RN/91

15.01

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Vielen Dank. Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Parlamentarische Anfragen sind ein sehr wichtiges Instrument, wenn man etwas über den Vollzug in einem bestimmten Ministerium wissen möchte. Deshalb ist es auch wichtig, es zu benutzen, immer in der Hoffnung, dass man ordentliche Antworten erhält, die ein Bild darüber zulassen, was in dem Ministerium gearbeitet wird.

Im November letzten Jahres wurden im Rahmen von Ermittlungen gegen die mutmaßlich rechtsterroristische Gruppierung Sächsische Separatisten in Deutschland und in Österreich mehrere Hausdurchsuchungen durchgeführt – es gab acht Verhaftungen –, unter anderem im Haus des ehemaligen Büroleiters des Nationalratspräsidenten.

Das Ziel der Gruppierung war es, eine am Nationalsozialismus ausgerichtete Gesellschaftsordnung zu errichten und dabei unter anderem durch ethnische Säuberungen gegen als unerwünscht geltende Gruppen vorzugehen und diese zu entfernen.

Im Rahmen dieser Aktionen wurden im Umfeld der Szene Waffen und Munition sichergestellt, darunter sogar Kriegswaffen. Deshalb haben wir eine Anfrage an den Innenminister gestellt und wollten unter anderem wissen, welche Maßnahmen er plant, „um sicherzustellen, dass Personen mit rechtsextremen Verbindungen keinen Zugang zu sensiblen Waffentechniken oder Sprengstoffausbildungen erhalten“.

Wir haben uns eigentlich eh relativ schwammige Antworten erwartet; vielleicht so etwas wie: dass man evaluieren wird, wie man verstärkte Verlässlichkeitsprüfungen durchführen kann, oder so etwas wie: dass man eine verstärkte Einbindung des Staatsschutzes erwägt – so etwas in der Art, also Absichtserklärungen, ungenaue Antworten. Aber mit der Antwort, die wir tatsächlich bekommen haben, haben wir nicht gerechnet. Der Herr Innenminister hat geantwortet, dass die Beantwortung nicht in den Vollzugsbereich des Bundesministers für Inneres fällt. Er hat uns tatsächlich geantwortet, dass der Innenminister nicht dafür verantwortlich ist, dafür zu sorgen, dass Rechtsextreme von Waffen und Sprengmitteln ferngehalten werden. (Abg. Zadić [Grüne]: Wahnsinn!)

Es geht aber noch weiter, denn wir wollten in dieser Anfrage noch mehr wissen. Wir haben zum Beispiel gefragt, wie viele Waffen in den letzten fünf Jahren im rechtsextremen Milieu gefunden wurden. Wir wollten wissen, ob es zu einem Anstieg von Waffenfunden gekommen ist. 

Was soll ich Ihnen sagen? Die Antwort des Herrn Innenministers gibt tatsächlich erheblichen Anlass zur Sorge, aber nicht, weil er in seiner Anfragebeantwortung Zahlen präsentiert hat, die Anlass zur Sorge geben, sondern, weil seine Antwort tatsächlich die war, dass entsprechende Statistiken nicht geführt werden.

Der Innenminister erklärt uns – und das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen –, dass das Innenministerium, das sowohl für die Bekämpfung von Rechtsextremismus als auch für die Überwachung des Waffenrechts verantwortlich ist, keinen Überblick darüber hat, wie viele Waffen bei Rechtsextremen sichergestellt wurden. – Das erklärt das Innenministerium! Wenn das tatsächlich wahr wäre, wäre es ein Skandal. (Beifall bei den Grünen.)

Aber ich kann Sie beruhigen, es ist nicht wahr. Es ist nicht wahr, dass das Innenministerium darüber keine Aufzeichnungen führt. Denn: Im aktuellen – jetzt gerade veröffentlichten – Sicherheitsbericht 2023 kann man es auf Seite 24 nachlesen. Ich zitiere das wörtlich, da steht: „Im Rahmen von operativen Ermittlungsmaßnahmen gegen die Gruppierung BANDIDOS MC wurde im Jahr 2023 zudem ein starker Bezug zum Phänomenbereich Rechtsextremismus sowie zum Deliktsbereich illegaler Waffenhandel festgestellt. Im Zuge dessen kam es zu einer der größten Waffensicherstellungen der letzten Jahrzehnte.“ 

Das weiß das Innenministerium. Das schreibt das Innenministerium im eigenen Sicherheitsbericht. Das bedeutet, das Innenministerium führt sehr wohl Aufzeichnungen, aus denen hervorgeht, wie viele Waffenfunde im rechtsextremen Zusammenhang getätigt wurden. Das Innenministerium kennt diese Aufzeichnung. Ich zitiere jetzt noch einmal die Antwort in der Anfragebeantwortung: „entsprechende Statistiken“ werden „nicht geführt“. 

Das bedeutet – und ich glaube, da braucht man jetzt kein großer Logiker zu sein, dass man diesen Zusammenhang erkennen kann –, der Herr Innenminister hat in seiner Antwort auf die parlamentarische Anfrage die Unwahrheit gesagt. 

Meine Damen und Herren, das Interpellationsrecht, das Recht der Abgeordneten, Anfragen an die Ministerien zu stellen, ist kein Selbstzweck. Das ist eines der wichtigsten Instrumente des Parlamentarismus in seiner Rolle als Kontrolle der Tätigkeit der Regierung. (Beifall bei den Grünen.)

Da geht es nicht um Lästigsein, da geht es nicht darum, irgendjemanden zu kritisieren. Es geht nicht darum, irgendwelche Arbeiten irgendwie infrage zu stellen. Es geht schlicht und einfach darum, dass man von seinem Recht Gebrauch macht, zu wissen, was in diesem Staate passiert, zu wissen, was in den Ministerien passiert, was die Politiker und Politikerinnen machen, denen wir alle unser Vertrauen gegeben haben. Es geht darum, zu wissen, was mit dem Geld, das wir alle an den Staat einzahlen, gemacht wird. Das ist das Kontrollrecht, das in diesen Anfragen wahrgenommen wird. (Beifall bei den Grünen.)

Die Anfragebeantwortungen des Herrn Innenministers sind meistens diese beiden Sätze, entweder: Es liegt nicht im Vollzugsbereich des Innenministeriums, oder: Es werden keine Statistiken geführt – man könnte das vielleicht einmal statistisch auswerten; diese Statistik würde einmal Spaß machen. Man könnte sich einmal anschauen, wie oft diese Antworten fallen. Das Gegenteil kann man sehr oft einfach nicht nachweisen, weil man in die Zahlen nicht hineinschauen kann. Der Innenminister hat uns da aber den Gegenbeweis in seinem eigenen Bericht geliefert. 

Deshalb stellen wir hier einen Antrag. Ich denke, dass wir alle hier – jeder und jede –, die wir unseren Job als Parlamentarier oder Parlamentarierin ernst nehmen, diesem Antrag zustimmen sollen. 

RN/91.1

Ich stelle daher den Antrag gemäß § 92 Abs. 3 der Geschäftsordnung der Abgeordneten Agnes Sirkka Prammer, Lukas Hammer, Freundinnen und Freunde auf Nichtkenntnisnahme der Beantwortung einer schriftlichen Anfrage; nämlich dieser schriftlichen Anfrage, in der der Herr Innenminister schlichtweg die Unwahrheit gesagt hat. 


Wir können es uns nicht gefallen lassen, dass wir in Anfragebeantwortungen angelogen werden! – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Reifenberger [FPÖ]: Gilt das für uns auch, oder?)

15.09

Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Für eine Stellungnahme ums Wort gebeten hat der Herr Bundesminister. – Bitte.