RN/39
13.52
Abgeordnete Mag. Katrin Auer (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Saal und zu Hause! „Wir werden einen gemeinsamen Weg beschreiten, den Weg der unteilbaren Freiheit aller Völker, den Weg der gegenseitigen Achtung, den Weg der Zusammenarbeit am großen Werk des Aufbaues einer neuen, für alle gerechten, freien Welt.“
Herr Kollege Mölzer, ich würde Sie gerne fragen: Kennen Sie dieses Zitat? Kennt sonst jemand hier in diesem Saal dieses Zitat? Ich bin mir sicher, einige kennen dieses Zitat. Es handelt sich um den Mauthausenschwur. Alle von uns, die am Sonntag an der Befreiungsfeier in Mauthausen teilgenommen haben – und es waren sehr viele von uns –, haben dort diesen Schwur wieder gehört.
Am 16. Mai 1945 hat am Appellplatz in Mauthausen die erste Befreiungsfeier stattgefunden, und dann haben sich jedes Jahr im Mai dort die Überlebendenverbände der internationalen Überlebenden in Mauthausen getroffen. Das heißt, das Gedenken war in den ersten Jahrzehnten das Gedenken der Überlebenden und hatte wenig Resonanz in der österreichischen Öffentlichkeit. Erst 1970 mit der Eröffnung des Museums in der Gedenkstätte durch Bundeskanzler Bruno Kreisky begann die öffentliche Aufmerksamkeit zu wachsen.
Ich war selbst 1988 als Schülerin das erste Mal in der Gedenkstätte in Mauthausen, und bei mir hat es einen sehr prägenden Eindruck hinterlassen, der mich bis heute begleitet und meine antifaschistische Grundhaltung sehr geprägt hat. Warum war ich wie so viele andere Schüler und Schülerinnen 1988 in Mauthausen? – Weil es das Gedenkjahr des sogenannten Anschlusses war, der nationalsozialistischen Machtübernahme in Österreich 1938.
In Steyr, meiner Heimatstadt, gab es auch ein Nebenlager des KZ Mauthausen, von dem ich damals als Schülerin noch gar nichts wusste. 1953 hatten französische Überlebende dort ein Mahnmal errichtet, und im Gedenkjahr 1988 wurde das Mauthausen-Komitee Steyr gegründet. Und heuer haben wir in Steyr eine Festwoche der Befreiung veranstaltet. Da hat sieben Tage lang jeden Tag eine andere Festveranstaltung stattgefunden, koordiniert von unserer Koordinierungsstelle im Bürgermeisterbüro.
10. Dezember 1948: An diesem Tag wurde die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet, nämlich unter den Eindrücken des Zweiten Weltkrieges und der Verbrechen des Nationalsozialismus, damals unter der Vorsitzenden Eleanor Roosevelt. Sie war die treibende Kraft bei der Schaffung dieser Charta.
Ich habe noch eine Quizfrage: Kennt jemand dieses Zitat? „Der Friede der Welt kann nicht gewahrt werden ohne schöpferische Anstrengungen, die der Größe der Bedrohung entsprechen. Der Beitrag, den ein organisiertes und lebendiges Europa für die Zivilisation leisten kann, ist unerlässlich für die Aufrechterhaltung friedlicher Beziehungen.“
Dieses Zitat stammt aus der Rede des französischen Außenministers Robert Schuman am 9. Mai 1950 und ist die Grundlage, die Initiative für die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl – als Reaktion auf den Zweiten Weltkrieg und um die Rüstungsindustrie und die Kohle- und Stahlproduktion der einstigen Kriegsgegner Frankreich und Deutschland zu pazifizieren. Seitdem ist der 9. Mai der Europatag, und wir feiern heuer 30 Jahre Beitritt zur EU. Robert Schuman wiederum kämpfte im Zweiten Weltkrieg aufseiten des französischen Widerstandes und wurde von den Nazis gefangen genommen und inhaftiert.
Worauf möchte ich mit diesen Beispielen hinaus? – Es ist ganz, ganz wichtig, dass wir dieser Jubiläen gedenken, und heuer ist nicht das einzige und nicht das letzte Jahr, in dem so viele Jubiläen und Gedenkjahre abgehalten werden können. Es gibt in den nächsten Jahren noch viele weitere Gelegenheiten, die wir auch wahrnehmen müssen und sollen.
Diese Vielfalt und Menge an Veranstaltungen in ganz Österreich soll man auch von offizieller Seite wahrnehmen. Das ist auch ein Zeichen der Wertschätzung gegenüber den zivilgesellschaftlichen Engagements und nicht nur unsere staatliche Verpflichtung. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, und, wie auch Herr Finanzminister Marterbauer heute gesagt hat, wir müssen auch in unsere Demokratie und in unsere Identität investieren und uns mit der eigenen Geschichte und Verantwortung auseinandersetzen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)
Darum wird diese Koordinierungsstelle in der Kunst- und Kultursektion bei unserem Herrn Vizekanzler eingerichtet. Es werden dadurch keine neuen Kosten entstehen, das ist möglich, sondern es werden bestehende Ressourcen, Kompetenzen und Synergien genutzt. Das ist keine Verlegenheitslösung, sondern es ist tatsächlich unsere Verantwortung. Wir bauen auf, wir führen zusammen. Wir investieren in die Zukunft und in unsere Demokratie. Wir übernehmen Verantwortung, gemeinsam, und wir sind die vielen! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und NEOS.)
13.57
Präsident Peter Haubner: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Laurenz Pöttinger. – Bitte, Herr Abgeordneter.