RN/101
16.32
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Danke schön. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben einen interessanten Titel bei dieser Dringlichen: „Konsolidieren statt Betonieren“, von den Grünen hier eingebracht. Es gibt drei politische Themenfelder, die alle wichtig sind, die darin angesprochen werden: Das eine ist die Budgetpolitik, das Zweite ist die Klimapolitik und das Dritte ist die Infrastrukturpolitik. (Abg. Kogler [Grüne]: Klingt einmal sehr strukturiert!)
Ich habe bei der Begründung genau zugehört. Da sind drei wichtige Werte gebracht worden, nämlich Verantwortung, Transparenz und Nachhaltigkeit – ich hoffe, ich habe die wesentlichen mitbekommen. Ich muss ehrlicherweise sagen: Diese Dringliche Anfrage ist am Ende des Tages einfach eine Chuzpe. – Anders kann man das nicht bezeichnen (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der ÖVP), und ich erkläre Ihnen auch, wieso.
Erstens ist es so, dass die Budgetsituation, die wir haben, wirklich „nicht vom Himmel gefallen ist“, wie der Finanzminister hier fast im Vorbeigehen gesagt hat, sondern sie ist das Ergebnis der Politik der letzten Jahre. Da hat natürlich die Konjunktur einen Anteil, aber die Konjunktur ist auch nicht vom Himmel gefallen. Es steht nirgends geschrieben, dass Österreich als einziges Industrieland in Europa in der Rezession sein muss, während alle anderen ein Wachstum haben. Das ist natürlich das Ergebnis der Politik, die in den letzten Jahren passiert ist. Die wirtschaftliche Lage Österreichs ist ein Ergebnis der Politik, der Wirtschaftspolitik, die in den letzten Jahren gemacht wurde. Die budgetäre Situation ist ein Ergebnis der Budgetpolitik der letzten Jahre. Die Umweltpolitik, die Klimapolitik und die Infrastrukturpolitik – die Situation, die wir heute haben, ist natürlich ein Ergebnis der letzten Jahre.
Wir können uns anschauen, wie dieses Ergebnis ist. Bei der Budgetpolitik wissen wir es: Wir haben letztes Jahr, also in Ihrem letzten Regierungsjahr, ein Defizit von 4,7 Prozent des BIP gehabt. Das ist um 2 Prozent höher, um 10 Milliarden Euro höher, als Sie selber behauptet haben, dass es sein wird, und Sie haben wahrheitswidrig die ganze Zeit, bis zum Wahltag, erklärt – auch Sie –, dass es eingehalten wird. Das ist das, was passiert ist. (Beifall bei SPÖ und NEOS. – Abg. Schwarz [Grüne]: Nein, ... Einzahlungen ... Auszahlungen ...!) Wahrheitswidrig! Was das mit Transparenz zu tun hat, weiß ich nicht. Transparenz ist für mich, die Wahrheit zu sagen, den Menschen in Österreich reinen Wein einzuschenken, und nicht, sie hinters Licht zu führen und irgendwelche Sachen zu behaupten, die nicht stimmen. (Abg. Schwarz [Grüne]: Wo genau steckt die Lüge?) Es ist aber eh Ihre Entscheidung, was als Transparenz gilt.
Ich kann Ihnen schon sagen, was bei der Budgetierung passiert ist. Im August 2023 mussten die Länder und Gemeinden wie immer einmelden, wie viel Defizit sie machen werden. Die haben gesagt: 2024 werden wir circa 1,1 Prozent des BIP Miese machen, das wird unser Defizitbeitrag sein! – Was haben Sie ins Budget reingeschrieben? (Abg. Schwarz [Grüne]: Wir haben gar nichts reingeschrieben! – Abg. Gewessler [Grüne]: Wir haben gar nichts reingeschrieben!) – Sie haben nicht reingeschrieben, Länder und Gemeinden werden 1,1 Prozent minus machen. Sie haben geschrieben, sie werden 0,1 Prozent plus machen.
Dann haben sie weniger als die 1,1 Prozent minus gemacht, sie haben nur 0,9 Prozent gemacht, und Sie haben gesagt, Sie seien enttäuscht (Abg. Schwarz [Grüne]: Ja, die Länder haben gesagt ...!), weil Sie erwartet haben, dass die einen Überschuss machen. Wie Sie jemals auf die Idee gekommen sind (Abg. Gewessler [Grüne]: Mit dem Finanzministerium!), dass die einen Überschuss machen sollen, wird allen immer ein Rätsel sein. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.) Sie haben ja bereits 2023 ein Defizit von 0,55 Prozent des BIPs gemacht. Wie sind Sie jemals auf die Idee gekommen, dass die 2024 ein Plus machen? Das versteht bis heute niemand, und das ist die Art und Weise, wie Sie rechnen.
Und Sie wollen jetzt uns, die wir diesen Scherbenhaufen mit zwei anderen Parteien wegräumen dürfen, darüber aufklären, wie man es richtig macht oder falsch macht. Das ist wirklich eine Chuzpe! (Beifall bei SPÖ und NEOS. – Abg. Koza [Grüne]: ... Scherz! Gibt’s ja nicht!)
Die Wahrheit ist doch, wie auch der Finanzminister gesagt hat, die: Das Grundproblem bei der Budgetpolitik ist, dass das Wort Gegenfinanzierung aus dem politischen Vokabular gestrichen wurde. (Zwischenruf des Abg. Koza [Grüne].) Diese gab es nicht. Da waren die Freiheitlichen noch in der Regierung, das hat 2018 begonnen. (Abg. Schwarz [Grüne]: Wissen Sie, ... Minus ... Gegenfinanzierung!) 2018 ist aufgehört worden, gegenzufinanzieren.
Ihr wart fünf Jahre dabei, und jetzt, wo diese Regierung gerade einmal fünf Wochen im Amt ist, stellt ihr euch her wie die Oberlehrer und erklärt, was man alles jetzt schon falsch gemacht hat?! (Abg. Schwarz [Grüne]: Was man noch richtig machen kann! – Abg. Kogler [Grüne]: Wir reden ja von der Zukunft!) Sie waren 50-mal so lang, nämlich über 250 Wochen, in der Regierung und halten jetzt Ihre Versäumnisse der neuen Bundesregierung vor. Das ist Chuzpe, was Sie da machen, das ist reine Chuzpe! (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Es gibt ja viele Programme, die total richtig waren, zum Beispiel, dass man schaut, dass man aus Öl und Gas rauskommt. Übrigens, die Stadt Wien hat ein tolles Programm dazu aufgelegt, aber wir reden hier ja über die Bundesebene. Da wurde gefördert. Und was ist passiert? – Die Bundesförderung war, wenn man tauschte, 7 000 Euro. Es haben viele – das sind dokumentierte Fälle – bestellt, sie haben gesagt: Na gut, 7 000 Euro sind in Ordnung, meine Gasheizung ist eh hin, ich tausche sie aus, ich nehme eine Wärmepumpe! – Die Lieferzeit, bis das dann eingebaut und abgerechnet ist, war über ein Jahr. Dann hat man abgerechnet.
Wissen Sie, wie überrascht die alle waren, dass sie nicht 7 000 Euro bekommen, sondern 16 000 Euro? Das ist nämlich genau das, was passiert ist: Sie haben laufend die Förderungen erhöht, sodass der Topf heute leer ist, kein Geld mehr drin ist. Ein paar freuen sich darüber, dass sie doppelt so viel Geld bekommen haben, als womit sie gerechnet haben, als sie die Investitionsentscheidung getroffen haben, und alle anderen gehen jetzt leer aus. Und Sie sagen, wir kürzen etwas?! Nein, es ist einfach nichts mehr da, weil Sie es einfach falsch ausgegeben haben, weil Sie es schlecht ausgegeben haben! (Beifall bei SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
Das Geld ist nicht mehr da! Da können wir nichts dafür. Das war doch Ihre Politik, dass kein Geld mehr da ist. (Abg. Shetty [NEOS]: Die Dringliche ist eine Selbstanklage!) Das war ja Ihre Entscheidung, dass das Geld nicht mehr da ist. (Abg. Schwarz [Grüne]: Spar dir die Straßen! ... Geld!) Das ist die Folge Ihrer Politik, dass das Geld nicht mehr da ist (Abg. Kogler [Grüne]: Ja, und deshalb hauen wir jetzt 20 Milliarden für Straßen hinaus, oder wie?!), und jetzt müssen wir etwas machen, nämlich Klimapolitik, denn das Klima kann keine Rücksicht darauf nehmen, ob die Grünen eine gute oder schlechte (Abg. Schwarz [Grüne]: Was ist mit den Straßen?), eine nachhaltige oder nicht nachhaltige Politik gemacht haben. Jetzt müssen wir halt Klimapolitik ohne Geld machen. (Abg. Kogler [Grüne]: Sag einmal was zu den Straßen!)
Ich sage Ihnen aber eines: Die Klimapolitik ist uns so wichtig, dass wir sie auch ohne Geld machen werden, weil sie einfach für die Menschen, die in diesem Land leben (Abg. Gewessler [Grüne]: Ich habe gerade ein Gesetz eingebracht!), und für den Planeten, für das Leben auf diesem Planeten notwendig ist. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Ich sage Ihnen aber nur eines: Leicht machen Sie es uns nicht, denn Sie hätten uns wenigstens ein bissl Geld hinterlassen können. (Abg. Koza [Grüne]: ... nichts mehr da!) Alles, was wir von Ihnen in dieser Frage geerbt haben, sind Schulden.
Ich ersuche wirklich, ein bisschen weniger polemisch und mehr ernsthaft zu sein. (Heiterkeit bei den Grünen. – Abg. Koza [Grüne]: Diese Ernsthaftigkeit ist ...!) Das meine ich ganz ehrlich, genau was die Grünen betrifft. (Abg. Schwarz [Grüne]: Bis jetzt war’s nur Polemik, also wenn du jetzt mit Ernsthaftigkeit anfängst ...!)
Man kann von Beton halten, was man will, aber ich sage ganz ehrlich: Die größte Betonbaustelle in der Stadt ist da hinten (nach rechts weisend), das ist nämlich die neue U-Bahn, die gebaut wird. Diese wird auch nicht aus Holz, Stroh und Papier gebaut, sondern aus Beton, genauso wie Straßen oder Radwege aus Beton gebaut werden. Die Frage ist ja nicht, ob Beton etwas Gutes oder Schlechtes ist, sondern, was man daraus baut. Das ist das Entscheidende. (Abg. Schwarz [Grüne]: Ja, die Autobahn! – Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Götze [Grüne] und Koza [Grüne].)
Ehrlich gesagt: Wenn man einen Tunnel baut, damit öffentlicher Verkehr durchfahren kann, dann sind wir wohl alle der Meinung, dass der Beton gut investiert ist, und wenn man sinnlose Autobahnen oder sinnlose Straßen baut, dann werden wir wohl alle der Meinung sein, dass es sinnlos ausgegebenes Geld ist. (Abg. Koza [Grüne]: Da bin ich mir nicht sicher!)
Weniger Polemik, mehr Ernsthaftigkeit und mehr Nachhaltigkeit in der Politik (Abg. Gewessler [Grüne]: Bitte, gerne!) – auch von den Grünen! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS. – Abg. Shetty [NEOS]: Die Dringliche ist eine grüne Selbstanklage! – Abg. Kogler [Grüne]: Kein einziges Wort zu den Autobahnen!)
16.40
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Oberhofer. Eingemeldete Redezeit: 8 Minuten.