RN/166

20.42

Abgeordneter Veit Valentin Dengler (NEOS): Guten Abend! Ich bin immer sehr fasziniert, wenn ich Frau Fürst zuhöre, weil ich da so viele Fragen habe. (Abg. Steiner [FPÖ]: Das glaub’ ich! – Heiterkeit bei der FPÖ.) Die FPÖ ist ja gegen einen Nato-Beitritt und die FPÖ ist auch gegen eine europäische Verteidigungsunion. Sie sind auch gegen Kooperationen wie Sky Shield. Das verstehe ich alles. Sie wollen die Neutralität ganz alleine – verstehe ich auch. (Ruf bei der FPÖ: Das hat den Riesenvorteil, dass man nicht angegriffen wird als neutraler Staat!) Sie wollen das Bundesheer mit viel Geld aufrüsten, haben Sie auch gesagt – verstehe ich auch.

Was für mich aber nicht zusammenpasst, ist, wenn Sie sagen, die Ukraine soll sich nicht wehren, sie hat keine Chance, sie soll sich nicht wehren. (Abg. Wurm [FPÖ]: Wer hat das gesagt?) Wie soll sich dann ein viel kleineres Österreich gegen irgendeinen Aggressor alleine wehren? Wozu wollen Sie dann Geld für ein Bundesheer ausgeben? Es macht keinen Sinn. (Beifall bei NEOS und ÖVP. Abg. Mölzer [FPÖ]: Ungerechter Frieden besser als gerechter Krieg, oder umgekehrt? Kollege Dengler, gerechter Krieg oder ungerechter Frieden, was ist besser?) – Jetzt reden wir aber nicht über das Bundesheer – wir können dann gerne noch weiterreden –, jetzt reden wir über Atomwaffen und Österreichs Einsatz dagegen.

Der Wunsch nach einer Welt ohne Atomwaffen ist sehr ehrenwert, doch aus der Sicht von uns Demokratien werden Atomwaffen noch sehr lange Zeit unsere Sicherheit garantieren. Sie sind ein Instrument der Abschreckung, das in einer instabilen Welt Schutz bedeutet. Aber je mehr Staaten über Atomwaffen verfügen, desto größer ist das Risiko eines Einsatzes – absichtlich oder versehentlich oder vielleicht auch als Eskalation eines kleineren Konflikts. Daher ist die Nichtverbreitung von Atomwaffen die erste Aufgabe aller friedliebenden Staaten, und das ist schwierig genug.

Das Schicksal der Ukraine und jetzt die Anbiederung der USA an Wladimir Putin haben anderen Ländern gezeigt, wie alleine sie im Konfliktfall sein können. Die Versuchung, sich mit Atomwaffen auch gegen Supermächte zu wehren, ist daher groß, und es ist gut möglich, dass Saudi-Arabien, Ägypten, vielleicht auch die Türkei oder auch Südkorea oder Deutschland, ja vielleicht sogar Japan in den nächsten Jahren beschließen, dass sie einen eigenen Atomschutzschirm brauchen werden, vor allem wenn der Eindruck erhärtet wird, dass die USA nicht mehr der Anker der Sicherheit der freien Welt ist.

In einer gefährlichen Welt ist einseitige Abrüstung gefährlich. Abrüstung funktioniert dann, wenn sie echt, wenn sie überprüfbar und wenn sie ausgewogen ist. Ohne dieses Gleichgewicht wird jede Bewegung in Richtung Abrüstung als Schwäche interpretiert, nicht als Stärke, und damit als Einladung zur Aggression. Statt einseitiger Abrüstung bleibt daher die Abschreckung – für manche hier vielleicht schwierig, aber sie funktioniert.

Moralisches Vorbild zu sein, fühlt sich gut an, aber es bringt wenig. Wir müssen das Ziel einer atomwaffenfreien Welt nicht aufgeben, aber wir müssen ehrlich sein: Es war nie greifbar und es ist in den letzten Jahren dank Wladimir Putin in weite Ferne gerückt. (Abg. Martin Graf [FPÖ]: Es wäre auch ohne ihn in weiter Ferne!) Daher gilt auch bei Atomwaffen: Der Weg ist das Ziel. Frieden muss wieder in Europa einkehren, und die Welt muss daran arbeiten, dass in Asien und Afrika keine großen neuen Kriege ausbrechen.

Europa muss rasch für sich selbst ohne die USA konventionell und nuklear abschrecken können. Dann braucht es den langsamen Wiederaufbau von Vertrauen und erste Schritte in Richtung einer ausgewogenen Abrüstung. Dann können wir hoffen, dass die Welt es schafft, eine neue Sicherheitsarchitektur zu bauen, die auch jenen Staaten Schutz bietet, die auf Atomwaffen verzichten, so wie Österreich. – Danke. (Beifall bei NEOS und ÖVP. – Abg. Martin Graf [FPÖ]: Gott sei Dank ist diese Initiative so fruchtbar!)

20.45

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Andreas Minnich.