RN/109
17.36
Abgeordneter Mag. Dr. Rudolf Taschner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Wir nehmen also nun die Verhandlungen über ein Thema aus dem Wissenschaftsbereich wieder auf. Es handelt sich um die Verlängerung und die Erweiterung des Programms Ceepus, das ist die Abkürzung für Central European Exchange Program for University Studies – es tut mir leid, ich sage das in Richtung der FPÖ, das ist natürlich ein englisches Wort –, das ist das mitteleuropäische Austauschprogramm. (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)
Ich möchte sagen, ich kann das durchaus verstehen. (Abg. Linder [FPÖ]: Was soll denn das?) Ich halte es sogar so, dass ich alle, die Englisch von Natur aus sprechen, bedauere, denn ihre schöne Sprache, die Sprache von Shelley, von Keats, von Byron, ja von John le Carré, das ist nicht das Englisch, das wir hier sprechen. Wir sprechen ein anderes Englisch, a bad simple English, die Sprache wird da also in gewisser Hinsicht verdoppelt und die verdoppelte Form ist gar nicht die schöne. Es tut vielleicht der Schönheit und der Zartheit der deutschen Sprache ganz gut, dass sie nicht die Lingua franca der Wissenschaft geworden ist.
Wie dem auch sei, dies ist ein Programm, das seit dem Studienjahr 1994/95 existiert. Es wurde von einem Politiker, von einem Wissenschaftsminister eingeführt, den ich sehr, sehr hoch schätze und den ich hier namentlich erwähnen möchte, denn er hatte tatsächlich eine Idee von Europa, die damals noch völlig unglaubwürdig war, und er hat sie eingeführt: Das war Erhard Busek.
Erhard Busek hat in den Achtzigerjahren – da gab es noch einen Eisernen Vorhang, da gab es noch die Vorstellung, dass Europa für immer geteilt sein werde – die Idee gehabt, man muss in den Osten und in den Südosten Europas gehen, man muss diese Länder bereisen, man muss ihnen darlegen, dass der Westen, dass das westliche Europa auf diese Länder schaut und dass da eine Verbindung besteht. Das war gar nicht einfach. Das war mutig und das war auch zukunftsgerichtet. Es war auch deshalb mutig, weil da tatsächlich ein tiefer Graben existierte, der dann später unglaublicherweise überwunden wurde. Ich muss Ihnen auch gestehen, dass ich jetzt irgendwie erschüttert bin, dass es vielleicht wieder einen tiefen Graben in Europa geben wird. Das ist für mich ganz tragisch.
Jedenfalls wurde dieser tiefe Graben von Erhard Busek überwunden. Er hat als Wissenschaftsminister auch die Möglichkeit eingeführt, dass man mit den Staaten wie der kommenden Tschechischen Republik, also der damaligen Tschechoslowakei, mit Ungarn und mit anderen Ländern – sechs Länder waren am Anfang dabei, jetzt sind es viel mehr – dieses wissenschaftliche Austausch- und Freundschaftsprogramm einführt. Das ist mit großem Erfolg eingeführt worden, es ist jetzt mehr als 30 Jahre alt. Es werden nicht nur Austausche unter den Studenten durchgeführt, sondern auch unter den Professoren, selbstverständlich welchen Geschlechts auch immer.
Das bringt natürlich nicht nur ein Kennenlernen fremder Bildungsstätten, das bringt nicht nur eine Erweiterung des Wissens, eine Erweiterung der Kenntnisse, eine Erweiterung der Fertigkeiten, eine Stärkung der Persönlichkeit, das bringt auch großen Nutzen für die Gesellschaft – sowohl in diesen Staaten, als auch bei uns. Darum ist das ein sehr, sehr wichtiges und gutes Programm.
Ich möchte dazu erwähnen, dass es natürlich wesentlich ist, dass es tatsächlich Wissenschafter sind, als Studenten wie auch als Professoren: Die schaffen Wissenschaft, das hat ein kreatives Moment. Die Gefahr in der Wissenschaft sehe ich darin, dass aus den Wissenschaftern Wissensbürokraten werden. Die Bürokratie könnte dann mehr und mehr zunehmen, und wenn die Bürokratie in diesem wissenschaftlichen Bereich, an den Universitäten und Akademien, zunimmt und zu stark wird, braucht man keine Austauschprogramme mehr, denn dann ist es überall das Gleiche, dann ist es sinnlos, dass man hin und her fährt. Darauf sollte man achten. Ich sage das auch deshalb, weil diese Wissensbürokratie, wenn Sie so wollen – also statt Wissenschaftern Wissensbürokraten –, mehr und mehr zunimmt.
Ein bedeutender österreichischer Biochemiker, ein Burgenländer, der dann in Basel einer der größten Biochemiker des 20. Jahrhunderts geworden ist, Gottfried Schatz, hat in der „NZZ“ im Jahr 2008 über „Die letzten Tage der Wissenschaft“ geschrieben. Da hat er geschrieben, was diese Wissensbürokraten machen, wenn sie mehr und mehr an Macht gewinnen.
Ich bin nicht gegen Bürokratie. Ich halte die Bürokratie für sehr wichtig, sie ist ordnungsbildend; aber wie wir wissen – Paracelsus lehrt es uns –: Die Dosis macht das Gift.
Wenn es dann zu viel wird, wenn dann bei diesen Programmen, die da stehen, Worte vorkommen wie – und ich muss das jetzt vorlesen; das kann ich mir nicht merken – intra-, trans- und multidisziplinär, Schwerpunkt, Masterplan, Portfolio, Centers of Excellence, relevant, Governance, Vision, multifokal, Ranking, Impact Factor, Fokussierung, Vernetzung, Effizienz, wenn man all diese Schlagworte hört, dann weiß man, man ist schon auf dem falschen Dampfer.
Frau Bundesminister, das sollte eigentlich unser Programm sein: Schaffen wir bessere Wissenschaft, begrenzen wir die Wissensbürokratie auf das, was sie machen soll, und geben wir diesen Wissensbürokraten, die mit ihren programmatischen Vorstellungen das Entstehen neuer Wissenschaft und das Beginnen, dass wirklich Neues, Kreatives entstehen kann, verhindern, keinen Raum!
In diesem Sinne ist auch dieses Programm so zu sehen, dass wir versuchen, Leute dazu zu bringen, dass sie die kreative Seite der Wissenschaft kennenlernen, sowohl die, die von Osten und von Südosten kommen, in Österreich als auch unsere Professoren und Studenten, die in die anderen Staaten fahren und dort Wissen schaffen. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Oberhofer [NEOS].)
17.42
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Veit Valentin Dengler. – Bitte, Herr Abgeordneter.