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9.19
Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher: Vielen Dank, Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ja, wir haben es mit einer weltweiten Wachstumsschwäche zu tun. Wenn man sich die Regionen der Welt anschaut, dann sieht man, es sind in den letzten Jahren alle schwächer gewachsen, als prognostiziert wurde. (Abg. Wurm [FPÖ]: Keiner so schwach wie wir, Herr Minister!) – Alle Regionen sind schwächer gewachsen, als prognostiziert wurde! (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ja, aber wir haben den schlechten Wirtschaftsminister!)
Österreich ist ein Exportweltmeister. Wir sind im Export das achtbeste Land, und natürlich betrifft diese weltweite Wachstumsschwäche gerade die exportorientierte Industrie. Und wenn Deutschland, der Partner, zu dem am meisten exportiert wird, besonders schwach wächst (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Und warum ist Deutschland schwach? – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Deutschland ist schwach, weil es eine Ampel hatte!), dann trifft das genau die Bereiche, die normalerweise besonders stark wachsen und besonders stark in Innovation investieren. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Aber die Ampel ist Geschichte!)
Hinsichtlich der Rede muss ich sagen – ich habe nämlich zugehört –: Ich habe keinen einzigen Lösungsvorschlag in dieser Rede gehört (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Grünen und NEOS – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ) – keinen einzigen! (Abg. Kickl [FPÖ]: Ihre Lösungsvorschläge haben uns in diesen Schlamassel hineingebracht!) Wenn man vom Problem lebt, ist es natürlich nur logisch, dass keine Lösungsvorschläge kommen. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Aber Sie machen das Problem! – Abg. Kickl [FPÖ]: Man muss die Nationalbank vor Ihnen schützen! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Sie machen das Problem! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Wöginger [ÖVP]: Könnt ihr einmal zuhören! – Unruhe im Saal.)
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Ich bitte, den Herrn Bundesminister ausreden zu lassen. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Sehr schwer, er sagt ja nichts! – Abg. Kassegger [FPÖ]: Sie haben unser Papier voller Lösungsvorschläge offensichtlich nicht gelesen, Herr Minister!)
Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Mag. Dr. Martin Kocher (fortsetzend): Vielen Dank, Herr Präsident.
Was haben wir in den letzten Jahren erlebt? (Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wir haben in den letzten Jahren weltweit tatsächlich eine sehr schwierige Situation erlebt. Jeder kann sich an die Schließungen während der Coronapandemie erinnern. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wer hat denn die verursacht? – Sie!) Jeder kann sich an die Schwierigkeiten aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine beim Energiesystem und an viele andere Dinge mehr erinnern. (Abg. Wöginger [ÖVP] – in Richtung FPÖ –: Putinfreund …! – Rufe bei der FPÖ: Genau, ja! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Genau, ja, und die CO2-Steuer hat auch der Putin eingeführt, was?! – Unruhe im Saal. – Ruf bei den Grünen: Sobotka hätte wenigstens die Glocke geläutet! – Abg. Maurer [Grüne]: Wie wäre es mit einem Klingeln? Die wäre auf der Seite von Ihrem Pult!)
Ich finde es ja sehr positiv, dass wir so intensiv diskutieren – hoffentlich kommen wir auch zu ein paar Lösungen. Ich möchte auch noch ein paar Lösungen vorschlagen, wenn mir ein bisschen zugehört werden würde. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
Es war keine einfache Zeit. Trotz dieser Schwierigkeiten – ich gehe jetzt nicht auf diese Schwierigkeiten ein – ist in den letzten Jahren mit dieser Bundesregierung strukturell vieles passiert, das uns in Zukunft stärker macht. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Was denn? – Abg. Wurm [FPÖ]: Alles negativ, Herr Minister! Erzählen Sie uns doch keine Gschichtln!) Wo entsteht denn das Wachstum der Zukunft? – Das Wachstum der Zukunft entsteht dort, wo Innovation, wo Forschung, wo Entwicklung passiert (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Überall, nur nicht bei uns!), dort, wo Unternehmen, die in die Zukunft investieren, neue Lösungen finden, neue Geschäftsmodelle entwickeln (Abg. Wurm [FPÖ]: Das geht aber bei uns nicht!), und wo die Bundesregierung diese Unternehmen über die Transformationsoffensive, über den Chips Act unterstützt.
Österreich ist Nummer eins bei der Produktion von Mikroelektronik, bei der Produktion von Halbleitern. Österreich gehört da in den letzten Jahren zu einem der besten Länder und hat zusätzlich eine Reihe von Investitionen im Bereich der Lifesciences, in der Pharmazie angezogen. Das macht uns nicht nur wirtschaftlich stärker, das schafft nicht nur Arbeitsplätze, das macht uns auch unabhängiger von anderen Teilen der Welt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Darum haben wir einen Medikamentenmangel, weil wir so gut sind! – Weiterer Zwischenruf bei der FPÖ.)
Es ist natürlich das Privileg der Opposition, zu kritisieren, aber man darf es sich nicht zu einfach machen. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Nein, man muss Sie loben …! – Abg. Wurm [FPÖ]: Die Fakten, bitte! Die Fakten!) Es geht darum, für Österreich ein Bild der Zukunft zu zeigen. Ich habe gesagt, ich bin niemand, der etwas schönredet, es gibt natürlich auch strukturelle Herausforderungen für Europa und für Österreich. Ich habe kein Geheimnis daraus gemacht, dass eine Lohnnebenkostensenkung die Arbeitskosten in Österreich reduzieren würde. (Ruf bei der FPÖ: Warum macht ihr es nicht?!)
Wir haben in der letzten Legislaturperiode vier Lohnnebenkostensenkungen – kleine Lohnnebenkostensenkungen – beschlossen. Bei einer einzigen davon hat die FPÖ mitgestimmt, bei drei hat sie nicht mitgestimmt. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Wöginger [ÖVP]: Ja, ist eh klar, so sind sie! – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Nur wir spüren nichts davon! Also was jetzt?!) Es hat eine Reihe von Vorschlägen zu stärkeren Arbeitsanreizen und zu einer Reform der Arbeitslosenversicherung gegeben – auch da war die FPÖ leider immer wieder dagegen und hat sich nicht dafür ausgesprochen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Habt ihr es beschlossen? Wir sind nicht schuld, wenn Sie nichts zusammenbringen!)
Damit sind wir auch schon beim Arbeitsmarkt. Hinsichtlich Arbeitsmarkt muss man einmal die Realitäten erkennen. Ja, die Arbeitslosigkeit ist höher als vor einem Jahr, aber die Arbeitslosenquote ist immer noch unter dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre. (Abg. Wurm [FPÖ]: Welcher Platz ist Europa, Herr Minister?) Das hilft denjenigen nicht, die jetzt arbeitslos geworden sind, das ist mir völlig klar. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch [FPÖ].) Deshalb ist völlig klar, dass wir Maßnahmen am Arbeitsmarkt brauchen. Nur, die sind schon gesetzt. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Die sind ja sehr wirkungsvoll!)
Wir haben in den letzten Jahren die aktive Arbeitsmarktpolitik so aufgestellt, dass es gelingt, Arbeitssuchende rascher und besser zu vermitteln. Auch das muss man einmal zur Kenntnis nehmen. Die letzten drei Jahre waren die drei Jahre mit dem höchsten Budget für die aktive Arbeitsmarktpolitik pro Arbeitssuchenden aller Zeiten. 2024 hat das zweithöchste Budget aller Zeiten. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Wirkungen, Auswirkungen ...! – Abg. Wurm [FPÖ]: Falsche Maßnahmen! – Abg. Hafenecker [FPÖ]: ... ein paar Inserate weniger schalten!) Das hilft jetzt, um in den Regionen, in denen es Arbeitssuchende und offene Stellen gibt, die Arbeitssuchenden zu vermitteln. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Plus 11 Prozent, Herr Minister! Was reden Sie denn? Lesen Sie Ihre eigenen Zahlen?) Genau das gelingt derzeit auch. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
Es gibt weiterhin Regionen in Österreich, und das ist ein Großteil von Österreich, in denen es quasi Vollbeschäftigung gibt. Auch das muss man zur Kenntnis nehmen. Es gibt aber natürlich auch Bereiche – zum Beispiel dort, wo Industrieunternehmen derzeit Schwierigkeiten haben –, bei denen das AMS einspringt und die Arbeitssuchenden mit Weiterbildungen, mit Vermittlungen unterstützt. Das gelingt sehr, sehr gut. Wir haben das in allen Bereichen verbessert. Und die aktive Arbeitsmarktpolitik der letzten Jahre hat dazu beigetragen, dass die Menschen weniger lang arbeitslos sind und schneller wieder einen Job finden.
Wir brauchen natürlich auch nächstes Jahr ein gutes Budget für das AMS, damit das weiter gelingt. Zu dem aber, was die FPÖ macht, nämlich immer darauf hinzuweisen, dass Menschen, die Migrationshintergrund haben oder von außen kommen, den Österreichern den Arbeitsplatz wegnehmen (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch [FPÖ]): Ich würde einmal empfehlen, mit Hoteliers oder mit den Tourismusbetrieben in Tirol, in Salzburg zu sprechen, wo das absolut notwendig ist. Oder vielleicht sprechen Sie einmal mit den Anbietern von Gesundheitsdienstleistungen in Krankenhäusern. In der Pflege ist es natürlich notwendig (Zwischenrufe bei der FPÖ), über die Rot-Weiß-Rot-Karte qualifizierte Arbeitskräfte nach Österreich zu holen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)
Die weltwirtschaftliche Lage ist nicht einfach – mir ist das sehr bewusst. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ja, fünf Jahre Schwarz-Grün!) Wenn man aber gelegentlich auch mit Unternehmern in Österreich spricht, und ich mache das fast täglich und besuche jede Woche mehrere Unternehmen, dann sieht man, welche Innovationskraft dort besteht. (Abg. Hafenecker [FPÖ]: Das ist aber gescheit als Wirtschaftsminister, dass Sie das machen! Das ist Ihr Job!) Da sieht man, welche Möglichkeiten Unternehmen, egal welcher Größe – kleine, mittlere, große Unternehmen –, haben. Das macht einen zuversichtlich. Und wenn jetzt in der Vorrede von fehlender Zuversicht gesprochen wurde, dann liegt es sicher auch daran, dass vieles schlechtgeredet wird, was nicht so schlecht ist. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Eh alles super!)
Ich habe eine Reihe von Studien, die ich jetzt zitieren könnte, die zeigen, dass Österreich weiterhin ein attraktiver Standort ist. Es geht darum, jetzt die richtigen Maßnahmen zu setzen, mit einer mutigen Politik, aber mit einer Politik, die auch Zuversicht für die nächsten Jahre ausstrahlt, dass diese Probleme, die es gibt, gelöst werden können. Österreich wird in gewisser Weise durch den Export immer vom Ausland abhängig sein. Abschottung davon oder ein Zurückziehen, eine rückwärtsgewandte Politik und schlichte Lösungen (Abg. Wöginger [ÖVP]: EWR, mehr sage ich nicht! Vorgestern!) sind nicht die Lösungen, die Österreich nach vorne bringen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Ich bin aber überzeugt davon, dass eine nächste Bundesregierung mit einer mutigen, zuversichtlichen Politik da Lösungen finden wird. (Rufe bei der FPÖ: Ja, genau!) – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Lausch [FPÖ]: Aber Lösungen haben Sie auch keine gesagt! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)
9.28
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Danke, Herr Bundesminister.
Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit aller weiteren Teilnehmer an der Aktuellen Stunde laut § 97a Abs. 6 der Geschäftsordnung 5 Minuten nicht übersteigen darf.
Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kassegger. Ich erteile ihm das Wort.
Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.