RN/4

9.07

Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema dieser Aktuellen Stunde ist das Thema Integration, und ich sage, Integration ist eine der größten innenpolitischen Herausforderungen unserer Zeit und somit auch für die Politik. Es ist ganz wichtig, zu sagen, dass, wer bei uns bleiben will, auch ein Teil der Gesellschaft werden muss (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Shetty [NEOS]) – nicht kann, sondern muss –, und es ist eine Verantwortung, die wir wahrnehmen müssen, dass wir auch Konsequenz einfordern, dass man eben sagt: Integration ist nicht etwas, das man machen kann, sondern etwas, das man machen muss und das die Gesellschaft, die Politik und das Land von einem erwarten, wenn man hier legal einreist. (Beifall bei der ÖVP.)

Für mich war das Thema auch etwas, das mich politisch überhaupt einmal motiviert hat. (Abg. Belakowitsch [FPÖ] – erheitert –: Und dann sind Sie zur ÖVP gegangen? – Ruf bei der FPÖ: Fehlentscheidung!) Als ich damals in Favoriten in die Volksschule gegangen bin, hat es auch schon nicht funktioniert. Auch damals gab es schon Probleme mit der Integration, da gab es kulturelle Konflikte in den Klassen (Abg. Kickl [FPÖ]: Dann hättets halt nicht jahrzehntelang den Haider verteufelt!), und ich habe einfach gesehen und gemerkt: Da muss man etwas tun (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Und wann werdet ihr das machen?), und zwar nicht die Probleme schönreden, wie es die Linken machen, und auch nicht nur schreien und nichts besser machen, wie es die Rechten machen, sondern da braucht es solides Handwerk (Ruf bei der FPÖ: Solides Handwerk?! – Heiterkeit der Abg. Belakowitsch [FPÖ]), da braucht es gute Konzepte und da braucht es Lösungen, damit es auch wirklich in den Klassenzimmern, in den Parks besser wird, und das ist ja auch unser Anspruch als Volkspartei. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Und das Ergebnis sehen Sie dann jeden Tag!)

Gerade in den Städten, gerade in kommunalen Einrichtungen ist leider vieles nicht besser geworden, denn zum Beispiel in Wien, in meiner Heimatstadt, ist es so, dass die Hälfte der Erstklässler, die eingeschult werden, nicht Deutsch können (Abg. Kickl [FPÖ]: Die ÖVP ist eindrucksvoll bestätigt worden in Wien!), und dabei waren 80 Prozent von ihnen zwei Jahre lang im Kindergarten und 60 Prozent von ihnen sind sogar in Österreich geboren. Und da muss ich sagen: Egal, wer wo, auf welcher Ebene dafür Verantwortung trägt (Abg. Wurm [FPÖ]: Na, ihr seid verantwortlich! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wer ist denn Innenminister?) – im Kindergarten vor allem natürlich auch die kommunale Ebene –, wir alle können mit diesem Ergebnis nicht zufrieden sein, deswegen würde ich mir einfach wünschen, dass wir in aller Seriosität und auch in aller Exaktheit schauen, wer auf welcher Ebene etwas tun kann, damit es besser wird. (Abg. Schartel [FPÖ]: Niemanden mehr hereinlassen!) So können zum Beispiel in meinem Heimatbezirk Favoriten 63,1 Prozent der Erstklässler nicht Deutsch. Das kann einfach nicht so bleiben, und wir alle müssen uns gemeinsam in einer Kraftanstrengung dagegen wehren und etwas besser machen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben dazu im Regierungsprogramm wirklich vieles paktiert, mit SPÖ und NEOS, die ja in Wien Verantwortung getragen haben. Das finde ich positiv. Ich finde es positiv, dass jetzt die Verantwortungsträger in Wien und die Bundesregierung gemeinsam an einem Strang ziehen und sagen: Im Integrationsbereich gibt es viel zu tun, und wir machen es auch und wir haben auch Konzepte dafür!

Wir haben zum Beispiel paktiert, dass wir – der Bildungsminister hat es schon gesagt – Konsequenzen auch für Eltern einführen werden, die sich nicht am Schulerfolg der Kinder beteiligen, und zwar mit Verwaltungsstrafen, mit klaren Regeln, mit Konsequenz. Das ist ein sehr guter Schritt, von der Bundesregierung gemeinsam paktiert und jetzt auch in Umsetzung. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Shetty [NEOS].)

Es geht auch darum, was unsere Integrationsministerin Claudia Plakolm immer sagt, nämlich dass wir auch klar definieren: Was sind unsere Werte in Österreich? 

Ja, manche machen sich in den Kommentaren immer ein bisschen über das Kopftuchverbot für kleine Mädchen lustig, aber ich sage euch, das ist eine ganz, ganz wichtige Normsetzung für die Gesellschaft (Abg. Wurm [FPÖ]: Da kommt ihr aber auch spät drauf!), dass es heißt, dass man kleine Kinder, kleine Mädchen nicht einschränkt. Sogar die IGGÖ, die offizielle Vertretung des Islam in Österreich, sagt, dass vor der Geschlechtsreife kein Kopftuch zu tragen ist. Das ist Extremismus, wenn das vorher passiert. (Abg. Wurm [FPÖ]: ... vor der Geschlechtsreife, schon eine Frechheit!) Wir müssen klar sagen – das sagt auch unsere Integrationsministerin –: Extremismus hat in unserer Gesellschaft überhaupt keinen Platz – überhaupt keinen Platz! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der NEOS.)

Da geht es eben nicht darum, wie viele Mädchen es konkret betrifft, denn jedes einzelne ist zu viel. Die Normsetzung, dass wir sagen, was in Ordnung ist, was unsere Werte sind und was nicht, ist an sich ein Wert, ist etwas Wichtiges, das wir tun müssen. Deswegen ist auch das Verbot des Kinderkopftuchs ein wesentlicher Punkt in dieser Strategie.

Es geht auch darum, dass wir sagen, Deutsch ist ein wesentliches Element, um sich erfolgreich in die Gesellschaft zu integrieren. Es ist das Sozialste, das man für Zugewanderte machen kann, dass man ihnen sagt, man gibt ihnen Angebote, dass sie Deutsch lernen, und das auch einfordert, weil es gut für sie ist.

Was macht ein Kind, das nicht Deutsch kann? (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Es redet Arabisch!) Es hat keinen nennenswerten Schulerfolg, weil in der Schule Deutsch gesprochen wird und es dem Unterricht nicht folgen kann. Was macht ein Kind, das nicht Deutsch kann, später am Arbeitsmarkt? Man braucht für Jobs mit Umgangssprache Deutsch natürlich sprachliche Skills, damit man am Arbeitsmarkt erfolgreich ist. Man braucht Deutsch, um selbstbestimmt Behördenwege zu machen (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Geh, in Wien nimmer!) und sich auch da ein selbstbestimmtes Leben zurechtzumachen.

Das ist nicht einfach nur vonseiten der Gesellschaft einzufordern, sondern es ist auch für die Betroffenen gut. Was haben wir davon, wenn es Lost Generations gibt, die sich nicht in den Arbeitsmarkt integrieren können, die wir quasi fürs AMS ausbilden und nicht für den Arbeitsmarkt? Was haben die davon, was haben wir als Gesellschaft davon?

Wir müssen uns gemeinsam – aus Sicht der Betroffenen und aus Sicht der Gesellschaft – mit vollster Vehemenz dafür einsetzen, dass jedes Kind, das in Österreich geboren ist, das in Österreich in den Kindergarten gegangen ist, auch wirklich Deutsch lernt, um sich selbst erfolgreich in die Gesellschaft integrieren zu können. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Shetty [NEOS]. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Eine mitreißende Rede!)

Noch einmal kurz zurück zum Extremismus, weil wir auch dazu – zum religiösen Extremismus – etwas im Regierungsprogramm paktiert haben, bei dem sich Integrationsministerin Claudia Plakolm, die auch für Kultus zuständig ist, für die Umsetzung verantwortlich zeigt: 

Es gibt einfach auch religiöse, islamische Tendenzen an den Schulen, in den Moscheen und an vielen anderen Orten. Ich sage, die Schule muss ein Ort sein, an dem Extremismus in keinster Weise, vor allem auch nicht im Religionsunterricht, Platz hat. Deswegen haben wir im Regierungsprogramm paktiert, dass abseits der Religionsgemeinschaften, die kontrollieren, was im Lehrplan steht und wie das von der Ausbildung der Religionspädagoginnen und -pädagogen bis hin zur Qualitätskontrolle vonstattengeht, zusätzlich eine – nicht von Religionsgemeinschaften gestellte – Instanz für die Qualitätskontrolle eingesetzt wird, die bei allen Religionsgemeinschaften, insbesondere bei der islamischen Religionsgemeinschaft, darauf schaut, dass alle verfassungsrechtlichen Erfordernisse – und damit sind auch die Grundwerte Österreichs gemeint – in all diesen Prozessen eine Rolle spielen. 

Es kann nicht sein, dass in irgendwelchen Religionsunterrichten in Schulen etwas nicht passt, dass es in den Moscheen, in denen es auch Unterricht gibt, irgendetwas gibt, das die österreichische Staatsordnung infrage stellt, das die Gleichberechtigung von Mann und Frau infrage stellt, das all das, was uns heilig und wichtig ist, nicht berücksichtigt oder unterminiert wird. Das wollen wir nicht. Das werden wir mit dieser Maßnahme auch ganz gezielt bekämpfen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Shetty [NEOS].)

Das Ziel von all diesen Maßnahmen – ich sage es noch einmal – ist ein sehr konstruktives: Wir wollen einfordern, dass sich die Leute integrieren, weil es wichtig für die Gesellschaft ist, weil es wichtig für unser Land ist und weil es auch für die Betroffenen wichtig ist. Das ist eben der Punkt, der uns zum Beispiel von der Freiheitlichen Partei unterscheidet. 

Die Freiheitliche Partei möchte ja nicht, dass jemand, der hier ist, der sich anstrengt, auch in dieser Gesellschaft akzeptiert wird. (Abg. Stefan [FPÖ]: Deswegen wählen sie uns ja!) Da sind ja pauschal alle schlecht. Das ist auch keine sinnvolle Strategie. (Abg. Stefan [FPÖ]: Deswegen wählen sie uns ja! – Zwischenruf des Abg. Wurm [FPÖ].) Wenn es nicht erstrebenswert ist (Abg. Stefan [FPÖ]: Und zwar überproportional, im Gegensatz zur ÖVP!), weil man nicht Teil dieser Gesellschaft ist (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wie war denn eigentlich das Ergebnis in Favoriten?), weil man nicht voll in dieser Gesellschaft akzeptiert ist (Abg. Stefan [FPÖ]: Es wählen uns die Zuwanderer, die hier schon Leistungen erbringen!), wenn man sich anstrengt und wenn man sich an die Regeln hält, warum sollte man es dann tun? Das ist ja das Ziel der Anstrengung.

Wir als Volkspartei sagen (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Die ÖVP Favoriten hat 9 Prozent erreicht! Faktencheck!): Wenn man sich an die Regeln hält, wenn man sich anstrengt, dann kann man auch ein Teil dieser Gesellschaft werden, und zwar ein voll akzeptierter. – Das unterscheidet die Volkspartei von der Freiheitlichen Partei, das muss man in diesem Zusammenhang hervorstreichen. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Belakowitsch [FPÖ]: ... wieder zugetragen bei der Wienwahl! – Abg. Stefan [FPÖ]: Haben Sie sich mal angesehen, wie die Wahlergebnisse sind?) 

Wir glauben, dass wir jetzt – die Bundesregierung gemeinsam: SPÖ, NEOS und Volkspartei (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Glauben könnts in der Kirche! – Abg. Steiner [FPÖ]: Glauben heißt nicht wissen!) – gute Rezepte haben, viele Dinge im Regierungsprogramm paktiert haben, die es möglich machen, dass Integration in Österreich besser funktioniert. Wir werden aber auch die Länder brauchen, wir werden auch die Kommunen brauchen, damit wirklich alle Zahnräder ineinander greifen (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ihr seid alle super!), damit in der Integrationspolitik wirklich massiv etwas weitergeht. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Die Einheitspartei wird das schaffen!) 

Das ist unser Anspruch als Bundesregierung. Das ist der Anspruch unserer Integrationsministerin Claudia Plakolm. Das sollte auch unserer sein, als Abgeordnete in diesem Haus. Ich hoffe, dass wir da in den nächsten fünf Jahren viel erreichen werden. Es wäre gut für unser Land. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der NEOS.)

9.17

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Für eine einleitende Stellungnahme hat sich Frau Bundesministerin für Europa, Integration und Familie Claudia Plakolm zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr. Auch ihre Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten.