RN/143
19.21
Abgeordneter Mag. Lukas Hammer (Grüne): Danke, Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Stellen Sie sich einmal vor, Sie kaufen im Internet einen Pullover, Sie packen ihn aus: Es ist die falsche Farbe, und passen tut er auch nicht. Da packt man ihn wieder ein und schickt ihn zurück. Die Firmen bieten das an, sagen, das kann man tun, und viele Menschen glauben, das wird zurückgeschickt und dann wieder verpackt und einfach weiterverkauft.
Das Problem ist nur: In den allermeisten Fällen werden diese ungetragenen, ungebrauchten Waren vernichtet. Sie landen am Müll. Allein in Österreich sind im Jahr 2021 sage und schreibe 4,6 Millionen Kilo an neuwertiger, unverkaufter Kleidung und neuwertigen Schuhen vernichtet worden. 4,6 Millionen Kilo in einem einzigen Jahr, und das ist im Prinzip nur ein Teil des Problems, weil das auch in vielen weiteren Bereichen des Onlinehandels gängige Praxis ist, nicht nur bei Kleidung. Es sind im selben Jahr in Österreich 1,4 Millionen Pakete voller Neuware vernichtet worden. Das ist genauso absurd, wie es klingt.
Wir können uns so einen Umgang – die Kollegin hat es angesprochen – nicht leisten. Das ist nicht nachhaltig. Genau da setzt die erwähnte EU-Ökodesign-Verordnung an. Ein zentraler Baustein dieser Verordnung ist nämlich ein Vernichtungsverbot für Neuwaren, und zwar beginnend mit Kleidung und Schuhen. Das ist ein wichtiger erster Schritt, aber er geht nicht weit genug. Darum ging es auch in dem Antrag, den wir im Ausschuss eingebracht haben – und der leider von der Koalition abgelehnt wurde –, denn es geht um mehrere Produktgruppen und nicht nur um Kleidung. Es geht auch um Elektrogeräte, die nicht von der EU-Verordnung umfasst sind, und es geht – und das ist auch für Österreich sehr wichtig – auch um Heimtextilien. Heimtextilien wie Handtücher, Vorhänge, Sofa- oder Bettbezüge sind genauso Produkte, die mit Ressourceneinsatz hergestellt werden, und sie haben ein sehr ähnliches Schicksal wie Kleidungsstücke, die völlig neuwertig vernichtet werden, wenn sie zurückgeschickt werden – daher unser Antrag, der weiter geht, und zwar, was die zeitliche Komponente betrifft, aber auch, was den Umfang betrifft.
Euer Antrag, der Antrag der Koalition, bedeutet im Prinzip nichts anderes, als die EU-Mindestvorgaben zu erfüllen und das unternehmerfreundlich umzusetzen. Es geht dann immer wieder, wir haben es heute schon wieder hundertmal gehört, um das Thema des Gold-Plating. Gold-Plating heißt, dass man über EU-Mindestanforderungen hinausgeht. Früher war Österreich einmal ein Land, in dem wir stolz darauf waren, EU-weit Vorreiter und Vorreiterinnen im Umweltschutz zu sein – das ist jetzt schon fast ein Schimpfwort geworden –, und es hat uns auch wirtschaftlich sehr gutgetan. Es wird jetzt immer so getan, als ob die Übererfüllung von EU-Normen, wenn wir also weiter gehen, schlecht für die Unternehmen, schlecht für die heimischen Unternehmen, schlecht für den Standort wäre. Gerade in diesem Fall kann es falscher nicht sein, dies zu behaupten, und ich kann es ehrlich gesagt auch nicht mehr hören.
Ein Vernichtungsverbot, ein umfangreiches Vernichtungsverbot schützt nicht nur die Umwelt, sondern auch heimische Unternehmen. Warum? – Weil die meisten österreichischen Betriebe, gerade jene in der Textilbranche, sich diese unnötige Vernichtung überhaupt nicht leisten können, sich überhaupt nicht leisten können, das zu machen, was ihre internationale Konkurrenz sehr wohl macht. Sie müssen ressourcenschonend arbeiten und wirtschaften.
Das heißt, ein umfassendes Vernichtungsverbot schützt die heimische Textilbranche. Wir haben in Österreich so unglaublich viele Vorzeigebetriebe, die lokal produzieren, die faire Löhne zahlen und die eben nicht diese unglaubliche Vorgangsweise der Neuwarenvernichtung praktizieren, die aber unter Druck sind, nämlich genau von internationalen Konzernen, gegen die wir ja mit diesem Vernichtungsverbot ankämpfen wollen. Und unternehmerfreundlich heißt in diesem Zusammenhang im Prinzip gar nichts. Es ist immer die Frage, welche Unternehmen man meint: Meint man die kleinen und mittleren heimischen Betriebe, oder meint man die großen Konzerne, die mit ihnen in Konkurrenz stehen?
Ich verstehe in diesem Zusammenhang nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, warum Sie österreichischen Produzenten zum Beispiel von Heimtextilien diesen Schutz mit einem Vernichtungsverbot für Neuwaren nicht gewähren wollen. Ich glaube, genau solche Maßnahmen sind wichtig, um heimische Betriebe zu schützen.
Und, Kollege Spalt, um auf das bisschen, das du zum Thema gesprochen hast, zurückzukommen: In vielen Fällen sehen wir eben, dass der moralische Zeigefinger oder Anreize halt nicht ausreichen. Wir müssen – und das haben wir in der Vergangenheit in der Umweltpolitik, in der Konsumentenschutzpolitik sehr erfolgreich getan – klare Vorgaben machen. Solche braucht es auch zum Schutz des heimischen Wirtschaftsstandorts und der heimischen Unternehmen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Ruf bei der FPÖ: Man sieht die Auswirkungen!)
19.26
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Julia Herr.