RN/15
16.11
Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Abraham Lincoln – der Name wird dem einen oder anderen von Ihnen vielleicht etwas sagen –, einem der Vorvorgänger eines gewissen Donald Trump, wird ein Satz zugeschrieben, den die meisten von Ihnen wahrscheinlich auch schon einmal gehört haben. (Abg. Erasim [SPÖ]: Der dreht sich gerade im Grab um!) Dieser Satz lautet: Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, dann gib ihm Macht! (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP sowie Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten von SPÖ, NEOS und Grünen.)
Das, was Abraham Lincoln damit zum Ausdruck bringen wollte, ist, dass der Umgang mit Macht (Abg. Erasim [SPÖ]: Ibiza!), der Umgang mit den Möglichkeiten, die Macht bietet, das wahre Innere und den wahren Charakter einer Person zum Vorschein bringt. (Abg. Erasim [SPÖ]: Ich erinnere an Ibiza!) Das ist die Frage, die es zu beantworten gilt, meine Damen und Herren: Wie hast du es mit der Macht? (Beifall bei der FPÖ.)
Setzt du die Macht dafür ein, um etwas Gutes zu bewirken (Abg. Bogner-Strauß [ÖVP]: An wen genau ist diese Frage gerichtet? – Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Macht nix, wenn man einen Fehler macht!), für die eigene Bevölkerung, für die Demokratie, für das Allgemeinwohl, oder missbrauchst du diese Macht, indem du dir eigene Vorteile organisierst (Ruf bei der ÖVP: Eine rechtswidrige Hausdurchsuchung!), zulasten und auf Kosten der anderen, indem du andere schädigst, um deine Position stärker zu machen?
Wie es wirklich ist, zeigt sich ja nicht bei dem, was gesprochen wird, sondern in der Tat; und das, was Abraham Lincoln da gemeint hat, für Personen, für jeden Einzelnen von uns, gilt auch für Organisationen. Damit bin ich bei Ihnen (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Na endlich!), meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei. Das gilt auch für Parteien, und ich glaube, es ist unbestritten, dass eine Regierungsfunktion oder das Innehaben von mehreren Regierungsfunktionen, das Innehaben von Ministerien mit diesen riesengroßen Machtapparaten, das Innehaben des Kanzleramtes, die Vernetzung dieser Institutionen mit anderen politischen Entscheidungsträgern über das ganze Land hinweg – und das alles über einen sehr, sehr, sehr langen Zeitraum (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: ... Überweisung für die Therapieeinheit!) – eine sehr, sehr große Machtfülle bedeutet. Oder wollen Sie das vielleicht bestreiten?
Und bei einer so großen Machtfülle, meine Damen und Herren von der ÖVP, über einen so langen Zeitraum in einem abgeschlossenen System, das man sich so richtet, dass niemand von außen hineinschauen kann, dass auch von außen niemand hineinkommt, sind wir dann beim Deep State. Das ist doch etwas, bei dem die Versuchung ganz, ganz groß ist – ich möchte es jetzt einmal vorsichtig formulieren –, nicht sauber mit dieser Macht umzugehen. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren von der Volkspartei, Ihnen muss das doch bekannt sein, es ist doch Teil Ihrer DNA: eine christliche Partei zu sein. Im Kern des christlichen Glaubens steht das Vaterunser, und in diesem Vaterunser gibt es eine zentrale Passage, die lautet: Und führe uns nicht in Versuchung! – Wir werden jetzt in diesem Untersuchungsausschuss überprüfen (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Ihr werdet gar nichts!), ob Sie sich in Versuchung haben führen lassen oder nicht. Ich glaube, die Antwort kennt ganz Österreich. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich habe von Macht gesprochen. Verstehen Sie mich nicht falsch: Macht braucht es in der Politik, das Problem der Politik ist oft, dass sie viel zu ohnmächtig agiert. Es braucht die Macht, und es braucht selbstverständlich auch eine Regierung – ja, das braucht es auch. Eines aber dürfen Sie dabei nicht vergessen, und das, glaube ich, ist Ihnen nicht vollkommen bewusst: dass nämlich in einem demokratischen Rechtsstaat die Regierungsmacht es sich gefallen lassen muss – muss und nicht kann; muss! –, kontrolliert zu werden, und zwar – jetzt kommt’s, womit Sie nicht umgehen können – nicht durch sich selber, wie Sie es gern hätten, sondern durch die Opposition. Das ist ein demokratisches Qualitätskriterium! (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Marchetti [ÖVP]: Warum kommen Sie nicht in den U-Ausschuss, wenn’s so wichtig ist?)
Für diese Kontrolle gibt es eine Fülle von Möglichkeiten: Da gibt es eine Sondersitzung der Opposition, wie wir sie heute durchführen; es gibt die Möglichkeit, Dringliche Anfragen zu stellen, Misstrauensanträge einzubringen (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer [ÖVP]), eine Ministeranklage einzubringen, parlamentarische Anfragen oder eben auch einen Untersuchungsausschuss als oppositionelles Kontrollinstrument.
In den letzten Wochen, in den letzten Tagen wurde von Vertretern der ÖVP natürlich in ihre Medienkanäle hinausventiliert – in jene Medien, die Sie angefüttert, gefügig gemacht haben, die Sie sich für ihre Haus- und Hofberichterstattung halten –, die FPÖ gefährde die österreichische Verwaltung: Wir wollen die Verwaltung lahmlegen; die Kosten explodieren, weil wir es gewagt haben, im Interesse der Bevölkerung (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Aha!), die ein Recht auf Aufklärung hat, in all das hineinzuschauen (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Mit der künstlichen Intelligenz schaut ihr, ja!), was Sie unter dem Titel Coronamaßnahmenpolitik angerichtet haben, wodurch so viele Schäden angerichtet worden sind, wodurch so viel Leid in diesem Land erzeugt worden ist, was bis heute eine klaffende Wunde ist! (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Bei dir, ja!) – Meine Damen und Herren, wenn Sie das behaupten, dann zeigt das und dann ist das für uns nur eine Bestätigung, dass Sie den demokratischen Mechanismus nicht verstanden haben (Beifall bei der FPÖ); dass Sie nicht verstanden haben, dass der demokratische Mechanismus in einem Wechselspiel aus Macht und Kontrolle besteht, dass er darin besteht, dass es zu einem Gewicht ein entsprechendes Gegengewicht gibt. Dann haben Sie es nicht verstanden, dann wollen Sie es nicht hören, oder Sie sind demokratisch schon so weit degeneriert (Abg. Disoski [Grüne]: Hallo?!), dass Sie das überhaupt nicht mehr zur Kenntnis nehmen.
Das ist für uns der Beweis dafür, dass es diesen Ausschuss braucht. Jawohl, Sie selber liefern mit Ihrem autoritären Zugang, mit dieser autoritären Denkart – etwas anderes ist es nicht, wenn Sie hier Oppositionsinstrumente verunglimpfen – den Beweis dafür, dass es diese Kontrollinstrumente ganz, ganz dringend braucht. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Kogler [Grüne]: Ihre Haberer sind ja ein einziger autoritärer Haufen! – Abg. Bogner-Strauß [ÖVP]: ... er am Berg war statt im Ausschuss?)
Ihr Modell: Bitte gehen Sie weiter, es gibt nichts zu sehen! Die ÖVP stellt sich selbst den Persilschein aus. – Das ist das, was Sie sich vielleicht in Ihrer Parteiorganisation selber so richten können (Abg. Bogner-Strauß [ÖVP]: Sie haben dieses Kontrollinstrument missachtet!), aber das ist nicht das, was die Bevölkerung draußen erwartet, und wir werden hier der demokratischen Auskunftspflicht, der Sie nachzukommen haben, entsprechend Nachdruck verleihen. (Abg. Egger [ÖVP]: Warum sind Sie nicht gekommen?)
Meine Damen und Herren, eines sage ich Ihnen noch dazu: Heute kommen wir mit dem U-Ausschuss, haben das Verlangen eingebracht – heute –; und bevor dieser Untersuchungsausschuss auch nur eine Minute getagt hat, auch nur einen einzigen Antrag gestellt hat, auch nur einen einzigen Zeugen geladen hat, brechen Sie schon den Stab über diesen Untersuchungsausschuss. (Abg. Egger [ÖVP]: Ja, weil er so schlecht ist!) Da haben wir heute vonseiten der Regierungsbank gehört – das ist ja ein Wahnsinn – und von Vertretern der ÖVP ohnehin, das sei eine riesige Steuergeldverschwendung. – Herr Staatssekretär, bitte, geht’s noch? Der Volkspartei rinnt die Milliardenschuldenbutter ja nur so vom Kopf herunter – Sie haben es gerade notwendig, von Steuergeld zu reden! (Beifall bei der FPÖ.) Geht’s noch?!
Bevor hier noch eine Minute an Arbeit an den Tag gelegt wurde, kommen Sie daher – ich habe das vor zwei Tagen in den „Salzburger Nachrichten“ gelesen – und sagen: Die FPÖ will mit dem Untersuchungsausschuss das innenpolitische Klima vergiften! – Ui, Ui! Achtung! Das Stereotyp des Brunnenvergifters wird zur Anwendung gebracht, wenn es um Aufklärung geht. (Abg. Bogner-Strauß [ÖVP]: Wieso waren dann Sie nicht dort? Beantworten Sie das!) Nein, wir wollen überhaupt nichts vergiften. Wir wollen entgiften, dekontaminieren, das ist unser Auftrag. (Beifall bei der FPÖ.)
Und Sie werfen der FPÖ „Verschwörungstheorien“ vor, auch vonseiten der Regierungsbank, und tragen dabei selber einen Aluhut, Herr Staatssekretär! – Ich weiß nicht, Sie sollten den Mitarbeiter hinausschmeißen, der Ihnen diese Rede geschrieben hat. (Abg. Egger [ÖVP]: Ihre ist viel besser! – Zwischenruf des Abg. Stögmüller [Grüne].) In Ihren Medien verbreiten Sie das, in den Medien, die Sie anfüttern, die Sie sich gefügig halten, über viele Jahre. Das ist im Übrigen das, was internationale Experten als strukturelle Korruption bezeichnen. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren zu Hause – das ist mir wichtig, denn bei Ihnen (in Richtung Plenum) geht es eh ins Leere; aber an die Damen und Herren zu Hause –, ich möchte Sie auf etwas aufmerksam machen: Schauen Sie genau hin und hören Sie genau hin! Achten Sie auf dieses Verhaltensmuster (Abg. Michael Hammer [ÖVP]: Verhaltenskreativ!), auf diese Argumentationslinie, die hier vor allem vonseiten der ÖVP an den Tag gelegt wird, weil das brandgefährlich ist. Die Einheitspartei, und allen voran die Österreichische Volkspartei, die aus meiner Sicht viel zu lange in diesem Land regiert – viel zu lange (Beifall bei der FPÖ); ein Rotationssystem, ein bisserl ein Wechsel wäre einmal angebracht –, diese Volkspartei, allen voran, setzt sich, ihre Minister, ihren Kanzler, mit dem Staat, mit der Republik Österreich gleich. Der Staat, das sind wir! – Und wenn man fragt: Na bitte, ist das wirklich so?, dann bekommt man als Antwort: Doch, denn das war immer so!
Ich habe diese Mentalität ja in den Verhandlungen selbst erlebt (Ruf bei der ÖVP: Bist du dabei gewesen? – Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP), und das ist ja auch das, was hinter den Behauptungen steckt, dass man selbstverständlich die Verkörperung – nach Ihrer Eigendefinition – von Regierungsfähigkeit ist. Sie exklusiv – selbstverständlich –, Sie verkörpern Regierungsfähigkeit (Abg. Kassegger [FPÖ]: Was haben die aus unserem Land gemacht?) und Sie verkörpern staatstragendes Verhalten. (Ruf bei der ÖVP: Der Will-nicht-Kanzler kann’s nicht!) Das ist genau diese Gleichsetzung, und das ist der erste und fundamentale Fehler, den Sie machen, die falscheste aller falschen Voraussetzungen: dieses pervertierte Selbstverständnis, dieses pseudodemokratische Gehabe.
Wenn man dann in Ihrer pervertierten Machtlogik weiterdenkt, dann ergibt sich daraus ja Folgendes: Wenn man es wagt, die ÖVP anzugreifen, zu kontrollieren, zu prüfen, ein bisserl nachzuschauen, dann verunglimpft man den Staat – denn der Staat, das ist ja die ÖVP –, dann gefährdet man den Staat, dann schädigt man den Staat, dann schädigt man den Steuerzahler. Und wer den Staat schädigt – so geht es dann in dieser Logik weiter –, der gefährdet die Demokratie; und wer die Demokratie gefährdet, den muss man eliminieren. – So denken Sie, aber wir spielen da nicht mit, und Österreich hat Sie längst durchschaut! (Beifall bei der FPÖ.)
16.21
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Gödl. Eingemeldete Redezeit: 6 Minuten. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Der Pröll braucht die Rede heute nicht posten! Das machen wir, weil sie so peinlich war!)