RN/30

13.18

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Danke, Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Die Lobeshymnen auf die Stellung der Volksgruppen und Volksgruppenvertreterinnen und -vertreter, die wir jetzt in den letzten Reden gehört haben, teile ich nicht uneingeschränkt. 

Natürlich ist der Befund richtig, dass wir uns verbessert haben, wenn man sagt: Wo kommen wir her? – Wir kommen aus einer Vergangenheit, in der man Ortstafeln abmontiert hat, versucht hat, Minderheiten zu assimilieren, keine ausreichenden Bildungskonzepte hergestellt hat, in der in früheren Jahren kleine Kinder, wenn sie zur Volksgruppe gehört haben, angespuckt worden sind. Es gibt eine Wertschätzung an der Oberfläche, eine Anerkennung, eine strukturierte Arbeit mit den Vertreterinnen und Vertretern der Volksgruppen. 

Aber die Frage ist: Was bedeutet wirklich Erfolg in der Volksgruppenpolitik? Wenn man sich diese Frage stellt, kann ich sie jetzt für uns als NEOS beantworten – das muss natürlich jede Partei für sich machen –: Aus unserer Sicht wäre Erfolg, wenn wir eine so aktive Volksgruppenpolitik möglich machen, dass Volksgruppen wieder wachsen können. 

Ich mache das jetzt nur am Beispiel Kärnten: Die slowenische Minderheit hat einmal knapp 30 Prozent der Bevölkerung dort ausgemacht. Jetzt sind es 4 Prozent. Das liegt nicht daran, dass die ausgestorben sind, sondern dass sie assimiliert worden sind. Es liegt daran, dass es nicht ausreichend Angebote gegeben hat und dass viele auch weggezogen sind. 

Das heißt, unserer Ansicht nach braucht es ganz konkretes Arbeiten in ganz klaren Feldern. Wir müssen in der Volksgruppenpolitik weggehen von der Zuschreibung autochthoner Volksgruppenregionen, also dass man sagt, ein Kärntner Slowene kann nur in Kärnten am Bildungssystem teilhaben: Wenn er oder sie in Wien lebt, geht das beispielsweise nicht – ein Kroate könnte das umgekehrt wiederum in Graz nicht. Was wir also wollen, ist, dass wir vom zweiten Lebensjahr zumindest bis zur Matura in allen Ballungszentren Bildungsmöglichkeiten schaffen. So sollen bei Jungfamilien, wenn sie beispielsweise nach der Ausbildung, nach dem Studium in einer größeren Stadt leben, die Kinder dann trotzdem einen Kindergarten, ein Gymnasium oder eine Mittelschule in ihrer Volksgruppensprache besuchen können und ihren Bildungspfad entsprechend beschreiten. Das würde für die Volksgruppen wahnsinnig viel erleichtern, denn man fühlt sich dann nicht mehr – je nachdem – ausgeschlossen oder eingesperrt, was wesentlich ist. 

Der zweite Punkt ist, dass wir bei der Kommunikation der Volksgruppen immer von Leitmedien sprechen, womit wir noch sehr stark in der Printlogik sind. Ich weiß, dass die Förderungen in der Volksgruppenpolitik jetzt auch stark auf digitale Medien gesetzt haben, aber wenn wir an die nächsten Generationen in den Volksgruppen denken, muss uns klar sein, dass das junge Menschen sind, die in urbanen Räumen leben, die auch ihre kulturellen Elemente in ihrer Sprache feiern wollen. Das geht natürlich nicht mit einem Printmedium, das beispielsweise als Postwurfsendung nur in Kärnten oder nur im Burgenland verschickt wird. 

Ich komme zu meinem letzten Punkt: Wir werden bei der Volksgruppenförderung keine großen Sprünge machen können – das ist heute auch hinreichend gesagt worden –, weil das Budget einfach sehr knapp ist. Das betrifft alle Bereiche, das wird bei der Volksgruppenförderung nicht so viel anders sein. Die Verdoppelung des Volksgruppenförderungsbudgets erfolgte ja vor der hohen Inflation, das heißt, man hat die Mittel verdoppelt und dann durch die Teuerung ein Viertel des Werts wieder verloren. 

Was es aus unserer Sicht also braucht, und da haben wir im Regierungsprogramm auch durchaus einen Anker gefunden: Wichtig sind einzelne Leuchtturmprojekte in der Bildungspolitik. Wir wollen da in Wien anfangen, eine Schule außerhalb der autochthonen Siedlungsgebiete anzudenken, in der Slowen:innen, Kroat:innen, Tschech:innen, Slowaken, Roma und Ungarn gemeinsam Bildungsangebote wahrnehmen können. Das ist ein extrem weiter Weg, aber es ist ein Leuchtturmprojekt, das wir, glaube ich, in diesen viereinhalb Jahren für die Volksgruppenpolitik angehen können. – Vielen Dank. (Beifall bei NEOS und SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.22

Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Olga Voglauer. – Bitte, Frau Abgeordnete.