RN/25
10.51
Abgeordneter Norbert Sieber (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Geschätzte Zuseher! Wir sind froh, dass jetzt auch in Europa das Thema leistbarer Wohnraum auf der Agenda ist und dass Kommissar Dan Jørgensen, der für Energie und Wohnen zuständig ist, angekündigt hat, dass dafür Mittel bereitgestellt werden, die wir auch in Österreich gut brauchen können, denn es braucht Investitionen in den österreichischen Wohnungsmarkt, und da sind wir froh, wenn auch etwas zu uns kommt.
Das Thema ist aber „Österreichs Beitrag für einen europäischen Plan für erschwinglichen Wohnraum“. Wenn der Herr Kommissar das ernst nimmt, dann sollte er aber nicht in seine Heimat, nach Dänemark, schauen, denn Dänemark ist das Land, das den Wohnungsmarkt am allermeisten reglementiert hat. Die Europäische Kommission hat einen Bericht herausgebracht, wonach in Dänemark im Bereich des Wohnens eine Zeitbombe tickt, Herr Vizekanzler. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass Reglementierung alleine nicht die Antwort sein kann.
Wir haben in diesem Bereich ein gutes Handwerkszeug: das sind die gemeinnützigen Bauvereinigungen – ich werde sie in weiterer Folge als GBVs bezeichnen –, die eine tragende Rolle spielen. Meine Damen und Herren, was glauben Sie, wie viele gemeinnützige Bauvereinigungen es in Österreich gibt? – Es sind über 180. Diese verwalten insgesamt über eine Million Wohnungen, davon sind über 660 000 gemeinnützige Wohnungen. 41 Prozent aller Mietwohnungen, die in Österreich zur Verfügung stehen, stammen aus diesem Sektor. Das bedeutet, dass rund zwei Millionen Menschen – das sind 22 Prozent der Bevölkerung – in Wohnungen der GBVs wohnen und leben.
Grundlage dieses großen Erfolges sind erstens eine gemeinnützige Vermögenswidmung – das heißt, dass eben nur zweckgebunden reinvestiert werden darf –, zweitens der Generationenausgleich und drittens das Kostendeckungsprinzip. Diese Prinzipien sorgen für leistbaren Wohnraum, sie entfalten eine preisregulierende Wirkung und sind somit sehr wichtig für den gesamten Wohnungsmarkt. Es gibt dadurch eine Ersparnis, wenn man es umrechnet, von 1,3 Milliarden Euro für die österreichische Bevölkerung – also ein richtiges Erfolgsmodell, das die GBVs darstellen.
Darüber hinaus, Herr Vizekanzler, unterstützen derzeit 80 dieser GBVs das von Ihnen angesprochene Housing first, auch bekannt als Zu-Hause-Ankommen. Dabei geht es nicht nur um die Bereitstellung einer Wohnung, sondern auch um soziale Stabilisierung und Begleitung. Dieses Modell, meine Damen und Herren, ist Teil unseres Regierungsprogramms und wird auch international sehr positiv bewertet.
Dieses Modell des österreichischen Wohnungsmarktes findet insgesamt in Europa große Beachtung. Die OECD hebt zum Beispiel hervor, dass die gemeinnützige Wohnungswirtschaft als wirksames wohnungspolitisches Instrument sehr effektiv ist. Und in Deutschland wurde mit Jahresbeginn ein Gesetz eingeführt, das sich in den wesentlichen Punkten am österreichischen Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz orientiert. Also österreichische Wohnpolitik wird auch schon entsprechend exportiert.
Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft funktioniert also national, aber wir können uns natürlich nicht auf diesen Erfolgen ausruhen. Steigende Baukosten, demografischer Wandel, Klimaziele, Zinserhöhungen, eine angespannte Bodenpolitik und die drängende Problematik der Flächenversiegelung sind für uns eine Herausforderung und ein Auftrag, die entsprechenden Ziele und auch die Politik behutsam weiterzuentwickeln. Ziel muss es sein, günstig verzinste Darlehen auch aus internationalen Quellen nach Österreich zu holen, etwa über die Europäische Investitionsbank, und diese gezielt dem leistbaren Wohnraum zuzuführen.
Ein wichtiger Punkt in unserem Regierungsprogramm ist aber auch die Dekarbonisierung, und der gemeinnützige Wohnbau ist diesbezüglich in einer Vorreiterrolle: Dekarbonisierung wird da vorangetrieben, und das ist ein Erfolgsprojekt.
Ein wichtiger Punkt ist natürlich auch, dass in diesen Wohnungen eine soziale Durchmischung gewährleistet ist; aber die entsteht nicht von selbst, sie muss gezielt gestaltet werden – auch das ist in dem Konzept der gemeinnützigen Wohnungen entsprechend verankert.
Zusammenfassend möchte ich eines sagen: Die gemeinnützigen Bauvereinigungen sind ein stabiles, verlässliches und bewährtes Modell für die Schaffung von leistbarem Wohnraum; sie leisten einen entscheidenden Beitrag zur sozialen Ausgewogenheit und zur Stabilität des Wohnungsmarktes, und das in der Stadt und auch am Land. Das dürfen wir nicht übersehen: Der Wohnungsmarkt ist nicht nur in Wien interessant, sondern es muss in ganz Österreich entsprechende Antworten geben.
Lassen Sie mich aber eines auch klarstellen: Wir dürfen den Markt nicht zu Tode regulieren, wie es in Dänemark passiert ist; wir müssen schauen, dass der Markt funktioniert, müssen ihn entsprechend weiterentwickeln, und dazu braucht es das Zusammenspiel des freien Marktes, der freien Finanzierung, des gemeinnützigen und des sozialen Wohnbaus. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg, und wir werden auf diesem Weg auch entsprechend weiterarbeiten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
10.56
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Hanel-Torsch.