RN/157
20.03
Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Ja, Frau Kollegin Fürst, man fragt sich schon! Sie haben die Frage in den Raum gestellt: Wo sind wir denn? Das kann ich Ihnen ganz genau sagen. Wir, das sind meine Kollegen Andreas Minnich von der ÖVP, Petra Bayr von der SPÖ, David Stögmüller von den Grünen und ich, waren am Wochenende, in den Osterferien, in unserer Freizeit, in der Ukraine und haben uns mit eigenen Augen vor Ort einen Eindruck verschafft. (Abg. Fürst [FPÖ]: Super! Krieg schauen, super!) Wir waren in Kiew, wir waren in Charkiw, ihr nicht. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Kassegger [FPÖ]: Und was habt ihr dort gemacht? – Abg. Fürst [FPÖ]: Krieg schauen, super!)
Ich möchte hier auch die Gelegenheit ergreifen, um David Stögmüller besonders zu danken, der auch den Round Table zur Ukraine vor einem Dreivierteljahr ins Leben gerufen hat, mit dem Ziel, dass wir schauen, welche Verbesserungen wir vor allem für die Ukrainerinnen und ihre Kinder hier in Österreich herbeiführen können; das geht von Anerkennungen von Abschlüssen bis hin zu sozialversicherungstechnischen Fragen.
RN/157.1
Wir waren also in der Ukraine, und ich habe auch etwas mitgebracht. (Die im Folgenden beschriebenen Gegenstände der Reihe nach in die Höhe haltend:) Ich habe einige Glasscherben von jenen 5 000 Fenstern, die in Charkiw, einen Tag bevor wir dort hingekommen sind, zu Bruch gegangen sind; eine Rakete in einem Wohngebiet hat diesen Schaden verursacht. Ich habe diese Puppe mitgenommen, die uns ukrainische Kinder gemacht haben, die in einer Schule unterrichtet werden – zwei Stockwerke, zehn Meter unter der Erde! Die Ukrainerinnen und Ukrainer bauen Schulen für ihre Kinder unter der Erde, damit sie dort weiter unterrichtet werden können.
Kinder, meine Damen und Herren, sind keine Soldaten, Kinder sind auch keine politischen Spielbälle, Kinder sind das, was wir am meisten schützen müssen, gerade im Krieg. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen.) Und was passiert in der Ukraine? Was machen Ihre Freunde aus Russland? – Sie zerstören Orte, die eigentlich Orte der Geborgenheit sein sollten: Schulen, Kindergärten, Spielplätze. Die Unicef-Zahlen sind dramatisch. Unicef hat erhoben, dass in hundert Tagen mindestens 2 406 Kinder und Jugendliche verletzt oder getötet wurden. Noch erschütternder ist aber das Kapitel der Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland. Tausende Kinder wurden von ihren Eltern getrennt, sie wurden zur Adoption freigegeben, und diese Praxis ist ein absoluter Bruch mit dem Völkerrecht. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Es ist ein direkter Verstoß gegen die UN-Kinderrechtskonvention, wo wir vor 35 Jahren festgeschrieben haben, wie Kinder in Kriegssituationen geschützt werden müssen.
Österreich muss sich unmissverständlich dafür einsetzen, dass diese Verbrechen auch aufgearbeitet werden, weil solche Wunden, meine Damen und Herren, nicht von selbst verheilen. Das wissen wir auch aus vielen anderen kriegerischen Auseinandersetzungen. Wir wissen das aus Korea, wo heute noch die Erinnerungen an sexuelle Versklavung während des Zweiten Weltkrieges das Verhältnis zu Japan belasten. Wir wissen das vom Balkan, wo auch Jahrzehnte später noch Hass und Misstrauen spürbar sind.
Russland schafft durch diese Massenverschleppung von Kindern aus dem Donbass und der Krim eine Realität, die den nachhaltigen Frieden auf Jahrzehnte unmöglich machen wird. Keine Mutter, kein Vater wird die Entführung des eigenen Kindes vergessen oder vergeben, das passiert einfach nicht. Deshalb ist es wichtig, dass wir hier Klarheit schaffen, dass wir als Österreich sagen, wir setzen uns mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln dafür ein, dass diese Kinder zurückgeholt werden und dass der Krieg aufhört, der vor allem auch gegen die geführt wird, die am schutzwürdigsten sind. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen.)
20.07
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Gudrun Kugler.