RN/22

10.28

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Sehr geehrter Vizekanzler! Wir sprechen heute über ein Thema, das uns alle berührt hat, das uns alle in den letzten Jahren beschäftigt hat, denn das Leben ist teurer geworden, und wir haben das gespürt. Das hat auch viele Menschen wütend gemacht, denn da ist es nicht um Luxusgüter gegangen, sondern um das Lebensnotwendige, um das Wohnen unter anderem. Wohnen ist ein Grundbedürfnis, denn jeder von uns braucht ein Dach über dem Kopf, und gerade in diesem Bereich sind aber die Preise regelrecht explodiert, und zwar in der ganzen EU. 

Ich lade Sie zu einer kurzen Zeitreise ein: Schon im Jahr 2022, am Beginn der Teuerungskrise, haben 62 Prozent aller EU-Bürger und -Bürgerinnen gesagt, sie wünschen sich, dass ihre Regierungen mehr für leistbares Wohnen tun. Ein Jahr später, 2023, wurden die EU-Bürger:innen wieder gefragt: Was sind denn Ihre größten Sorgen? Die Antwort: Es braucht leistbares Wohnen. Ein Jahr später, 2024, spitzt sich die Situation noch weiter zu: In Österreich sind zu diesem Zeitpunkt die Mieten um bis zu 25 Prozent gestiegen. Und noch ein Jahr später, 2025, sehen wir, dass es mittlerweile Proteste in unglaublich vielen europäischen Städten gegeben hat, in Rom, Mailand, Berlin und zuletzt – im April 2025 – auch in Spanien, wo Zehntausende auf die Straße gegangen sind. Im Vergleich dazu haben wir in Österreich doch ein recht starkes Kontrastprogramm, denn hier gibt es – im April 2025 – erstmals, beschlossen durch die neue Bundesregierung, einen Mietpreisstopp. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kassegger [FPÖ]: Und gleichzeitig verdoppelt ihr die Fernwärmekosten! Das ist ja alles nur mehr Satire! Gleichzeitig verdoppelt ihr die Fernwärmekosten und die Gebühren!)

Geregelte Mieten, die jetzt im April, genau jetzt, um 3 Prozent, um 4 Prozent gestiegen wären, sind stattdessen um 0 Cent gestiegen. Davon profitieren jetzt gerade zwei Millionen Menschen, die Mehrheit der Mieter und Mieterinnen, die sich Hunderte Euro sparen können. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Müllabfuhr, Kanal!) Das bedeutet zum Beispiel – ich rechne es Ihnen vor –, dass sich eine Familie mit zwei Kindern nun im Winter nicht überlegen muss, ob sie die neuen Winterschuhe kaufen kann, denn sie wird sich allein dadurch 160 Euro ersparen. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das glauben Sie wirklich?)

Das ist aber natürlich nicht alles, was im Regierungsprogramm verankert ist, denn wir wollen nicht nur bei den geregelten Mietverhältnissen – wie beim Genossenschaftsbau (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Und die Kanalgebühren gehen rauf! Die Müllabfuhr geht rauf! Die Betriebskosten insgesamt! Die Heizkosten werden in die Höhe gehen!), beim Gemeindebau oder bei vielen Altbauten – eingreifen, sondern auch bei den unregulierten, bei den freien Mieten, denn die laufen aus dem Ruder. Das regelt der freie Markt nämlich nicht, er versagt; es sind zum Beispiel jetzt in Salzburg – am privaten Wohnungsmarkt, muss man dazusagen – die Mieten um 13 Prozent gestiegen. Deshalb ist im Regierungsprogramm auch verankert, dass genau da auch eine Mietpreisbremse greifen soll, dass in Zukunft bei Mietpreissteigerungen von über 3 Prozent eine Mietpreisbremse eingezogen wird und dass solche verheerenden Mietpreissteigerungen in Zukunft dann gar nicht mehr möglich sein werden. (Beifall bei der SPÖ.) 

Da wollen und da werden wir ansetzen, denn eines ist klar: Wohnen darf kein Luxus sein, Wohnen ist ein Grundrecht; und das werden wir verteidigen und tun es auch schon ganz konkret.

Wenn ich sage, wir werden uns dafür einsetzen, dann gilt das immer für Österreich und natürlich auch für die ganze EU. Wir wollen leistbares Wohnen EU-weit vorantreiben, dafür kämpfen wir seit Jahren, und wir sehen, es zahlt sich aus, denn erstmals ist das Thema nun auch bei der EU-Kommission angekommen. Erstens hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen endlich angekündigt, dass es auch einen europäischen Plan für leistbaren Wohnraum geben soll. Sie hat auch angekündigt, dass es eine Investitionsplattform geben soll, gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank, was auch dringend notwendig ist (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Hoffentlich machen Sie nicht ins ... der Stadt Wien!), denn wir brauchen öffentliche Investitionen für den Wohnbau. Ich sage auch gleich dazu: Aktuell sind das bloße Ankündigungen, also es wird auch das österreichische Parlament brauchen, das da dranbleibt und auf eine Umsetzung drängt (Beifall bei der SPÖ), aber ich bin zuversichtlich, dass wir das tun werden, denn zweitens gibt es erstmals – historisch – auch einen EU-Kommissar für das Thema Wohnen. 

Drittens wird die Wohnraumkrise, die in der EU stattfindet, auch endlich als solche benannt, und zwar vor allem im EU-Parlament. Dort wurde ein Sonderausschuss zur Wohnraumkrise in der EU einberufen, mit dem Ziel, sich anzuschauen, wo die Probleme liegen, und ganz konkrete Lösungsvorschläge zu erarbeiten. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wohnraumkrise: Woran liegt denn die?) Jetzt kommt noch die positive Nachricht für uns alle: Wir in Österreich haben dort einen starken Vertreter, es ist nämlich genau ein österreichischer Abgeordneter dort vertreten, unser Delegationsleiter Andreas Schieder, der sich dort um unsere österreichischen Anliegen kümmern wird und Druck machen wird. Vielen Dank bereits jetzt! (Beifall bei der SPÖ.)

Dort können wir auch einbringen – und so heißt auch unsere heutige Aktuelle Europastunde –, was in Österreich besonders gut funktioniert. Da gibt es nämlich einiges: Der soziale Wohnbau in Österreich liegt bei etwa 25 Prozent, das ist dreimal mehr sozial geförderter Wohnbau als im EU-Schnitt, und das ist vor allem aufgrund der Stadt Wien möglich. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wo die Leute in verschimmelten Wohnungen wohnen müssen, wo nicht saniert wird!) In Wien wohnen 60 Prozent der Bevölkerung, also mehr als die Hälfte der Bevölkerung, im geförderten Wohnbau. Das ist weltweit einzigartig – weltweit! (Beifall bei der SPÖ.) Genau deshalb (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wie viel Schulden hat denn Wien? Wie hoch ist denn der prognostizierte Abgang für 2025!) – zuhören! – liegt Wien nämlich auch im europäischen Spitzenfeld, was leistbares Wohnen angeht. In Wien kostet der Quadratmeter circa die Hälfte von dem wie in vergleichbaren Städten. Wenn wir uns das anschauen: In München, in Barcelona oder in Paris zahlt man das Doppelte, in London zahlt man das Dreifache – und das hat einen Grund. Jetzt wird es interessant, liebe FPÖ-Abgeordnete: Während sämtliche Städte dem neoliberalen Fiebertraum verfallen sind und ihr Eigentum verkauft, verscherbelt und privatisiert haben, hat Wien immer dagegengehalten, denn Wohnraum muss für alle da sein, nicht nur für die Immobilienspekulanten und -spekulantinnen. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Zuerst verkauft und dann zurückgeleast!)

Wohnraum soll nicht einigen wenigen gehören, die damit dann abcashen, sondern allen gemeinsam. In Wien ist das Realität, und deshalb gelingt es in Wien, mit den Gemeindebauten – und es werden ja auch laufend neue gebaut –, mit den Genossenschaftsbauten die Mieten um ein Vielfaches niedriger zu halten (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wo denn? Wo werden die gebaut?) als am privaten Wohnungsmarkt. Und davon profitieren alle Wiener und Wienerinnen. (Beifall bei der SPÖ.) 

Ich weiß schon, das Thema wird unangenehm, vor allem der FPÖ, denn natürlich war es, wie immer, wenn die FPÖ in die Regierung kommt, so: Damals hat Karl-Heinz Grasser genau das Gegenteil davon gemacht, er hat über 60 000 Buwog-Wohnungen, Wohnungen der Republik Österreich, verkauft, verscherbelt – eigentlich verschenkt, müsste man schon fast sagen –, weit unter ihrem Wert, und hat sich dabei auch noch selbst ordentlich bereichert. Das ist wohl das, was die FPÖ unter leistbarem Wohnen versteht. Es ist auch nicht allzu lange her, da haben Sie diese Wahrheit ja auch ausgesprochen. Ich darf daran erinnern, dass Sie auch in Wien das Eigentum der Wiener und Wienerinnen privatisieren wollten, die Gemeindebauten an private Investoren verkaufen wollten, die dann kein Interesse an möglichst niedrigen Mieten, sondern eben an Profitmaximierung haben, und die Mieter:innen dann zur Kasse gebeten worden wären.

Lassen Sie mich Ihnen eines ausrichten: Die SPÖ in Wien wird das niemals zulassen! (Beifall bei der SPÖ.) 

Somit komme ich schon zum Schluss: Die Welt wird immer unberechenbarer, wir alle sehen das tagtäglich. Die Verunsicherung ist groß: Trump, Putin, ein Handelskrieg, immer mehr internationale Konflikte auch direkt vor den Toren Europas. Wir erleben diese tägliche Verunsicherung, und deshalb ganz deutlich: Wer für Sicherheit sorgen will, muss bei der Sicherheit, bei dem eigenen Dach über dem Kopf beginnen. Wohnen muss sicher sein, und das bedeutet: Wohnen muss auch leistbar sein. Wohnungen sind für die Menschen da und nicht für die Spekulanten und Spekulantinnen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

10.36

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Zu einer einleitenden Stellungnahme zu Wort gemeldet hat sich Vizekanzler und Bundesminister für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport Andreas Babler, den ich in unserer Mitte begrüße. Ich erteile es ihm. Auch seine Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten.