RN/9

9.45

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Vielen Dank, Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuseherinnen, sehr geehrte Zuseher! Ja, wir freuen uns auch darüber, dass wir heute zu Beginn dieser Plenarsitzung über das Thema Integrationspolitik sprechen. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiges Thema, darauf können wir uns einigen. Bei den Lösungen, glaube ich, sind wir dann durchaus unterschiedlicher Auffassung, aber das ist ja in Ordnung.

Wir haben sehr viel über die Probleme gesprochen. Ich finde das – das möchte ich ausdrücklich sagen – auch wirklich wichtig und finde es gleichzeitig bedauerlich, dass es, wenn wir hier über die Integrationspolitik reden, was wir in den vergangenen Monaten ja oft getan haben, immer noch politische Parteien gibt, die allein schon die Probleme negieren, also dass wir nicht einmal da einen Konsens zustande bekommen. Das ist deswegen bedauerlich, weil die Fakten doch auf dem Tisch liegen; auf so viel kann man sich doch ohne ideologische Brille einigen! (Beifall des Abg. Wurm [FPÖ].) Wenn 90 Prozent der Kids in vielen Wiener Schulen nicht Deutsch können, ist das kein Problem? (Abg. Maurer [Grüne]: Liebe Grüße an Christoph Wiederkehr!) Wenn 50 Prozent der jungen Syrer und Afghanen Homosexualität abnormal finden, ist das kein Problem? (Abg. Wurm [FPÖ]: Yannick, da hast du recht!) Und wenn immer mehr Lehrer berichten, dass sie Angst vor Sittenwächtern in ihren Schulklassen haben, ist das kein Problem? – Ich glaube schon.

In einer aktuellen langen Recherche der „Süddeutschen Zeitung“ – ich weiß nicht, wer es gelesen hat – über einen Lehrer in Berlin, im Stadtteil Moabit, beschreibt dieser darin, wie er sich vor zwei Jahren in seiner Schulklasse geoutet hat und seitdem von den Schülerinnen, von den Schülern systematisch gemobbt wird. Wenn er dort Sätze von den Schülern hört wie: „Schwuler, geh weg von hier. Der Islam ist hier der Chef“, dann ist das doch ein Problem, und es wäre naiv, zu glauben, wir hätten diese Probleme nicht auch in Österreich. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Lindner [SPÖ].)

Lassen Sie mich deswegen auch zu Beginn, bevor wir auf die Lösungen zu sprechen kommen, klar sagen: Wer bei diesem Thema wegschaut und es kleinredet, wenn europäische Grundwerte Stück für Stück abgebaut werden (Abg. Stefan [FPÖ]: Kann man die noch ändern, diese Burschen?), der macht sich zum politischen Erfüllungsgehilfen derer, die diese Probleme verursachen, und damit muss Schluss sein, auch in Österreich. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ja was machen Sie jetzt mit diesen Schülern? – Abg. Stefan [FPÖ]: Denen muss man jetzt sagen, dass sie nicht so denken sollen! Dann wird’s funktionieren!)

Das, was bei den einen an Problembewusstsein zu wenig da ist, ist auf der anderen Seite aber ein bisschen zu viel. Ich habe das Gefühl, manche Politiker, gerade der Freiheitlichen Partei, leben ja regelrecht in der Problembeschreibung. (Widerspruch bei der FPÖ.) Sie kommen gar nimmer raus. Aber schauen wir einmal, vielleicht wird es ja besser, wenn sich Kollege Steiner dann zu Wort meldet (Heiterkeit des Redners), die Hoffnung hält sich in Grenzen, aber wir warten einmal ab. (Abg. Steiner [FPÖ]: Lassen Sie sich überraschen!)

Ich bin stolz, wirklich stolz, dass wir in diesem Regierungsprogramm das erste Mal, seitdem das Thema Integration auf der politischen Bühne ist, beides miteinander verbinden: ganz klare Worte bei der Problembeschreibung finden, aber auch ganz klare Lösungen auf den Tisch legen, denn darum geht es, und das fehlt mir bei Ihnen leider ständig. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Insbesondere im Bildungsbereich reden wir nicht nur darüber, was wir im Regierungsprogramm festgehalten haben, sondern ich kann heute darüber sprechen, was wir schon umgesetzt haben, denn seit dem ersten Tag hat Bildungsminister Christoph Wiederkehr die Aufholjagd in der Integration und in der Bildungspolitik gestartet. Erstens: Wir haben trotz Einsparungsmaßnahmen ein Rekordbudget, ein noch nie da gewesenes Budget, im Bildungsbereich umgesetzt. Zweitens: Wir haben eine Deutschförderoffensive gestartet, die so dringend notwendig, die so überfällig ist. Und drittens: Wir haben jetzt schon die Orientierungsklassen auf den Weg gebracht, die genau dafür sorgen werden, dass junge Schülerinnen und Schüler, Kids, die aus Flüchtlingslagern kommen, die noch keinen Tag in einer europäischen Schule gesessen sind, dort Werte, Orientierung und Deutsch erfahren. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Super! Super!)

Schauen Sie, Frau Belakowitsch sitzt in der ersten Reihe, zynisch, mit verschränkten Händen: „Super!“ – Ja, Frau Belakowitsch, das ist super, wenn man Probleme löst. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Was haben Sie umgesetzt? Was ist jetzt besser? Nichts funktioniert besser!) Ich weiß, das leuchtet Ihnen nicht ein. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.) Sie leben von den Problemen. Sind die Probleme groß, sind die Wahlergebnisse gut, und deswegen haben Sie in Ihrer Regierungsbeteiligung alles zusammengestutzt und zusammengekürzt, was Integration verbessert hätte. Das ist die Wahrheit, Frau Belakowitsch! (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und SPÖ. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Sie stutzen alles zusammen bei den eigenen Familien!)

Für diese Regierung fußt Integration auf drei Säulen: 

Erstens: Deutsch ist der Schlüssel für gelungene Integration, deshalb stärken wir den Kindergarten, deswegen setzen wir ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr um (Abg. Mölzer [FPÖ]: So wie in Wien! Hat super funktioniert mit Wiederkehr in Wien!) und deswegen sorgen wir für einen Chancenbonus in Brennpunktschulen. (Abg. Kickl [FPÖ]: Es ist alles naiv!)

Zweitens: Unsere Werte sind unverhandelbar. Antisemitismus, Frauenverachtung, Homophobie (Abg. Kickl [FPÖ]: Apropos: Was ist mit dem JJ?) – da gibt es schon genügend politische Kräfte in Österreich, die das vorantreiben, das müssen wir nicht auch noch importieren. Deswegen führen wir im Bildungssystem die Orientierungsklassen ein, um dem entgegenzuwirken. (Abg. Mölzer [FPÖ]: Wo ist er denn, der Bildungsminister?)

Drittens: Arbeit ist der Motor für Integration. Wer in Österreich lebt, soll und will auch mit anpacken, deswegen werden wir Schritte setzen, damit Integration stärker im Arbeitsmarkt erfolgt und nicht im Sozialsystem. Zuwanderer sollen in Österreich Steuern zahlen – auch Steuern zahlen können – und nicht Steuergeld kosten. Dafür sorgen wir auch mit diesem Regierungsprogramm.

Abschließend möchte ich sagen – ich glaube, ich muss den Schlusssatz formulieren, Herr Präsident –: Wenn ich bei diesem Thema, bei dem es doch einen relativ breiten Konsens gibt, dass wir große Probleme haben, einen Wunsch frei hätte, dann wäre das, dass wir einen nationalen Schulterschluss bei der Integration schaffen – das würden sich auch die Menschen erwarten –, statt nur zu spalten und immer nur Zwietracht zu säen. – Vielen Dank. (Beifall bei NEOS, ÖVP und SPÖ. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Nein, die würden sich Remigration erwarten!)

9.50

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Wortmeldung: Frau Abgeordnete Maurer, ebenfalls 5 Minuten.