RN/174
21.14
Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Sehr geehrte Frau Außenministerin! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer von der russischen Botschaft, ich wollte melden, dass Ihr Bot kaputt ist: Er ist nicht mehr prorussisch, sondern kontra Realität. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)
Die ungarische Regierung unter Viktor Orbán entfernt sich Schritt für Schritt von den Grundwerten der Europäischen Union. Auf dem Spiel steht nichts Geringeres als die Idee eines modernen, aufgeklärten europäischen Kontinents, ein Europa, in dem Menschen nach ihrem Charakter, ihrem Einsatz, ihrem Fleiß bewertet werden und nicht danach, welche Hautfarbe sie haben oder wen sie lieben. Genau das wird aber in Ungarn zunehmend untergraben. (Abg. Martin Graf [FPÖ]: Das stimmt ja gar nicht!) Mit der Mehrheit der Fidesz-Partei wurde das Gesetz über öffentliche Versammlungen geändert und das Ergebnis ist, dass die Pride unter dem Vorwand des Kinderschutzes verboten wurde. (Ruf bei der FPÖ: Das ist kein Vorwand, das ist ein Faktum! Das ist ein Argument und kein Vorwand!) Das ist natürlich ein extrem fadenscheiniger Vorwand, denn: Wie glaubwürdig ist der Schutz von Kindern, wenn gleichzeitig Präsidentin Katalin Novák, eine loyale Weggefährtin Viktor Orbáns, einen Heimleiter begnadigt, der einen Pädophilieskandal vertuscht hat, und das auch noch auf Vorschlag der Justizministerin? Beide mussten dann auch in der Folge zurücktreten, aber der Schaden ist angerichtet.
Ungarn demonstriert mit diesem Kinderschutzgesetz, dass es die Grundwerte der Europäischen Union nicht nur ignoriert, sondern auch untergräbt. Das ist schon ein länger anhaltender Trend. Es läuft ja seit 2018 bereits ein Artikel-7-Verfahren, und der Rechtsstaatlichkeitsbericht 2024 bestätigt erneut, dass es um die Demokratie in Ungarn schlecht bestellt ist. Dabei sind unsere europäischen Werte nicht verhandelbar. Sie sind das Fundament unseres Zusammenlebens, unseres Handelns und unserer Glaubwürdigkeit. Wer Teil der europäischen Gemeinschaft sein will, der muss sich an die Regeln halten, und das gilt auch für Ungarn.
Jetzt versteht es Orbán natürlich meisterhaft, Spaltung zu erzeugen und das auch innenpolitisch auszunutzen. Dabei ist natürlich auch die gezielte Ausgrenzung von Minderheiten ein ganz beliebtes Instrument, wie auch bei anderen Populisten in Europa oder auch in Österreich. Wir sagen aber ganz klar: Wir lassen uns nicht instrumentalisieren! Wir sind nicht das Öl, das ins Feuer gegossen werden kann. Wir stehen ganz klar auf der Seite der Menschenrechte und der individuellen Freiheit. Ich möchte hier an dieser Stelle alle Ungarinnen und Ungarn einladen, alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Unternehmerinnen und Unternehmer, progressive Denkerinnen und Denker: Kommt nach Österreich! Hier könnte ihr Freiheit atmen. Wir bieten euch Chancen, wir bieten euch Jobs. Herzlich willkommen! (Beifall bei NEOS, SPÖ und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Welche Jobs mit welchem Geld? – Abg. Wurm [FPÖ]: Welche Jobs denn, wenn wir kein Geld haben, Frau Kollegin! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Martin Graf [FPÖ]: Warum laden Sie nur die Linken ein? Lassen Sie doch ein Spektrum zu!)
21.17
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Hafenecker. – Entschuldigung, nein. (In Richtung des sich bereits auf dem Weg zum Redner:innenpult befindenden Abg. Marchetti [ÖVP]:) Herr Abgeordneter Marchetti, vollkommen richtig. Eingemeldete Redezeit: 5 Minuten.