RN/31
13.22
Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Danke, Herr Präsident! Spoštovana Visoka Hiša! Spoštovana gospa ministrica! Sehr geehrte Frau Minister! Dragi kolegice, kolegi! Dragi gledalci in gledalke! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer hier, aber auch vor den Bildschirmen! Wir debattieren heute die Volksgruppenförderung – an dem Tag, an dem die schriftliche Matura in den Minderheitensprachen abgehalten wurde. An dieser Stelle die besten Wünsche an alle Maturantinnen und Maturanten der Volksgruppen an den zweisprachigen und mehrsprachigen Schulen, die heute ihre Matura geschrieben haben – alles Gute für eure restlichen Prüfungen! (Die Rednerin setzt ihre Ausführungen in slowenischer Sprache fort. – Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.)
Wir debattieren eine Volksgruppenförderung, die sich in den letzten vier Jahren nicht wesentlich verändert hat. Seit der Verdoppelung des Budgets entwickelt sich etwas weiter, wir sehen eine Professionalisierung bei den Organisationen, aber, Kollege Bernhard, du hast es angesprochen: Wenn jetzt mittlerweile bereits 25 Prozent des Geldes fehlen, weil die Inflation sie aufgefressen hat, dann ist das keine gute Nachricht für die Volksgruppen.
Diese Förderung ist ja keine freiwillige Leistung der Republik. Wenn man sich diese Förderung genauer anschaut, geht sie auf etwas zurück, dessen 70-jähriges Jubiläum wir am 15. Mai feiern werden, nämlich den Österreichischen Staatsvertrag. In diesem Staatsvertrag gibt es einen Artikel 7 – und der ist ja nicht etwas, das man in der Historie einfach so als gegeben annehmen konnte. Es hat durchaus gedauert, bis sich die Alliierten mit Österreich gemeinsam darauf geeinigt haben, die Rechte der Kärntner Sloweninnen und Slowenen sowie der steirischen Sloweninnen und Slowenen, aber auch der Burgenlandkroaten so zu verbriefen. Und ja, es sind verbriefte Rechte dieser Volksgruppen: der steirischen Sloweninnen und Slowenen, der Kärntner Sloweninnen und Slowenen und der Burgendlandkroaten!
Artikel 8 des Bundes-Verfassungsgesetzes geht noch weiter und nennt auch die Tschechen und die Slowaken, die Ungarn, aber auch die Roma und Sinti. Und weil es um verbriefte Rechte geht, kann Volksgruppenpolitik in Österreich niemals eine Politik der Gnade sein, sondern sie ist eine Politik für den Erhalt der Freiheiten – Freiheiten, die erkämpft wurden! (Beifall bei den Grünen.)
Kollege Ragger, Kollege Darmann – du bist heute auch da – und Kollege Linder, gehen wir in der Geschichte unseres Bundeslandes ein bisschen zurück. Was war denn auch ein Grund für den Artikel 7 im Österreichischen Staatsvertrag? – 1942 wurden mehr als Tausend Personen, die der slowenischen Volksgruppe angehörten, deportiert – sie wurden wegmigriert, würdet ihr vielleicht heute dazu sagen. Sie wurden in Arbeitslager, später in Konzentrationslager verbracht, sie wurden zur Zwangsarbeit verpflichtet. Slowenische Familien mussten drei Jahre, drei Monate und drei Tage weit weg von ihrem Zuhause verbringen, weil Südkärnten ethnisch hätte gesäubert werden sollen, das war der Plan. Und weil diese Familien deportiert wurden, haben sich ihre Männer, ihre Brüder, ihre Söhne, die in der Wehrmacht gekämpft hatten, später, als sie nach Hause kamen, entschieden, zu den antifaschistischen Partisanen zu gehen. Sie haben sich dem antifaschistischen Widerstand angeschlossen, um für die Freiheit Österreichs und die Freiheit ihrer Volksgruppe zu kämpfen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Ragger [FPÖ]: Deswegen habt ihr nachher ...!)
Das war die Grundlage dafür, dass man 1955 sagen konnte, die Republik Österreich wird ein eigener, freier Staat, und dass man auch nachweisen konnte, bewaffneten Widerstand gegen den Naziterror geleistet zu haben. So sind wir zu diesem Staatsvertrag und am Ende des Tages auch zu diesem Artikel 7 des B-VG gekommen.
Jetzt komme ich zurück zur heutigen Zeit, denn von 1955 bis heute sind viele Jahrzehnte vergangen, in denen Ihre Partei die Politik für uns Kärntner Sloweninnen und Slowenen auf mühsamste Art geprägt hat. (Ruf bei der FPÖ: War nicht unter der SPÖ ...?)
Da waren Jahrzehnte mit sehr viel Demütigung darunter – ich erinnere an Zeiten, in denen das Slowenische Gymnasium in Klagenfurt als „Gift“ bezeichnet wurde. Ich erinnere daran, dass Frauen, die deportiert worden waren, und Männer, die das KZ überlebt haben, in den 2000er-Jahren miterleben mussten, wie Ortstafeln verrückt und später mit kleinen Zusatzschildern auf Slowenisch versehen wurden. 2011 haben wir es dann geschafft, eine gesetzliche Regelung im Verfassungsrang zu treffen, mit der die zweisprachige Topografie gelöst wurde. Was hat man jedoch nicht gemacht? – Alle anderen Versprechungen realisiert, die in einem Memorandum festgeschrieben wurden. (Zwischenruf bei der FPÖ.)
Frau Ministerin, da komme ich jetzt zu Ihnen: In diesem Memorandum gibt es ein Bekenntnis der Republik, man werde an der Gesetzgebung weiterarbeiten, und ich glaube, es ist nicht Ihre Aufgabe, heute hier, nach so viel Erinnerung und Gedenken in den letzten Tagen, nur darauf hinzuweisen, wie stolz man auf die Volksgruppen ist. Ich begrüße das zwar und als Angehörige einer Volksgruppe freue ich mich sehr, hier so viel Lob über die Volksgruppen zu hören, denn das war in Österreich lange Zeit nicht so.
Arbeiten Sie in den nächsten fünf Jahren daran, das Volksgruppengesetz, dessen 50-Jahr-Jubiläum wir nächstes Jahr feiern werden, zu modernisieren! Es ist notwendig, dass wir die Elementarpädagogik in den Sprachen der Volksgruppen stärken, dass wir sie in die Städte Graz und Wien bringen. Es soll in 20 Jahren kein Problem mehr sein, dass Maturantinnen und Maturanten die Reifeprüfung in ihrer Muttersprache ablegen, auch mündlich. Setzen Sie sich dafür ein, dass es nicht nur eine Dialogplattform und eine Aussprache mit Vertreterinnen und Vertretern der Volksgruppen gibt! Nehmen Sie die Forderungen der Volksgruppenvertreter:innen ernst und setzen Sie deren Forderungen um! Sie können doch nicht zum Ziel haben, in fünf Jahren oder in drei Jahren noch immer hier zu stehen und zu sagen: Wir haben vor acht Jahren die Volksgruppenförderung verdoppelt – dann wird nämlich vielleicht nicht mehr nur ein Viertel des Budgets von der Inflation aufgefressen sein, sondern wesentlich mehr.
Unser Auftrag als österreichisches Parlament ist es, die Rechte der Volksgruppen vollumfänglich zu wahren und ihr Gedeih weiterzuentwickeln. – Hvala lepa. (Beifall bei den Grünen.)
13.28
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminister Plakolm. – Bitte, Frau Bundesminister.