RN/50
12.16
Abgeordneter Mag. Antonio Della Rossa (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Volksanwältinnen und sehr geehrter Volksanwalt! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuhörende und Zusehende hier im Haus und vor den Geräten zu Hause! Meine Damen und Herren! Ich habe den Bericht der Volksanwaltschaft mit einer gewissen persönlichen Betroffenheit gelesen. Ich war nämlich selbst zehn Jahre lang in der Jugendarbeit tätig, und ich kenne viele dieser Fälle, die in diesem Bericht beschrieben werden, aus meiner ganz persönlichen beruflichen Erfahrung.
Die Kinder und Jugendlichen, die in diesem Bericht vorkommen, haben oft ein Zuhause – wenn sie überhaupt eines haben –, das kein sicherer Ort ist. Das ist kein Zuhause, kein sicherer Ort, sondern es ist oft mit Angst verbunden, mit Gewalt verbunden, und deshalb müssen sie sozusagen fremduntergebracht werden. Sie brauchen also sichere staatliche Institutionen.
Genau diese Institutionen schaut sich die Volksanwaltschaft mit ihren Kommissionen auch ganz genau an. Dieser Bericht liest sich leider nicht immer leicht: dramatische Unterversorgung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, personelle Engpässe, fehlende Betten, zu lange Wartezeiten, eine Überforderung in den Krisenzentren, eine Überforderung vor allem der Fachkräfte, des Personals, das dort wirklich jeden Tag sein Bestes gibt, aber schlichtweg an strukturellen Mängeln verzweifelt. – Ja, meine Damen und Herren, das sind Wunden in einem sonst gut funktionierenden System. Das sind Wunden, auf die die Volksanwaltschaft zu Recht ihre Finger legt. Sie schaut zu Recht dorthin, wo es wehtut. (Beifall bei der SPÖ.)
Der Bericht zeigt, woran es fehlt: zu große Gruppen, zu wenige konstante Bezugspersonen, unübersichtliche Strukturen, fehlender Schutz vor Gewalt, kaum Beteiligung der Kinder an Entscheidungen. – Die Folgen sind: Abhängigkeiten, Eskalation, Gewalt, massive Belastung der Kinder selbst, aber auch des Personals und eine Umgebung, die eher reguliert als begleitet und mehr verwaltet als entwickelt.
Die Volksanwaltschaft – das gefällt mir besonders gut – ist aber nicht nur problemorientiert, sondern sie ist vor allem lösungsorientiert. Sie hört den Kindern zu. Sie analysiert systematisch, und sie formuliert klare, umsetzbare Empfehlungen, die – wir haben es heute schon gehört – oft auch schnell Umsetzung finden, und das ist auch gut so.
Ich halte das für eine unverzichtbare Arbeit in einer Demokratie, denn genau da zeigt sich, ob unser System in der Lage ist, die Schwächsten aktiv zu schützen, denn das soll Aufgabe eines Sozialstaates sein. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Bogner-Strauß [ÖVP].)
Meine Damen und Herren, sichere Orte entstehen nicht zufällig; sie entstehen dort, wo Ressourcen ausreichen, wo Teams stabil sind und wo das Wohl des Kindes nicht nur als Ziel, sondern als täglicher Maßstab genommen wird. Es gibt mit dem Bericht der Volksanwaltschaft eine klare Grundlage, wie das gehen kann. Jetzt braucht es den politischen Willen, diese Erkenntnis auch umzusetzen, und das tun wir; das haben wir auch im Regierungsprogramm verankert.
Wir bekämpfen den Personalmangel durch bessere Ausbildungsplätze und mehr Ausbildungsplätze, schaffen neue Standards in der Kinder- und Jugendhilfe – damit wir aus Einrichtungen Orte machen, an denen junge Menschen nicht einfach nur untergebracht sind, nein, in denen junge Menschen begleitet werden, wo sie Gehör finden, wo sie verstanden werden und wo sie vor allem Sicherheit finden. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Bogner-Strauß [ÖVP].)
Ich danke der Volksanwaltschaft ausdrücklich für ihre sachliche, unaufgeregte und fundierte Arbeit. Sie bringt nicht nur Probleme ans Licht, sondern zeigt auf, wie es gehen kann. Sie zeigt Wege. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)
12.20
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Marie-Christine Giuliani-Sterrer. Ich habe die Redezeit auf 4 Minuten eingestellt. – Bitte, Frau Abgeordnete.