RN/177

21.27

Abgeordneter David Stögmüller (Grüne): Herr Rosenkranz! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Jetzt steht Kollegin Fürst heraußen und ist plötzlich gegen die Versammlungsfreiheit – das muss man sich einmal vorstellen: die, die am lautesten schreit, dass die Versammlungsfreiheit ja unbedingt eingehalten werden muss. Jetzt steht Frau Kollegin Fürst heraußen (Abg. Martin Graf [FPÖ]: ... einzige Hetero!) und ist auf einmal für Verbote – jetzt steht Frau Kollegin Fürst heraußen! (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Sie war bis jetzt die einzige Heterosexuelle!) Sie ist nie heraußen gestanden und hat zum Beispiel den Gemeinderat in Graz verurteilt, der rechtmäßig verurteilt worden ist, weil Missbrauchsvideos von Kindern auf seinem Laptop gefunden worden sind. Wo sind Sie denn da mit dem Kinderschutz gewesen? Wo waren Sie da?! (Beifall bei Grünen, SPÖ und NEOS sowie des Abg. Marchetti [ÖVP].) 

Nein, nichts! Bei den Missbrauchsbildern waren Sie nicht einmal ansatzweise irgendwo. Da wäre der Kinderschutz notwendig gewesen, nicht Schwule und Lesben und alle, die dazugehören, irgendwo in Missbrauch - - Was fällt Ihnen denn überhaupt ein, Frau Kollegin Fürst? Ich kenne genug FPÖler, die auch bei den Schwulen und Lesben dabei sind. (Abg. Wurm [FPÖ]: Aha! Aha! Gibt’s ja nicht!) Da kennen wir genug. Sind die alle - - (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Wie tust du jetzt? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Na, nicht so laut schreien! Das einfach zu verurteilen: ganz, ganz, ganz miese Taktik von Ihnen und plumpe Polemik, die da herüberkommt. (Beifall bei Grünen, SPÖ und NEOS.)

Ich möchte ein bisschen auf diesen Antrag eingehen, weil es mir persönlich sehr wichtig ist. Am 12. April gingen Zehntausende Ungarinnen und Ungarn in Budapest auf die Straße, um ein ganz klares Zeichen zu setzen und zu zelebrieren, in Grautöne gehüllt, grau angezogen: Gleich sein ist trendy, das war das Thema; die Opposition in Ungarn feierte eine sogenannte illiberale Pride. – Da würden Sie vielleicht dazupassen, bei der illiberalen Pride, Frau Kollegin Fürst. Vielleicht sollten Sie sich dazutun, denn das ist es, was Sie wollen.

Die Feier war selbstverständlich satirisch gemeint, sie trifft den politischen Nagel aber tatsächlich auf den Kopf, worum es eigentlich bei dem Ganzen geht: Es geht um die Politik von Orbáns Regierung, die immer illiberaler wird und sich schon seit Langem dem europäischen Geist widersetzt.

Orbán setzt Schritte, die queere Community in Ungarn auszugrenzen, sie eigentlich auszuradieren. Und das ist ja das, was Orbán will: Er will sie aus dem Gedächtnis der Menschen raus haben; es gibt keine Schwulen und Lesben, keine Transpersonen in Ungarn – was ja kompletter Bullshit ist, und das wissen wir. (Abg. Mölzer [FPÖ]: Wie reden Sie eigentlich?) Das ist ja das große Problem an der ganzen Sache. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Das begann schon vor Jahren. (Zwischenruf des Abg. Martin Graf [FPÖ].) Mit dem Verbot der Pride hat die Politik aber sehr wohl eine neue Ebene der Gefährdung erreicht. Der Abstand zu Europa und zu unseren europäischen Werten wird auch immer größer, denn wo Europa Diversität und Vielfalt lebt, setzt Orbán auf Gleichschaltung und Tradition; wo Europa auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit beharrt, verfestigt Orbán weiter sein Einparteiensystem – organisierte, staatlich gebilligte Korruption inklusive; wo Europa für Grundrechte und Versammlungsfreiheit einsteht, verbietet Orbán friedliche Kundgebungen und setzt gegen Protestierende jetzt auch Gesichtserkennungssoftware ein. – Da hätten Sie vor Jahren noch groß aufgeschrien. Meine Güte, was wäre da nicht alles passiert! Frau Kollegin Fürst hätte Demos organisiert. Jetzt ist sie auf der Seite der Gesichtserkennungssoftware. (Ruf bei der FPÖ: Geh komm!) Genau das ist es: Sie biegen es sich so hin, wie Sie es wollen, Frau Kollegin. Das ist die FPÖ: immer auf der falschen Seite. 

Was mich aber besonders beeindruckt, ist die Resilienz der Opposition, die dort steht und sagt: Wir stehen für die europäischen Werte ein und kämpfen dafür, wir stehen auf Seite der Europäischen Union! – Die lassen sich nicht einschüchtern. Das sind die Freunde der Europäischen Union, die gehören unterstützt. Und wir lassen uns das jetzt nicht von der FPÖ irgendwie deppertreden oder blödreden oder sonst irgendetwas. Nein, wir stehen auf der Seite der liberalen Demokratie und der Ungarinnen und Ungarn, die sagen: Wir wollen mehr Europa, wir wollen mehr gemeinsam haben und wir wollen auch eindeutig für Menschenrechte einstehen! (Beifall bei Grünen, SPÖ und NEOS.)

Denn die Europäische Union, die ihre Werte nicht nur in schönen Zeiten lebt, sondern diese auch in schwierigen Zeiten verteidigt, wird bestehen. Man muss auch sagen, die Europäische Union lebt und ehrt die europäischen Werte: das Recht auf Meinungsäußerung, das Recht auf friedliche Versammlungen und das Recht, so zu sein, wie man ist, zu lieben, wen und wie man will – das ist die Europäische Union. Dafür werden wir kämpfen und – das können wir auch der FPÖ hinter die Ohren schreiben – das werden wir auch nie aufgeben! (Beifall bei Grünen, SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

21.32

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächste hat sich die Frau Bundesministerin zu Wort gemeldet.