RN/10
9.50
Abgeordnete Sigrid Maurer, BA (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir diskutieren heute wichtige Integrationsthemen, und die Richtung dieser Debatte ist schon klar: Sie ist klar auf Negativität und Misstrauen ausgerichtet. Ich möchte an dieser Stelle eines sagen: Vielen Dank an alle Menschen, die zu uns gekommen sind, die sich integriert haben, die zum Beispiel hier in diesem Haus ganz wichtige Arbeiten für uns erledigen, die ein ganz elementarer Teil unserer Gesellschaft sind – vielen Dank an euch alle! (Beifall bei Grünen, SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
Österreich war immer und ist ein Einwanderungsland, und wer etwas anderes behauptet, glaubt vielleicht auch, dass die Erde flach ist. Klar ist aber: Wer zu uns kommt, muss sich an die Regeln halten. Das ist ein No-na-net-Satz, den alle 183 Abgeordneten in diesem Haus unterschreiben können. Und ja, die Einhaltung dieser Regeln muss auch eingefordert werden. Wir sind eine liberale Demokratie, wir haben oder wollen jedenfalls die Gleichstellung von Frauen und Männern, und wir wollen ein friedliches Zusammenleben in unserem Land zwischen allen Menschen, die hier leben.
Wir wollen natürlich auch, dass die Menschen, die zu uns kommen und die hier sind, sich schnell integrieren. Dafür braucht es die notwendigen Angebote und die notwendigen Rahmenbedingungen, und ich muss sagen, es wird den Menschen nicht unbedingt leicht gemacht, denn diese Angebote fehlen und es herrscht eben eine Stimmung, die nicht gerade darauf hinwirkt, dass man den Menschen positiv begegnet – auch in dieser Debatte. Auch die bürokratischen Hürden sind gigantisch.
Ich sage an dieser Stelle aber auch: Ja, es ist legitim, über Sanktionen zu sprechen, wenn Menschen trotz entsprechender Angebote nicht bereit sind, sich zu integrieren. Diese Angebote, Frau Ministerin, gibt es nur bisher nicht. Wenn jetzt hier schon die ganze Zeit über Sanktionen gesprochen wird, obwohl wir noch nicht einmal die Angebote eingeführt haben, die Sie ab Tag eins haben wollen, dann halte ich das für etwas verfrüht und ein bisschen den falschen Fokus. Schaffen wir die Angebote, schauen wir, dass die Menschen teilhaben können, und dann können wir auch über Konsequenzen und Sanktionen sprechen, wenn die Angebote tatsächlich nicht angenommen werden. (Beifall bei den Grünen.)
Die Bilanz der ÖVP in Sachen Integration – sie ist seit vielen, vielen Jahren dafür zuständig – ist erschreckend dünn. – Ich kann mich vor diesem Hintergrund des Eindrucks nicht erwehren, dass Sie dieses Ziel, das Sie ständig wortreich vor sich hertragen, eigentlich nicht so ernst nehmen, jedenfalls bisher nicht ernst genommen haben. (Beifall bei den Grünen.) In den Jahren 2020 bis 2024 ist das Budget für den ÖIF von 55 Millionen Euro auf 105 Millionen verdoppelt worden. Man würde meinen, das muss doch einen Effekt haben. Jetzt kürzen Sie dieses Budget um 46 Millionen Euro, wollen gleichzeitig aber verpflichtende Angebote einführen. Es ist gut, wenn es Angebote gibt, ich frage mich allerdings, wie sich das ausgehen soll, wenn man Mittel kürzt. Wie ernst ist das tatsächlich gemeint? (Beifall bei den Grünen.)
An dieser Stelle möchte ich einen Punkt aus dem Regierungsprogramm hervorheben, der sehr positiv ist, nämlich die Ausweitung des Interpellationsrechts auf externe Strukturen wie zum Beispiel den ÖIF. Ich freue mich, wenn insbesondere die NEOS da sehr zeitnah einen entsprechenden Entwurf vorlegen, damit dieses Parlament weiß, wo denn diese vielen Millionen, die im ÖIF stecken, tatsächlich verwendet und eingesetzt werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der NEOS.) – Applaus von Yannick Shetty, ich erwarte in wenigen Wochen eine entsprechende Vorlage.
Die ÖVP ist seit vielen Jahren – seit mindestens zehn Jahren – für den Integrationsbereich zuständig, und gleichzeitig hat sie gerade vor Kurzem eine Begründung für einen Notstand verabschiedet, um den Familiennachzug zu stoppen, der geradezu eine Bankrotterklärung für die eigene Politik ist. An dieser Stelle muss ich fragen: Was haben Sie in den letzten zehn Jahren eigentlich getan? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steiner [FPÖ]: Fünf Jahre warst du dabei! Die ist gut!)
Kollegin Raab ist nicht hier: Was haben Sie getan, um die Situation zu verbessern? Sie beteiligen sich immer stärker an der Scharfmacherrhetorik der FPÖ, aber was hat denn die ÖVP – Sie reden von Bringschuld – in diesem Bereich eigentlich geleistet? (Abg. Belakowitsch [FPÖ] – erheitert –: Das wissen Sie ja hoffentlich noch!)
Ich sage, eindeutig zu wenig: Die Angebote ab Tag eins fehlen; das Engagement, um die Menschen willkommen zu heißen und ihnen klar zu vermitteln: Hier ist das Angebot, bitte schau, dass du schnell arbeiten gehst!, fehlt. Wir haben ein System, in dem natürlich vor allem diejenigen leiden, die bei viel zu langen Asylverfahren ewig zur Untätigkeit verpflichtet sind und gar nicht arbeiten dürfen. All das sind Probleme, die auch zu den weiteren Problemen, die zu Recht geschildert werden, führen, denn solange jemand nicht an der Gemeinschaft teilhaben und arbeiten gehen kann, ist Integration natürlich umso schwieriger zu erreichen.
Wir Grüne unterstützen bessere und, ja, auch verbindliche Integrationsangebote, und zwar ab Tag eins. Sie sind gut für die Menschen, die zu uns kommen, damit sie sich schnell orientieren, ein eigenständiges Leben aufbauen und ihren Platz in unserer Gemeinschaft finden können. Sie sind gut für den Staat und für die gesamte Gesellschaft, weil ein gutes Miteinander möglich wird, wichtige Arbeit – und das bedeutet auch Steuereinnahmen – erbracht wird und wir als Gesellschaft von der Vielfalt profitieren.
Ausgerechnet die ÖVP aber, die für die Bankrotterklärung in diesem Bereich verantwortlich ist, stellt sich jetzt hin und fordert und fordert und fordert immer mehr. Ich sage Ihnen eines, Frau Ministerin, ich fordere von Ihnen: Machen Sie endlich Ihre Hausaufgaben! (Beifall bei den Grünen.)
9.56
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächster zu Wort gemeldet: Herr Abgeordneter Steiner, ebenfalls 5 Minuten.