RN/20
12.27
Bundesministerin für Europa, Integration und Familie im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm: Vielen Dank, Herr Präsident! Geschätzte Abgeordnete im Hohen Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich freue mich sehr, heute erstmals in meiner Funktion als Europaministerin Ihnen den EU-Vorhabensbericht seitens des Bundeskanzleramtes vorstellen zu dürfen.
Die neue Bundesregierung ist seit ein bisschen mehr als zwei Monaten im Amt. Zwei Monate, in denen die Welt alles andere als stillgestanden ist, denn noch immer herrscht Krieg in der Ukraine, noch immer gibt es eine stark angespannte wirtschaftliche Situation, noch immer gibt es Unsicherheiten im Welthandel aufgrund von Zollandrohungen, und es gilt daher auf europäischer Ebene mehr denn je, endlich vom Reden ins Tun zu kommen.
Wir brauchen eine starke, eine handlungsfähige und eine subsidiär organisierte Europäische Union, eine Union, die die Bürgerinnen und Bürger in Europa schützt, eine Union, die Wohlstand schafft und die gleichzeitig auch mehr denn je als starker globaler Akteur auftritt.
Konkret zum EU-Vorhabensbericht des Bundeskanzleramtes: Wie immer fußt dieser auf dem Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für das heurige Jahr, auf dem aktuellen Achtzehnmonatsbericht des Rates und dem Programm des rotierenden EU-Ratsvorsitzes – das ist für das erste Halbjahr Polen, für das kommende Halbjahr 2025 ab 1. Juli dann Dänemark. Und dabei gibt es eine gemeinsame Botschaft, die hier in diesem Trilog, wenn Sie so wollen, ganz klar zur Sprache kommt: Wir müssen bei unseren Entscheidungen auf europäischer Ebene schneller, mutiger und auch selbstbewusster werden.
Die Bürgerinnen und Bürger erwarten sich zu Recht Ergebnisse, erwarten sich, dass sich die EU um die großen Fragen kümmert, wie zum Beispiel Sicherheit und Verteidigung, den Kampf gegen die illegale Migration, die Digitalisierung, die Förderung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit, anstatt sich im Klein-Klein zu verlieren.
Frau Abgeordnete Fürst, Sie haben zuvor als Pauschalzusammenfassung, als Pauschalargument für Ihre Kritik das Thema Nettozahler, die Situation Österreichs als Nettozahler hier angesprochen. (Abg. Stefan [FPÖ]: Wir kriegen es ja wieder zurück! Wir geben es hin und kriegen es wieder zurück, und das ist eine gute Idee!) Sie wissen hoffentlich schon, dass jeder netto gezahlte Euro – Herr Abgeordneter, vielleicht passen Sie auf! – mehrfach zurückkommt. (Abg. Stefan [FPÖ]: Mehrfach! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wirklich? Warum zahlen wir nicht noch mehr? Eine super Rechnung!) Jeder gezahlte Euro kommt selbst in den allerkonservativsten Schätzungen - - (Heiterkeit bei der FPÖ. – Rufe bei der FPÖ: Dann brauchen wir ja nur mehr zahlen! Zahlen wir doch viel mehr, dann können wir das Budget sanieren! Zahlen wir einfach mehr! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Präsident Peter Haubner (das Glockenzeichen gebend): Die Frau Bundesminister ist am Wort! – Danke vielmals.
Bundesministerin für Europa, Integration und Familie im Bundeskanzleramt Claudia Plakolm (fortsetzend): Selbst in den allerkonservativsten Schätzungen kommt jeder Euro zehnfach zurück. (Zwischenruf des Abg. Hafenecker [FPÖ]. – Abg. Stefan [FPÖ]: Warum zahlen wir nicht mehr ein?)
Sie wissen, dass in Österreich jeder zweite Arbeitsplatz am Export hängt, und dieser Export hängt natürlich sehr, sehr stark am gemeinsamen Binnenmarkt, den uns die Europäische Union seit 30 Jahren auch in Österreich bietet. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Oberhofer [NEOS]. – Ruf bei der FPÖ: Was hat das mit einer politischen Union zu tun? – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Warum zahlen wir dann nicht mehr, da könnten wir unser Budgetdefizit sanieren, Frau Minister? Sagen Sie das bitte dem Finanzminister!)
2 von 3 Euro verdienen wir in Österreich mittlerweile durch den Export, und wir feiern im heurigen Jahr mittlerweile 30 Jahre dieses Wohlstands in Österreich, insbesondere in den letzten Tagen. Am Freitag hatten wir Europatag: ein besonderer Anlass, um uns auch diese Errungenschaften in Erinnerung rufen zu lassen.
Wir bleiben aber bei der Wirtschaft, Themenbereich Entbürokratisierung. Ich glaube, hier braucht man auch nur die aktuellen Wirtschaftszahlen anzusehen, um gleichzeitig sehr deutlich zu sehen, wie dringend notwendig es ist, dass wir unseren Industrie- und Wirtschaftsstandort wieder nach vorne bringen, dass wir Wohlstand fördern, dass wir gemeinsam mit unseren Unternehmen hier auch Arbeitsplätze und Beschäftigung schaffen können. Dazu gehört als wesentliche Voraussetzung der Bürokratieabbau und dort vor allem die Verringerung der Berichtspflichten für unsere Unternehmerinnen und Unternehmer. (Beifall bei der ÖVP.)
Das ist auch eine der Topprioritäten nicht nur unserer Bundesregierung auf nationaler Ebene, sondern auch eine der Topprioritäten direkt in Brüssel. Die Verhandlungen zu den ersten beiden Omnibus-Vorschlägen, nämlich Nachhaltigkeit und Vereinfachung von Investitionen, laufen und sollen ehebaldigst abgeschlossen werden. Die Europäische Kommission plant in diesem Zusammenhang weitere konkrete Vorschläge, untere anderem zu kleinen Mid Caps, zur Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Verteidigung.
Ein weiteres Kapitel betrifft die EU-Erweiterung. Dieser Frage werden wir uns insbesondere im zweiten Halbjahr widmen. Die Europäische Kommission wird im Herbst ihren jährlichen Bericht abgeben, ihre jährliche Ländereinschätzung zu den Beitrittskandidaten. Sie kennen die österreichische Position, was die Erweiterungspolitik betrifft. Es ist in den letzten Jahren wieder eine Dynamik in diese Frage gekommen. Das finden wir gut, wir als Bundesregierung, als Vertreterinnen und Vertreter Österreichs stehen aber ganz klar auf europäischer Ebene für den leistungsbasierten Ansatz in Bezug auf die EU-Erweiterung. Wir haben da eine besondere Verantwortung gegenüber unseren Partnerinnen und Partnern am Westbalkan, die jetzt schon seit über 20 Jahren auch auf konkrete Signale, auf spürbare Signale punkto EU-Erweiterung warten.
Eine weitere große Aufgabe, die im heurigen Jahr – eigentlich schon in wenigen Wochen – auf uns zukommen wird, ist der erste Vorschlag zum Mehrjährigen Finanzrahmen. Die Kommission plant, im Juli den ersten Vorschlag vorzulegen. Das markiert dann auch gleichzeitig den Start der Verhandlungen. Ziel des dänischen Vorsitzes ist es, einen ersten Kompromiss in diesem Bereich vorzulegen.
Auch da sollte Ihnen die österreichische Position bekannt sein: Wir werden uns für einen sparsamen und verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeldern einsetzen. Es sind ebenso Steuergelder der Österreicherinnen und Österreicher, der Europäerinnen und Europäer, mit denen wir diesbezüglich auf europäischer Ebene gezielt klare Prioritäten setzen müssen, wobei wir auch die haushaltspolitischen Herausforderungen der Mitgliedstaaten berücksichtigen müssen.
Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte heute nicht nur als Europaministerin zu Ihnen sprechen, sondern auch als Familien- und Jugendministerin darf ich eine weitere Ratsformation in Brüssel abdecken (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Das steht jetzt aber nicht auf der Tagesordnung!), und zwar den Jugendrat.
Auch da ganz kurz die Schwerpunkte für das heurige Jahr auf europäischer Ebene: Mir persönlich ist der Kampf gegen Radikalisierung und Extremismus in diesem Zusammenhang sehr, sehr wichtig. Österreich hat da eine besondere Vorbildrolle und ist ja immer wieder einer jener Mitgliedstaaten, die da wesentliche Veränderungen und Verbesserungen vorantreiben. Wir sehen eine Zunahme an Radikalisierung insbesondere in den digitalen Medien, auf digitalen Plattformen. Das ist genau einer jener Themenbereiche, wo wir als Land mit neun Millionen Einwohnern wohl zu klein aufgestellt sind, um diesen Plattformen die Stirn zu bieten, um unsere europäischen Werte, unsere Demokratie auch im digitalen Raum zu verteidigen. Genau dafür ist beispielsweise auch die gute Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten dringend notwendig.
Inhaltlich wird es auch um die Verbesserung der Leitlinien für die Steuerung des EU-Jugenddialogs und der EU-Jugendstrategie gehen, aber auch um die weitere Umsetzung des Arbeitsplans für die EU-Jugendstrategie 2025 bis 2027. Auch da lautet unser Ziel, gesamteuropäisch gegenzusteuern.
Sie sehen, es gibt viel zu tun und – es ist heute schon öfter vonseiten der Regierungsbank gefallen, ich möchte es ein weiteres Mal wiederholen, weil es auch in diesem Zusammenhang passt – ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, diese Herausforderungen auch auf europäischer Ebene gemeinsam anzugehen und da einen konstruktiven Beitrag zu leisten. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und NEOS.)
12.34
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Johann Weber. Die Uhr ist auf 4 Minuten eingestellt.