RN/9

15.33

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Partei oder Staat, was steht bei der ÖVP an erster Stelle? – Was für eine Frage, denkt sich Bundeskanzler Christian Stocker, da brauche ich doch nicht extra ins Parlament zu kommen, um das zu beantworten: Das ist doch eines! – Das ist die Haltung der ÖVP: L’ État, c’est moi, der Staat bin ich, der Staat ist die ÖVP. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Staatssekretär Pröll, an Sie habe ich eigentlich nur eine Frage: Haben Sie gröbere innerparteiliche Gegner? Denn die Unterlage, die man Ihnen da jetzt vorbereitet hat, die hätte ich so nicht vorgelegt. Die könnte (erheitert) aus unserer Feder stammen. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ.)

Aber danke, Sie haben sich dazu bekannt: Die Opposition macht parlamentarische Anfragen – was für eine Zumutung für eine Regierung! Die Opposition maßt sich an, einen U-Ausschuss einzusetzen – was für eine Zumutung! Ja dürf’n s’ denn das? – Ja, das steht in unserer Bundesverfassung (Beifall bei der FPÖ Herr Staatssekretär, sehr geehrte ÖVP, so wie Sie das hier vorgetragen haben, hat ja schon gezeigt, welchen Zugang die ÖVP zum Verhältnis Partei, Staat, Verfassung hat –, da drinnen sind diese Rechte vorgesehen.

Sehr geehrte ÖVP, der Staat besteht aus mehr als aus der ÖVP und der Bundesregierung: Es gibt andere Parteien, es gibt das Parlament, es gibt die Opposition, es gibt die Verwaltung, es gibt die Justiz, Medien, und es gibt auch die Bevölkerung. Es gibt das Land. Wie lästig für Sie! Sie können nicht alles unter Kontrolle haben. Sie versuchen es zwar, aber unser Land ist eben sehr vielfältig, und Sie geben uns so viel Grund, hier etwas zu kritisieren, und es gibt so viel Rechtfertigungsbedarf von Ihrer Seite, dass man gar nicht weiß, was man aus diesem riesigen Fundus herausnehmen soll.

Ein gewisser Herr Magnus Brunner – kennen Sie den noch? – war bis vor Kurzem der von der ÖVP gestellte Finanzminister, zuständig, verantwortlich für das größte Budgetdefizit seit 1945. Im Wahlkampf war noch alles in Ordnung: Ein Sparpaket wird nicht notwendig sein. – Vier Tage nach der Wahl: Ja, Österreichs Neuverschuldung ist viel größer, als wir gedacht haben! (Abg. Bogner-Strauß [ÖVP]: Bei wie vielen Milliarden habt ihr mitgestimmt?) – Und nun erfahren wir Stück für Stück, dass das ganze Geld der Österreicher von der vergangenen Bundesregierung mit Zustimmung von SPÖ und NEOS verjubelt wurde: größtes Defizit seit 1945; das einzige EU-Land mit negativem Wirtschaftswachstum. (Ruf bei der FPÖ: Bravo!)

Man würde nun glauben, dass sich Herr Brunner im Stillen zurückzieht, aber nein, das gilt nicht für einen ÖVPler: Die Partei geht vor. Er steigt auf in die EU-Kommission: keine Qualifikation dafür – doppeltes Gehalt. (Beifall bei der FPÖ.)

Was macht sein Parteigenosse Karl Nehammer? Kennen Sie den noch? Im Wahlkampf: Aber nein, kein Sparpaket! Er ist der große Problemlöser. Wir wissen auch, wofür er verantwortlich ist. Kehrt er in aller Stille in seinen Stammberuf zurück? Was war das noch? – Kommunikationscoach. – Nein, er geht ins Direktorium der Europäischen Investitionsbank, wird dort mit Milliarden jonglieren. Das bewährte Muster: keine Qualifikation, dafür ein großes Wirtschaftswachstum bei seinem Gehalt. (Beifall bei der FPÖ.)

Wer nun denken würde, die ÖVP besitzt keinen Humor, liegt falsch: Sie besitzt ihn in großem Ausmaß. Das zeigt sie im Umgang mit den gesetzlich vorgesehenen höchsten Auszeichnungen, den Orden der Republik Österreich, die sich ihre Mitglieder nämlich gegenseitig umhängen. 

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie werden davon in den Medien nichts gelesen haben, das war nämlich seltsamerweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit im kleinen Kreis: Verteidigungsministerin Klaudia Tanner hängte vor zwei Monaten einem gewissen Herrn Karl Nehammer die höchste Auszeichnung des Bundesheeres um. Sie meint: Kaum jemand hat je so viel für das Bundesheer getan wie Karl Nehammer. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Sagen Sie das bitte dem Bundesheer, ich glaube, dem ist das nicht aufgefallen; aber es ist so!

Der Bundespräsident hängte Magnus Brunner – ja, genau dem mit dem größten Budgetdefizit seit 1945! – das Goldene Ehrenzeichen für besondere Verdienste um die Republik Österreich um (Abg. Wurm [FPÖ]: ...bagage!); wegen des besonders hohen Defizits wahrscheinlich. Und, Frau Edtstadler, weil Sie hier sitzen: Ja wo ist es denn, das Goldene Ehrenabzeichen? Sie haben es auch bekommen, konnte ich irgendwo lesen. Es gibt nur leider kein Posting, kein Foto dazu. Aber wir wissen, Sie haben es verdient. (Zwischenruf des Abg. Steiner [FPÖ].) Sie haben sich die letzten Jahre für unsere Grundrechte zerfetzt: Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit – Sie haben sich da hineingeschmissen und haben das alles verteidigt und gerettet. (Beifall bei der FPÖ.)

Auch Frau Raab, Herr Karner, Herr Schallenberg, vielleicht können Sie uns dann sagen, wer das noch aller bekommen hat.

Eine Leserbriefschreiberin hat dazu gesagt: Das ist doch Satire, oder? (Zwischenrufe der Abgeordneten Wurm [FPÖ] und Bogner-Strauß [ÖVP]. Nein, liebe Dame, ich muss Ihnen sagen: Das ist die Österreichische Volkspartei in Reinkultur: An erster Stelle kommt die Partei und dann lange, lange, lange nichts. (Beifall bei der FPÖ.)

15.39

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Marchetti. Eingemeldete Redezeit: 8 Minuten. (Abg. Wurm [FPÖ]: Ich bekomme noch eine Entschuldigung! – Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Jetzt entschuldigen ...!)