RN/13

12.04

Abgeordneter Dominik Oberhofer (NEOS): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Liebe Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung! Hoher Nationalrat! Ich bin 1980 geboren, und 1980 herrschte in einem Großteil der Staaten Europas eine Diktatur. Da denke ich nicht nur an die Staaten, die hinter dem Eisernen Vorhang waren, sondern da denke ich zum Beispiel auch an Spanien, an Portugal, an Griechenland.

1980 – Frau Kollegin Fürst, Sie waren da elf Jahre alt – war Europa arm. 1980 betrug die Inflation in Irland sage und schreibe 60 Prozent. 450 000 Iren sind in den Achtzigerjahren aus Irland ausgewandert. Warum? – Weil sogar die Lebensmittel rationalisiert werden mussten. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Sind wir schuld?) In den Achtzigerjahren, sehr geehrte Frau Kollegin Fürst, hat es auch im Süden dieser Europäischen Union sehr ärmlich ausgeschaut; wenn ich zum Beispiel an Kalabrien denke (Zwischenruf bei der FPÖ), dort lag die Arbeitslosigkeit bei 40 Prozent. Kampanien – heute eine der schönsten Urlaubsregionen (Zwischenruf des Abg. Ragger [FPÖ]) mit tollen Ferienorten wie Ischia und Capri – war dazumal – 1980, in meinem Geburtsjahr – negativ in den Schlagzeilen, weil die Kindersterblichkeit in der Region Kampanien bei 84 Kindern pro 1 000 Geburten lag. 1980, das muss man sich einmal vorstellen, Sie (in Richtung Abg. Fürst) und ich – Sie können sich besser erinnern, aber ich wurde in diesem Jahr geboren. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker [FPÖ].) Und wo liegt sie heute? – Bei 2,6 Kindern, also deutlich unter dem EU-Durchschnitt. 

Ich kann mich auch noch erinnern, als meine Maturaaufgabe in der Schule war, über den IRR-Terror zwischen Irland und Großbritannien zu referieren. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: IRA heißt das!) Die Europäische Union hat diesen Konflikt zum Beispiel 1998 beseitigt und erledigt. – Aber, Herr Kollege von der FPÖ, weil Sie gerade so fleißig Zwischenrufe machen: Wir zwei können uns wahrscheinlich auch noch an unsere Jugend erinnern – Sie sind gleich alt wie ich –, an die Kriege am Balkan, daran, was das für Bilder im österreichischen Fernsehen waren. Und wahrscheinlich waren Sie in Ihrer Schulzeit auch damit konfrontiert, im Geschichtsunterricht Referate über die Krisenherde in Europa zu machen. In derselben Zeit aber – kann ich mich erinnern – ist Europa zusammengewachsen. Österreich ist 1995 Mitglied in der Europäischen Union geworden, 1999 ist der Euro eingeführt worden, und 2004 kam die europäische Erweiterung um Länder wie Estland, Lettland, Litauen, Polen, die Slowakei und Slowenien. Und jedes Mal, bei jedem dieser europäischen Einigungsprozesse, hat es aus Ihren Reihen die gleiche Hetze gegeben wie heute hier am Vormittag im österreichischen Parlament. Ich frage mich wirklich: Waren Sie eventuell beim Ring Freiheitlicher Jugend und haben gegen die EU plakatiert und behauptet, wenn wir 1995 – vor 30 Jahren – zur Europäischen Union kommen, dass es dann Blutschokolade und Schildlausjoghurt geben wird? – Wahrscheinlich ja. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Linder [FPÖ]: Na was haben wir denn heute? Mehlwürmer im Brot!)

Jetzt sage ich Ihnen einmal mehr: Wahrscheinlich gibt es kein anderes Thema, bei dem es so einen Unterschied macht, dass ihr nicht in der Regierung seid, dass es keinen Volkskanzler Kickl in diesem Land gibt (Abg. Kogler [Grüne]: Das ist wahr! Das ist wahr!), als Europa. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Kogler [Grüne]. – Abg. Kogler [Grüne]: Richtig! Da haben Sie recht!)

Warum? – Wahrscheinlich wären wir mit einem Kickl in einer Allianz mit Orbán, und er selber wäre mit dem Einsammeln der EU-Fahnen auf den österreichischen Gebäuden beschäftigt. Diese österreichische Bundesregierung aber ist damit beschäftigt - - (Abg. Kassegger [FPÖ]: Das ist falsch! – Abg. Stefan [FPÖ]: Das ist Hetze!) – Ich kann leider mit Herrn Kickl nicht diskutieren, weil er ja nie hier im Haus ist, er fehlt auch jetzt bei der Europadebatte wieder. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Dieser Bundesregierung aber ist es wichtig, dass wir Europa aktiv gestalten, und deshalb legt diese Bundesregierung hier in einem Bericht mit über 100 Seiten vor, was wir alles vorhaben. Es braucht Österreich mehr denn je in Europa, weil auch die Krisen sehr, sehr groß sind. (Abg. Stefan [FPÖ]: Also doch jetzt wieder?!) Und die Vergangenheit hat gezeigt, dass Europa gerade an den Krisen wächst, zusammenwächst und stärker wird. Deshalb sehen wir das als Herausforderung, aber auch als großartige Chance für uns Österreicherinnen und Österreicher, uns hier einzubringen, aktiv einzubringen, und zwar für ein wehrhaftes Europa, dazu braucht es Aufrüstung, und für ein wettbewerbsfähiges Europa, dazu müssen wir in Bildung, in Digitalisierung und in Innovation investieren. 

Und wir brauchen am Ende des Tages – das ist mir ganz besonders wichtig – auch ein klimafittes Europa. Warum? – Weil wir, der Großteil hier herinnen, Väter und Mütter sind und wir nachhaltig Politik machen wollen und unseren Kindern ein besseres Europa übergeben wollen (Abg. Stefan [FPÖ]: Ein kälteres Europa, sprechen Sie es aus!) als das, das wir bekommen haben, als wir 1980 geboren worden sind. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Kogler [Grüne]: Fürs Protokoll: Es ist nicht jeder 1980 geboren! – Heiterkeit bei den Grünen.) 

Ein ganz großes Thema dieser Bundesregierung und speziell der Außenministerin ist die EU-Osterweiterung. Die EU-Erweiterung müssen wir vorantreiben, mehr als acht Länder wollen Mitglied dieser Europäischen Union werden. 

Sehr geehrte Frau Fürst – jetzt schaue ich Sie an –, ich kann mich noch erinnern, wie großartig die FPÖ es gefeiert hat, dass die Schweiz die Verhandlungen mit Europa 2022 abgebrochen hat. (Abg. Stefan [FPÖ]: Schweiz ist ja Europa! – Abg. Kassegger [FPÖ]: Mit der EU, nicht mit Europa!) Ich darf Sie erinnern, dass diese 2025 wieder aufgenommen worden sind. (Abg. Stefan [FPÖ]: Ist die Schweiz jetzt nicht mehr Europa?)

Ich kann mich auch erinnern, liebe Kollegen der FPÖ, wie großartig Sie das auf den Social-Media-Kanälen gefeiert haben, als Island gesagt hat, sich das mit dem EU-Beitritt noch zu überlegen. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Ja, und?) Die aktuelle Schlagzeile aus Island lautet, man will 2026 eine Abstimmung zum EU-Beitritt haben. (Abg. Stefan [FPÖ]: Und den Euro sicher auch!) Warum? – Weil man gesehen hat, dass sich die geopolitische Veränderung auch auf Island auswirkt und Island ein Teil Europas werden soll. (Abg. Stefan [FPÖ]: Ist das nicht Teil Europas? – Ruf bei der FPÖ: Es ist Teil Europas! – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Also ich bin 1980 geboren und ich habe sogar Geografieunterricht gehabt, im Gegensatz zu Ihnen offenbar!)  Teil der Europäischen Union. 

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, es geht darum, dass wir hier im Haus, die große Mehrheit, ein ganz anderes Bild von Europa und der europäischen Politik haben als Sie. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Na so groß ist die Mehrheit nicht mehr!) Sie wollen spalten, Sie wollen hetzen. (Abg. Stefan [FPÖ]: Aber Sie hetzen ja selbst!) Und wohin uns Ihre Hetze geführt hätte, sieht man, wenn man Ihre Programme anschaut. (Abg. Stefan [FPÖ]: Das ist Hetze, was Sie da machen!) Sie waren zuvor für den Öxit, dann haben Sie gesehen, dass 85 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher diesen Öxit ablehnen würden, und in dem Moment haben Sie ihn zur Seite geschoben. (Abg. Kassegger [FPÖ]: Der tut da was herumfantasieren!) 

Man sieht es an Großbritannien, wozu Ihre Politik führen würde. Großbritannien befindet sich heute wieder am Verhandlungstisch – dort, wo wir Österreicher immer gesessen sind und wo wir unsere Interessen einbringen (Abg. Kassegger [FPÖ]: Na eben nicht! Eben nicht, das ist ja das Problem!) –, weil sie sehen, mit welchen Vorteilen diese europäische Einigung verbunden ist. Und dafür kämpft diese Bundesregierung. – Danke. (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ.

12.12

Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Maximilian Weinzierl. – Bitte, Herr Abgeordneter.