RN/10
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Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Danke, Herr Präsident! Staatssekretärin und Staatssekretär! Geschätzter Herr Finanzminister! Ich möchte mit Ihrem Zitat von gestern beginnen: „Österreich“ – und sofort anschließend beim Kollegen Shetty, können wir einlösen – „ist ein gutes Land.“ – Ist ausgeborgt, aber Sie haben das sicherlich nicht umsonst gesagt, und zwar Bezug habend auf den Wirtschaftsstandort und auf den sozialen Zusammenhalt. Ich halte diese Aussage für zutreffend, und deshalb ist es ja auch unser Anliegen, dass wir für die aufgerufene Zukunft hier auch weiter konstruktiv zusammenarbeiten.
Sie haben die Budgetrede betitelt mit: „Für Zuversicht sorgen.“ Das halte ich für außerordentlich wichtig. Es muss einmal Schluss mit dieser Krankjammerei und Herumsuderei sein. (Abg. Wurm [FPÖ]: Jammerei?!) Wo soll denn das hinführen? Ich finde es nur interessant, dass jetzt in den Reihen der Sozialdemokratie genickt wird, denn – und da ist natürlich der Finanzminister ausgenommen – als wir damals die Maßnahmen gemacht haben, um – da kann man jetzt viel streiten, ich lasse mich gerne darauf ein – die Teuerung auszugleichen und dieses und jenes zu tun, da ist immer der Eindruck erweckt worden: Alles zu wenig! Bloß Einmalzahlungen! – Ja, das Wesen der Einmalzahlungen ist, dass sie längst ausgelaufen sind, sonst würden sie jetzt auch noch weiterlaufen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Herr [SPÖ]: In die Preise hätte man eingreifen müssen!)
Der Punkt ist ja, dass es auch diese Krankjammerei war, die mit zur Krise beigetragen hat. – Aber sei’s drum, ist halt Opposition. Wir werden versuchen, es anders zu machen, deshalb auch Zuversicht. Nur: Diese Geschichte werde ich Ihnen lange nicht durchgehen lassen, wenn Sie, Herr Klubobmann Kucher – gerade ist er nicht da –, so auf die Grünen zeigen. Die Ausgaben des Klimaministeriums, aber auch aller anderen grünen Ministerien waren immer im Budgetrahmen, der hier beschlossen wurde. (Abg. Wurm [FPÖ]: Ha ha!) Sie waren immer im Budgetrahmen. Jetzt beweisen Sie einmal das Gegenteil! (Beifall bei den Grünen.)
Was ich Ihnen aber wirklich in so einer Situation nicht durchgehen lassen kann – und das sollte man anders machen (Zwischenruf des Abg. Scherak [NEOS]) –, ist: Weil Maßnahmen notwendig sind – das sagen wir ja auch, ich werde gleich darauf eingehen –, kann man nicht umgekehrt so tun, bei allen Krisen, als ob die Hälfte der Bevölkerung verhungern würde und die Hälfte, die nicht verhungert, erfrieren würde. – Das war Ihr Text, und das, glaube ich, muss aufhören! Wir werden uns an dem Unsinn nicht beteiligen. (Beifall bei den Grünen.)
Das war unverantwortlich. – Wenn sich der Klubobmann hier so herstellt, kann ich ihm das nicht ersparen.
Jetzt wieder zum Positiven – oder was man anders machen könnte, muss ich natürlich dazusagen –: „Das Richtige tun.“ „Die Staatsfinanzen sanieren.“ – Jetzt haben wir alle Titel der Budgetrede einmal durch. Ja, am Schluss sind die Staatsfinanzen zu sanieren, wenn wir über das Budget reden, das ist schon klar, aber das „Das Richtige tun“ könnte man auch auf die Wirtschaftslage beziehen. Jetzt muss man schon noch einmal in Erinnerung rufen – das wird immer verkehrt dargestellt –: Ja, Österreich steht gut da, haben wir gesagt. Aber ist es gut, bleibt es gut? – Nein! Das sehen wir auch. Sie haben ja auf den ersten Seiten – ich habe es noch einmal nachgelesen – schon ausgeführt, dass wir in einer schwierigen Situation sind, dass das alles andere als einfach ist. (Abg. Wurm [FPÖ]: Eine sehr ... Rede!)
Ich stimme Ihnen völlig zu, und auch die Grünen in einer Regierungsbeteiligung hätten jetzt sparen müssen, na selbstverständlich. Wir werden aber gleich darüber reden, wo und wie. Man muss aber schon einmal die Dinge vom Kopf auf die Füße stellen. Noch einmal: Zuerst war die Wirtschaftskrise. Da kann man streiten: Wo kommt sie her und wie wurde sie bekämpft? Dann waren die Auswirkungen aufs Budget. Das haben Sie auch zutreffend ausgeführt, nur verstehen es hier herinnen nicht alle, deshalb muss ich das wiederholen. Und deshalb - - (Abg. Wurm [FPÖ]: Realitätsverweigerer!) – Ja, gut, von der Seite - - (Abg. Wurm [FPÖ]: Gib’s einmal zu!) – Wer so wenig versteht! Da versteht wieder umgekehrt keiner, dass Sie dauernd zwischenrufen müssen.
Jedenfalls haben wir natürlich gerade auch bei den Bundesländern – nicht, dass die schuld sind, um Gottes willen, das ist wichtig – genau wie beim Bund – vielleicht noch mehr sogar – Abweichungen, weil die Ausgaben gestiegen sind und vor allem die Einnahmen zurückgeblieben sind, aber das ist ja nicht so, weil ein Landeshauptmann oder Herr Finanzminister Brunner was gefladert hat, sondern weil die Wirtschaftsentwicklung so war. Und ja, es ist richtig – Kollege Kucher ist immer noch nicht da –: Man hätte in der Vergangenheit auch anders eingreifen können. Man hätte vielleicht tatsächlich bei den Preisen mehr hingreifen müssen, aber Sie wissen, wie es bei den Kompromissen in der Regierung ist: Es ist nicht immer gleich. Eine Mietpreisbremse hat es im Übrigen damals auch schon gegeben – leider zu spät, das sage ich selbst.
Insgesamt muss man zur Kenntnis nehmen, dass wir die wildesten Krisen überhaupt hatten: Pandemie, Lieferkettenprobleme und vor allem der Angriffskrieg Putins. (Beifall bei den Grünen.)
Und was auch dazu beigetragen hat: dass wir eine Gasabhängigkeit hatten, die so groß ist wie sonst fast nirgendwo. Dazu haben viele hier herinnen beigetragen, nur nicht die NEOS und die Grünen, das muss einmal gesagt werden, wenn man die Dinge wieder geraderückt. (Beifall bei den Grünen.)
Jetzt zur Zukunft: Wir ziehen den Karren aus dem Dreck, sage ich Ihnen an dieser Stelle. Tun Sie das weiter, damit wir endlich aus diesen Abhängigkeiten herauskommen, das wird helfen.
Ja, zu sparen ist sinnvoll, sagen wir. Was ist denn jetzt das Richtige, wenn es heißt: „Das Richtige tun“? Wir könnten sagen: Was sind die großen Themen der Gegenwart? Wie müssten wir sie angehen? – Sozial gerecht, wirtschaftlich vernünftig und ökologisch nachhaltig. Das wird Sie nicht wundern. Es gibt immer wieder Beweise dafür – leider zu viele und nicht zu wenige –, dass man sagen kann: bei dem Budget wird das nicht eingelöst, da ist etwas Unsoziales drinnen – nicht nur, es sind auch brauchbare, gute Maßnahmen enthalten, das sage ich extra dazu, aber oft auch unsoziale –, da und dort sind wirtschaftsfeindliche und insgesamt und vor allem umweltschädliche Maßnahmen drinnen. Das kann ich Ihnen, nämlich jenen, die es hier beschließen, nicht ersparen.
Ich weiß gar nicht, ob ich Sie (in Richtung Bundesminister Marterbauer) so in die Pflicht nehmen kann, Sie haben halt diese Rede gehalten, die aber eh ein bisschen am Budget vorbei war. Das wundert mich nicht, weil es ja grundsätzlich ein blau-schwarzes Budget gewesen ist. Darüber haben Sie ja schon lamentiert. Sie haben also eine Rede gehalten, ein bisschen am Budget vorbei, das jetzt vorliegt, oder umgekehrt formuliert: Das Budget ist nicht das, worüber Sie gesprochen haben. (Beifall bei den Grünen.)
Reden wir einmal darüber! Wenn wir die Valorisierung der Familienleistungen und vor allem der Sozialleistungen aussetzen, könnte man es ja so machen – und ich sage jetzt gleich dazu, wie es auch anders ginge –, dass es die Familieneinkommen – oder Förderungen, wenn man so will, liebe ÖVP –, die höher sind, dass es die, die mehr haben, trifft. Darüber könnte man ja reden. Wir zahlen hohe Beträge, weltweit fast einmalig, im Rahmen der finanziellen Förderung von Familien aus. Vielleicht wäre es gut, mehr Sachleistungen vorzusehen. Wenn ich aber schon hingreife, dann bitte doch nicht so, dass so etwas herauskommt: Je weniger Einkommen eine Familie hat, desto höher – zumindest relativ, öfter auch absolut – ist die Kürzung. Das geht nicht, sorry, das ist unsozial. Beweis erbracht! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Herr [SPÖ]: Wer hat die Erhöhung des Familienbonus beschlossen?)
Und es geht so weiter: Je weniger Einkommen, je mehr Kinder eine Familie hat und je abgelegener sie wohnt, Stichwort Klimabonus, desto höher ist die Kürzung. Das ist in jedem dieser drei Punkte genau verkehrt herum. (Beifall bei den Grünen.) Es geht auch anders!
Zum Thema Abschaffung der kalten Progression, zum Thema soziales Drittel – für die, die uns via Fernsehen zuschauen: es ist sehr kompliziert –, kann ich Ihnen nur sagen: Ja, man kann das dritteln; Sie aber greifen genau dort hin, wo schon der Name verrät, worum es geht. Genau das soziale Drittel wird gekürzt. Auch dort hätte man es umgekehrt machen können – nein, wieder Fehlanzeige, wieder unsozial! – und man hätte noch immer Geld eingespart, und zwar keinen Cent weniger als Sie, das ist mir wichtig. Von mir aus, ich akzeptiere Ihren Budgetpfad, obwohl man das vielleicht auch anders hätte machen können, aber wir würden auch sparen, nur eben so herum.
Das Gleiche gilt natürlich erst recht beim Klimabonus. Der Punkt ist doch: Das, was da erzählt wird, ist ein völliger Schmäh. Im Ergebnis ist das eine Steuererhöhung, die sich gewaschen hat, er ist nämlich ausdrücklich dazu gemacht worden, um die CO2-Bepreisung zu kompensieren. (Abg. Shetty [NEOS]: Der war ja über der CO2-Steuer! Das gibt es ja nicht!) Die Einzigen, die an dieser Stelle glaubwürdig sind, sind die Freiheitlichen, weil die nämlich gar keinen CO2-Preis wollen – so brauchen wir auch keinen Klimabonus, das ist völlig logisch. (Abg. Shetty [NEOS]: Ja, no na!) Das muss ich einmal anmerken.
Jetzt kann man natürlich darüber reden: Dass der zu hoch ausbezahlt worden ist, ist natürlich ein Problem. Deshalb schlagen wir ja vor, dass wir da in den nächsten Jahren so glätten, dass wir über fünf bis zehn Jahre genau das auszahlen, was eingenommen wurde. Dann kann man das auch noch sozial staffeln, indem man das in die Einkommensteuer einberechnet. Es liegen alle Vorschläge auf dem Tisch, man braucht nicht so zu tun.
Im Übrigen ist das eine Steuererhöhung, wenn das 2 Milliarden von den 6 Milliarden Euro, von denen Sie reden, ausmacht. Es ist nämlich genau umgekehrt, einnahmenseitig organisieren Sie zwei Drittel, ausgabenseitig ein Drittel, darstellen tun Sie es genau andersrum. Das ist wirklich unseriös und auch Ihrer nicht würdig. (Beifall bei den Grünen.) Aber gut, da ist man Gefangener der Realpolitik, da kann man ja ein bisschen Verständnis entwickeln.
Mindestpensionist:innen werden stärker getroffen, logisch. Brauchen wir das? Frauen werden stärker getroffen. Warum? – Weil immer, wenn die unteren Einkommensschichten stärker betroffen sind, Frauen stärker betroffen sind, weil sie nämlich weniger verdienen. Deshalb ist es doch völlig logisch, dass das so ausgeht. (Beifall bei den Grünen.)
Ökologie: Dieselprivileg, Dienstwagenprivileg – alles bleibt aufrecht (Abg. Herr [SPÖ]: Hättet ihr es abgeschafft!), Sie hauen sogar noch zusätzliche umweltschädliche Subventionen für Lkws drauf – zusätzliche! –, aber betreffend E-Autos streichen Sie. (Zwischenruf der Abg. Voglauer [Grüne].) In einer Tour geht es so dahin. Das Pendlerpauschale wird nicht sozial organisiert, nein, es bleibt so. Und das müssen Sie sich halt vorrechnen lassen. Das ist im Ergebnis unsozial und unökologisch – beides, wie gesagt – und obendrein wirtschaftsfeindlich. (Beifall bei den Grünen. – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Herr [SPÖ] und Voglauer [Grüne]. – Abg. Wöginger [ÖVP]: Aber der Pendlereuro ist sozial?)
Man hätte ja gleich sagen können: Österreich ist das Land der Diesel-SUVs und des Bodenverbrauchs, nicht das Land der Äcker. Deshalb passt es ja dazu, wenn Sie weiter mit Milliarden Autobahnen betonieren wollen, anstatt das Geld bei den ÖBB anzusiedeln. (Abg. Moitzi [SPÖ]: Stimmt ja gar nicht!) Da wird jetzt gekürzt, und das sind die Diskrepanzen.
Im Ergebnis sehen wir, wenn wir den Transformationsfonds für die Industrie anschauen, dass da Chancen verwirkt werden, weil in der Transformation, in der Modernisierung der Wirtschaft natürlich – jetzt wieder zum Positiven – viele Zukunftschancen stecken. Genau dort aber greifen Sie rein. Es wäre genug Anlass für Optimismus, wenn man es denn richtig angeht: ökologisch, wirtschaftsfreundlich und vor allem sozial gerecht. Da ist etwas drinnen. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.)
Und ein Allerletztes: Für diese großen Reformen brauchen Sie Zweidrittelmehrheiten. Wir vermissen bis heute, dass wir darüber geredet haben. Vielleicht waren Sie ja im Stress. (Ruf bei der ÖVP: Logisch!) Jetzt wird den Gemeinden das Geld so nachgeschmissen, ohne dass es Auflagen gibt, und das ist auch wieder nicht gut. Ich sage Ihnen: Es wird nicht helfen, wenn Sie allein mit den Landeshauptleuten reden, wir werden nämlich hier eine Zweidrittelmehrheit brauchen. Schauen Sie, wie Sie sie kriegen! Das ist wirklich unglaubwürdig: Jeden Tag höre ich von Riesenreformen, es hat aber noch kein einziger Mensch mit uns geredet. Wir werden jetzt auf Sie zugehen und Sie werden uns nicht entkommen – das mit der Absicht der Zuversicht. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen. – Rufe bei den Grünen: Jawohl! Bravo! – Abg. Wöginger [ÖVP]: Wird schon ..., Werner!)
10.06
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Der Herr Bundesminister für Finanzen, den ich samt den beiden Staatssekretären jetzt offiziell in unserer Mitte herzlich begrüßen darf, hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte.