RN/93
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Abgeordnete Leonore Gewessler, BA (Grüne): Herzlichen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Werte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ja, die Budgetsituation in Österreich ist alles andere als erfreulich – ganz im Gegenteil, sie ist sehr herausfordernd. Es ist grundsätzlich wichtig und richtig, dass wir das hier in diesem Rahmen besprechen, das haben wir auch gestern sehr ausführlich gemacht, denn es gehört diskutiert: Wo wird investiert, wo wird gespart, über welchen Zeitraum machen wir das? Natürlich macht es einen Unterschied, ob man das vernünftig macht oder eben rücksichtslos.
Bevor jetzt hier der Eindruck entsteht – um nur eines klarzustellen –, ich würde mich zur Verteidigerin der Regierung aufschwingen: Das mache ich in diesem Fall nicht. Ich habe es Ihnen gestern schon gesagt, und ich sage es Ihnen heute auch wieder: Die Pläne, die Sie hier vorlegen, gehen in die falsche Richtung. Das ist ein Abrissbagger in Sachen Klimaschutz. Sie nehmen den Menschen Geld weg, pulvern aber dafür mehr Dreck in die Luft. Das ist – sorry to say – ein bisschen retro. (Beifall bei den Grünen.)
Retro ist aber, glaube ich, das gute Stichwort, um zu Ihnen zu kommen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, denn das Schauspiel, das Sie heute hier veranstalten, setzt dem Ganzen wirklich ein bisschen die Krone auf. Ich meine, ich verstehe schon: Budget ist ein bisschen die Endgegnerin des FPÖ-Populismus, weil eins und eins zwei ist, auch wenn FPÖ-TV gern hätte, dass das fünf wäre. Das wird halt nicht anders.
Es wurden heute schon viele gute Beispiele gebracht – von Klubobmann Wöginger und von anderen Kollegen. Ich habe mir zur Erinnerung wieder Ihr Wahlprogramm angeschaut. Das empfehle ich niemandem zur Nachahmung, aber nur damit wir da auch die Zahlen haben: 23 Milliarden Euro an zusätzlichen Belastungen des Staatshaushaltes versprochen, Gegenfinanzierung: 2 Milliarden Euro, aber damit sollte sich ein ausgeglichenes Budget ausgehen. – Hokuspokus Fidibus, würde ich sagen, liebe FPÖ! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Nemeth [FPÖ]: Besser wie Schwarz-Grün! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ihr habts aber 100 Milliarden ...!)
RN/93.1
Die Dringliche ist aber schon noch einmal besonders – sie ist ja offensichtlich auch Ihrem Budgetsprecher, Ihrer Wirtschaftssprecherin, Ihrem Finanzsprecher ein bisschen zu blöd, denn sie haben sie nicht unterschrieben –, ich finde, es ist schon eine besondere Frotzelei, sich jetzt hier rauszustellen und so zu tun, als hätten Sie vergessen, dass Sie in Regierungsverhandlungen waren, als hätten Sie vergessen, dass Sie diesen Kurs ausgehandelt haben (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Wir würden auch noch weitere Milliarden finden! Das wäre überhaupt kein Problem! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Und dabei ist da Remigration noch gar nicht drinnen!)
Jetzt kann man sich sozusagen fragen, warum ihn die Regierungsparteien volley übernommen haben, aber dieser Kürzungskurs trägt die Unterschrift von Herbert Kickl auf einem Brief nach Brüssel. Wenn Sie jetzt hier so tun, als ob Sie von der Situation und von den Maßnahmen überrascht seien, wer soll Ihnen das denn abkaufen? (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Das haben wir nicht!) – Mein Name ist Kickl, ich weiß von nichts. Wer soll Ihnen diese Nummer abkaufen? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Wöginger ist kein Freiheitlicher! Sie kennen die Abgeordneten nicht!)
Sie waren stolz drauf – Kollege Fuchs war gerade noch im Raum –, dass Sie es geschafft haben, diese Maßnahmen innerhalb von drei Tagen zu verhandeln. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: So ist es!) Und damals war es Ihnen völlig egal, was das für die Menschen in unserem Land bedeutet.
Also bitte, in Wahrheit ist das Motto wie so oft: Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern, wenn ich heute damit Stimmung machen und hetzen kann! (Beifall bei den Grünen.)
Das, was heute hier mit dieser Dringlichen Anfrage an den Herrn Finanzminister passiert, werte Zuseherinnen und Zuseher, ist nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver vom eigenen Versagen der FPÖ. Ich halte das nicht für seriös. Es ist Stimmungsmache, es ist ein neues Feindbild. Sie haben sich jetzt das Defizitverfahren als neues Feindbild ausgesucht, machen damit Stimmung und bewirtschaften damit wieder die nächste Aufregungsblase. So funktioniert die FPÖ.
Ich finde es gut, dass die Bundesregierung ein Defizitverfahren jetzt nicht mehr dogmatisch ablehnt. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ich finde es gut, dass Sie nicht mehr in der Regierung sind! Ja, das finde ich auch sehr gut! – Abg. Kickl [FPÖ]: Ja, das glaube ich!) Warum? – Weil es bei der Sanierung des Budgets wichtig ist, dass man das zarte Konjunkturpflänzchen nicht wieder abwürgt, indem man noch mehr und noch intensiver bei den Investitionen reinfährt. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Welches Konjunkturpflänzchen? Es gibt eine Rezession und keine Konjunktur!)
Liebe Kollegen und Kolleginnen von der FPÖ, Sie haben mit dieser Dringlichen und mit dieser wirklich völlig aberwitzigen Begründung dieser Dringlichen heute nur eines bewiesen: Es ist gut, dass Sie nicht regieren (Abg. Kickl [FPÖ]: Sagt jemand, der uns die ganze Suppe eingebrockt hat! Das muss man auch einmal zusammenbringen!), denn Sie sind vor allem in einem Meister, nämlich darin, sich aus Ihrer eigenen Verantwortung zu stehlen. (Beifall bei den Grünen.)
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