RN/23
10.50
Abgeordneter Andreas Babler, MSc (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte den Übergangsfinanzminister Dr. Gunter Mayr herzlich im Hohen Haus begrüßen. Sie als ein aus der Verwaltung Kommender haben jetzt – zwar auf Zeit – diese wichtige Aufgabe übernommen, und ich sage ganz ehrlich: Man kann Sie wahrscheinlich nicht darum beneiden. Die Budgetlage ist alles andere als leicht, ich würde sogar die Feststellung treffen, dass sie durchaus dramatisch ist. Das kann man nicht schönreden, und das werde ich auch nicht tun. Diese Herausforderung ist eine, die ihresgleichen sucht, auch in der jüngeren Geschichte dieser Republik. Es ist eine Riesenherausforderung für Sie, die Sie in den nächsten Wochen, bis zur Bildung einer Regierung, annehmen, und dafür zolle ich Ihnen aufrichtigen Respekt.
Es ist wichtig, dass wir jetzt einen Übergangsfinanzminister haben, der gemeinsam mit der Budgetgruppe diese heikle Zwischenphase so lange begleitet, bis es zur Angelobung der neuen Regierung und eines neuen Finanzministers kommt, bis dann jemand ans Ruder kommt und das Ruder übernimmt, der dann auch an konkreten politischen Lösungen arbeiten kann und muss.
Es ist auch wichtig, dass wir uns mit den Ursachen der budgetären Krisensituationen und der aktuellen Krise auseinandersetzen. Wir brauchen eine ehrliche Debatte über Ursachen und Folgewirkungen – für eine neue Regierung, aber vor allem für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Sie erwarten sich zu Recht, dass eine neue Regierung Antworten auf bestehende Herausforderungen hat.
Wir wollen die Themen – und das ist neu, wenn wir über neues Regieren in der Zukunft sprechen wollen –, die uns die Menschen bei der Wahltagsbefragung mitgegeben haben, Themen, die ihnen unter den Nägeln brennen, die sie begleiten und die ihnen Sorge bereiten, aufgreifen, und wir wollen sie schlussendlich auch einer Lösung zuführen. Wir wissen, dass die Teuerung, die Migration, die Gesundheit, das Klima die Hauptthemen der österreichischen Bevölkerung sind. Ich kann Ihnen versichern, alles dazu beizutragen, dass wir diese Themen nicht nur laut schreiend, nicht nur populistisch verwendend, sondern tatsächlich mit Lösungen einhergehend zum politischen Grundsatz in dieser Republik machen. (Beifall bei der SPÖ.)
All das ist eingebettet in einen notwendigen Wirtschaftsaufschwung, der einer der wesentlichen Grundlagen für solche und alle anderen Maßnahmen sein wird und sein muss. Aus diesem Grund haben wir auch gleich zu Beginn dieser Sondierungsphase auf Fachebene eine Gruppe eingerichtet, um zu gewährleisten, dass wir den Fokus auf die zentrale Budgetfrage nicht verlieren und gemeinsam die Fakten außer Streit stellen.
Es ist ja kein großes Geheimnis: Die wirtschaftliche Situation ist wie erwähnt keine einfache – und das ist schon längst bei der Bevölkerung angekommen. Die Menschen spüren es in allen Lebensbereichen, sie spüren es bei den hohen Mieten, sie spüren es bei den hohen Energiekosten, sie spüren es im Supermarkt. Ein ganz klarer Satz dazu vonseiten der Sozialdemokratie: Es ist die Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass das Leben für die Menschen in unserem Land wieder leistbar wird – eine fundamentale Aufgabe jeglichen politischen Handelns in dieser Republik. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich sage auch ganz klar: Es kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein, in diese krisenhafte Wirtschaftslage zusätzlich hineinzusparen. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Herr Bundeskanzler, horchen S’ zu!) Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten fordern daher eine kluge und vor allem eine gerechte Budget- und Wirtschaftspolitik in diesem Land. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Herr Bundeskanzler, das müsst’s horchen! Herr Bundeskanzler, das wird stabil!)
Das wird sehr schwierig werden, das ist uns allen hier bewusst. Die Zahlen belegen es schwarz auf weiß: Eine Regierung muss, damit sie auch den EU-Richtlinien folgen kann, damit sie überhaupt die Fiskalregeln entsprechend einhalten kann, im ersten Jahr bereits über 4,5 Milliarden Euro einsparen. Ich glaube, manchen ist gar nicht so bewusst – wenn sie davon reden, das auf der Sparseite und ausgabenseitig zu erledigen –, was die Dimensionen solcher Summen darstellen.
Nehmen wir nur einmal an, es gibt eine radikale Sparmaßnahme dahin gehend, dass es keine Polizisten mehr gibt, keine Berufsangehörigen beim Bundesheer mehr, dass das gesamte Militärpersonal eingespart wird. Zusammengerechnet sind das 6 Milliarden Euro an Einsparungen, die diese Maßnahme bringen würde. – Wie obskur ist das, zu glauben, man kann diese Budgetkonsolidierung allein ausgabenseitig stemmen?! (Beifall bei der SPÖ.)
Gerade in so einer angespannten Situation ist es wichtig, das große Ganze im Blick zu haben. Ja, wir haben konjunkturell eine schwierige Situation, ja, wir sind in einer rezessiven Phase. Deswegen müssen wir danach trachten, dass die Unternehmen nicht weiter sparen, wenn es um Investitionen geht, dass die Menschen nicht sparen, weil sie von der Teuerung in diesen letzten Jahren so stark betroffen waren. Wenn – und ich sage es ganz klar dazu – jetzt auch der Staat noch anfängt, massiv zu sparen, würgen wir jeglichen Konjunkturmotor in diesem Land ab, sehr geehrte Abgeordnete. (Beifall bei der SPÖ.)
Darum die klare Aussage, dass wir das nur verhindern können, wenn wir auch auf der Einnahmenseite für ein solides Budget sorgen. Wie das gehen soll? – Mit Fairness. Der Grundsatz dazu ist relativ einfach: breitere Schultern, die mehr tragen sollen als schwächere Schultern. Das ist nicht nur vernünftig, das ist auch gerecht in diesem Land.
Die Expertengruppe zum Budget wird uns unvoreingenommen die Faktenlage präsentieren. Sie wird uns die budgetären Spielräume dazu aufzeigen und diese gemeinsam mit unserem Übergangsfinanzminister besprechen. Diese Zahlen werden uns in den nächsten Wochen begleiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuseherinnen und Zuseher, lassen Sie mich zum Schluss noch etwas zum Jubiläum der UN-Kinderrechtskonvention sagen. Sie wissen, das ist mir ein Herzensanliegen. Wir haben gerade gegenüber den Kindern in unserer Gesellschaft eine ganz besondere Verantwortung in diesem Land. Und ich betone es noch einmal: Es ist ein politischer Schandfleck, dass in diesem Land jedes fünfte Kind nach wie vor arm oder armutsgefährdet ist. Diesen Zustand dürfen wir nicht dulden! Ich gebe Ihnen das Versprechen, alles zu tun, um die Kinderarmutsgefährdung in diesem Land abzuschaffen! Wir sprechen von über 350 000 Kindern in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Stögmüller [Grüne].)
Ich will Sie auch daran erinnern, dass genau heute vor 35 Jahren die UN-Kinderrechtskonvention beschlossen worden ist, und es ist ein zentrales Kinderrecht in unserem Land, nicht in Armut, nicht in Armutsgefährdung leben zu müssen, davon nicht gefährdet zu sein. Das ist ein zentrales Kinderrecht, für dessen Umsetzung wir werben werden.
Das Recht, nicht in Armut aufwachsen zu müssen, bedeutet, jedem einzelnen Kind eine Chance zu geben, herauszukommen, sich selbst zu verwirklichen, seine Träume zu verwirklichen, eine Chance zu haben, Teil der Gesellschaft zu sein, an deren Leben uneingeschränkt teilnehmen zu können. Das ist das, woran wir denken, wenn wir über Kinderrechte sprechen: das Recht auf ein gutes Leben, Recht auf Schutz, Recht auf Zugang zu guter Bildung und vieles, vieles mehr. Heute ist der Tag der UN-Kinderrechtskonvention, und ich freue mich, Kindern mitteilen zu können, dass wir mit all unserer Kraft, all unserer Stärke alles dazu beitragen werden, Kindern eine gute Zukunft in unserem Land zu gewähren. (Beifall bei der SPÖ.)
Ich wünsche Gunter Mayr abschließend noch viel Kraft für seine bevorstehenden Aufgaben. Wir werden diese Kraft brauchen, damit Österreich wieder vorankommt. Es kann nämlich nicht sein, dass wir alles nur wegräumen, alle Krisen beseitigen, sondern Politik muss auch Spielräume haben, dieses Land in Zukunft weiter nach vorne zu bringen. Wir stehen für eine konstruktive Zusammenarbeit in dieser heiklen Phase an Ihrer Seite. Alles Gute. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
10.58
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Klubvorsitzende Meinl-Reisinger. Die eingemeldete Redezeit beträgt 5 Minuten. (Abg. Meinl-Reisinger [NEOS] – auf dem Weg zum Redner:innenpult –: Vielen Dank für die Erinnerung, Herr Präsident!) – Gerne.