RN/28
11.07
Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Danke, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich hätte gleich eine Rückfrage an den ORF: Ich hoffe, dass Sie bei den Reden der Kolleginnen Herr und Hanel-Torsch den Hinweis Dauerwerbesendung eingeblendet haben, denn genau so habe ich mich gefühlt. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff [NEOS].)
Das Zuhause ist einfach für viel zu viele Menschen, auch in Wien, zu teuer. Der Lack ist ab, wenn Sie so wollen, der rote Lack ist ab. (Ruf bei der FPÖ: Da warts ja ihr vorne mit dabei!) Ich weiß schon, Sie schwelgen gerne in der Vergangenheit, man kann sich aber nicht ständig auf den Errungenschaften aus längst vergangenen Zeiten ausruhen, wenn Sie gleichzeitig viel zu wenig dafür tun, dass das Niveau gehalten wird.
Ich sage es Ihnen: Genauso wenig wie 100 000 Besucherinnen und Besucher zum Maiaufmarsch kommen, ist Wien nicht mehr die Nummer eins weltweit, was den Wohnbau angeht, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Herr [SPÖ]: Sondern, wer leicht? Wo gibt’s denn mehr gemeinnützigen Wohnbau? – Zwischenruf des Abg. Oxonitsch [SPÖ].) Das Gegenteil ist der Fall, auch in Wien stiegen die Mieten deutlich höher als die Reallöhne. Bei der Neuvermietung sind wir mittlerweile in Wien bei 18 Euro pro Quadratmeter. Auch in Wien kann sich der Mittelstand Neubaupreise nicht mehr leisten, das ist nicht mehr bezahlbar. Wien ist nicht mehr die Insel des seligen Wohnbaus, und es wird auch nicht besser, wenn Sie das immer und immer wieder behaupten. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Herr [SPÖ]: Wo gibt’s denn leicht mehr gemeinnützigen Wohnbau?)
RN/28.1
Erstens, Wohnungsknappheit: Tatsächlich herrscht in Wien mittlerweile eine Wohnungsknappheit. Das weiß jeder, der sich gerade nach einer Wohnung umschaut. Der soziale Wohnbau brach in den letzten Jahren völlig ein. Sehen Sie mal hier (eine Tafel mit der Aufschrift „Sozialer Wohnbau bricht ein / Geförderte Wohneinheiten pro Jahr“ und einem Flächendiagramm in die Höhe haltend), das ist das eigentliche Niveau, und mittlerweile sind wir da unten (jeweils auf die entsprechenden Stellen des Flächendiagramms zeigend); da wurden im Schnitt 6 900 Wohnungen gebaut, da sind es nur noch 2 500 – das in einer Zeit, in der Wien 25 000 Einwohner und Einwohnerinnen mehr pro Jahr hat. Da brauche ich jetzt kein großer Mathematiker zu sein, um zu sehen, dass sich das nicht ausgeht: 25 000 Einwohner:innen und 2 500 Wohnungen. (Zwischenruf des Abg. Shetty [NEOS].) Ich denke, so weit sind wir uns einig, was die Marktfunktionalität anbelangt: Wenn das Angebot sinkt, dann steigt halt der Preis, und das ist im Moment der Fall. (Beifall bei den Grünen.)
Zweiter Punkt: Es grassiert der Leerstand. – In 80 000 Wohnungen in Wien wohnt niemand. Von einer Leerstandsabgabe gegen die Spekulant:innen, die ja auch beim Budgetdefizit ein bissel helfen würde, reden wir noch gar nicht. In der Stadt Wien gibt es noch nicht einmal Erhebungen zum Leerstand: Wo gibt es diesen Leerstand und was ist der Grund für diesen Leerstand? Was sind da die Gründe? (Zwischenruf des Abg. Egger [ÖVP].) Denken Sie, wenn man die Augen zumacht (die Rednerin hält sich die Hände vor die Augen), wird der Leerstand schon verschwinden? – So funktioniert doch das Ganze nicht! (Beifall bei den Grünen.) Das Wort leer in Leerstand steht bei der SPÖ für leere Versprechungen.
Dritter Punkt: Wohnbauförderungsgelder. – Die werden in Wien, obwohl Sie hier jedes Mal sagen: Ah, wir brauchen eine Zweckbindung der Wohnbauförderungsgelder!, in großem Stil für andere Dinge ausgegeben. Beschäftigte Wienerinnen und Wiener zahlen im Schnitt 700 Euro für Wohnbau. Ein Drittel dieses Geldes wird direkt für alles andere ausgegeben, nur nicht für Wohnen. – Das ist das nächste leere Versprechen.
Nächster Punkt: Wohnbaupaket. – Wie groß war das Gejammer: Die Baukonjunktur bricht ein!? – Jetzt gibt es seit letztem Jahr ein 1 Milliarden Euro schweres Wohnbaupaket. Möchten Sie wissen – es wären etwa 250 Millionen Euro für die Stadt Wien –, wie viel von diesem Geld Wien abgeholt hat? – Keinen Euro, weil ihr erst vor vier Wochen einen Antrag gestellt habt. Ihr habt fast ein Jahr gebraucht, um überhaupt einen Antrag zu stellen, um diese wichtigen Gelder abzuholen! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Ich sage Ihnen, mir fehlt da einfach die Ernsthaftigkeit, wenn ihr hier heraußen steht und sagt: Wohnen ist ein Grundrecht!, und euch dann, bei der tatsächlichen alltäglichen Wohnbaupolitik, die Luft ausgeht. Das passt einfach nicht zusammen. (Beifall bei den Grünen.)
Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Meine tiefste Überzeugung ist, dass sich die Politik die Vormacht am Wohnungsmarkt wieder zurückholen muss, dass die Politik den Spekulanten, denjenigen mit der Abrissbirne, den Miethaien so richtig die Stirn bieten muss (Abg. Herr [SPÖ]: Was ist dazu passiert die letzten fünf Jahre?) – aber dazu braucht es einen politischen Löwen, einen so richtig mit Kraft und Mut, und – mit Verlaub – kein Schmusekätzchen im Halbschlaf. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)
11.12
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Michael Oberlechner.