Bundesregierung überhaupt da ist: Sie ist dazu da, um Probleme zu lösen, und nicht nur, um die Sessel zu meiner Linken und meiner Rechten zu wärmen. Ich kann nur sagen: Tun Sie etwas für Ihr Geld, handeln Sie endlich oder machen Sie den Weg frei für Neuwahlen! (Beifall bei der FPÖ.)
16.30
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet: Abgeordneter Hanger. Eingemeldete Redezeit: 6 Minuten.