RN/24
10.58
Abgeordnete Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Werte Herren Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich möchte zu Beginn einen Dank an Sie (in Richtung Bundesminister Mayr) aussprechen, einen Dank dafür, dass Sie Ihre Bereitschaft bekundet haben, in dieser durchaus schwierigen Zeit – es ist ja auch eine Übergangszeit – das Ressort, die Ressortführung zu übernehmen. Ich möchte auch meinen Dank dafür aussprechen, dass ich letzte Woche die Gelegenheit hatte, ein Gespräch mit Ihnen zu führen, und mich da sozusagen auch Ihrer Haltung als Beamter, Ihrer Haltung, unserer Republik zu dienen, versichern konnte, auch Ihre sozusagen Demut vor dieser großen Aufgabe hat wirklich für sich gesprochen. Ich habe Sie da als jemanden, der sehr umsichtig ist, als jemanden mit hoher Professionalität, mit hohem Wissen kennengelernt, und daher wünsche ich Ihnen alles Gute und kann auch für meine Fraktion eine gute Zusammenarbeit in den nächsten Wochen zusagen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist schon viel gesagt worden. Die Lage ist ernst. Sie ist tatsächlich nicht gut in Österreich, sowohl wirtschaftlich als auch budgetär. Und ja, ich könnte mich jetzt leichtfertig hinstellen und sagen, das haben wir alles kommen sehen, wir haben auch immer wieder darauf hingewiesen. Ich bin mir nur nicht ganz sicher, was das jetzt nutzt. (Präsident Haubner übernimmt den Vorsitz.)
Die Zahlen des Budgetdienstes des österreichischen Parlaments – es gibt auch eine Budgetgruppe, die tagt, die sich die Zahlen des BMF, das, was die Europäische Kommission eingemeldet hat, und auch die unterschiedlichen, noch immer am Tisch liegenden Konjunkturprognosen für nächstes Jahr anschaut – sind ja ganz klar: Wir haben 2024 ein budgetiertes Defizit von nicht ganz 21 Milliarden Euro, davon sind von Jänner bis September 15,4 Milliarden Euro ausgegeben worden. Damit halten wir die Fiskalregeln der Europäischen Union nicht ein. Das sind sehr hohe Zahlen – der Fiskalrat geht für nächstes Jahr sogar von einem Maastrichtdefizit von 4,1 Prozent aus. Andere sehen das ein bisschen anders, das wird noch zu konsolidieren oder auf einen Nenner zu bringen sein.
Jedenfalls sagt der Budgetdienst des Nationalrates, dass wir nächstes Jahr allein einen Konsolidierungsbedarf von 5,7 Milliarden Euro haben, der die kommenden Jahre bis 2028 dann auf 21,5 Milliarden Euro steigen wird. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Ja, macht es doch!) Das ist öffentlich, Sie können sich diese Zahlen anschauen. Ich glaube, diese Transparenz ist notwendig, damit wir und Sie wissen, wie die Lage ist, wie die Situation ist und was das bedeutet.
Gleichzeitig – wir haben es auch schon gehört – ist Österreich schon das zweite Jahr in einer Rezession. Ja, nächstes Jahr wird hoffentlich von einem kleinen Wachstum die Rede sein. Das heißt für uns aber vor allem, dass wir uns gemeinsam anstrengen müssen, ein oberstes Ziel wieder nach vorne zu stellen, nämlich Wachstum zu schaffen – Wachstum und Aufschwung zu schaffen, der den Wohlstand für alle für kommende Generationen garantiert. (Beifall bei den NEOS.)
Ich glaube, jeder, der Verantwortung trägt oder diese Verantwortung auch mit dem gebührenden Respekt ernst nimmt, weiß, dass die vergangenen Jahre von enormen Krisen gekennzeichnet waren. Jeder, der das verleugnet, ist meines Erachtens unredlich oder einfach blind. Klar ist: Da war eine Pandemie, die für unsere Betriebe wirtschaftlich enorme Herausforderungen bedeutet hat. Klar war auch, dass der Krieg in der Ukraine und die damit einhergehenden steigenden Energiepreise – Energie wurde oder wird ja weiterhin von Putins Russland als Waffe eingesetzt – große Herausforderungen sind, die das Budget belastet haben.
Ja, auch ich bin die letzten Jahre der Meinung gewesen, dass „Koste es, was es wolle“ nicht die beste Art der Politik ist. Herr Kollege Babler, weil Sie das gesagt haben: Jedem ist bewusst, auch uns ist bewusst, dass wir vor allem dann, wenn Wachstum herrscht, in der Verpflichtung sind, zu konsolidieren. Jetzt ist natürlich eine schwierige Phase. Jeder, auch von meiner Fraktion, sieht die Notwendigkeit, dass wir jetzt Zukunftsinvestitionen tätigen, weil diese Aufschwung und Wachstum auch für die Zukunft sichern.
Gleichzeitig weise ich aber sehr wohl darauf hin, dass auch ausgabenseitig etwas getan werden muss – wir sind in der Verpflichtung durch die Europäische Union. Ich glaube, dass es bedeutet, dass wir zuversichtlich in die Zukunft schauen können. Warum? – Weil: Die gute Nachricht ist, dass es ja oft nicht an zu wenig Geld scheitert, was die Leistungen für die Österreicherinnen und Österreicher angeht. Wir wissen – und die Freiheitliche Partei sagt es ja auch immer wieder –, dass wir im Vergleich zu anderen Ländern in sehr vielen Bereichen deutlich mehr Geld ausgeben und wir eigentlich darüber reden könnten, dass die Leistungen dann trotzdem für die Menschen, vor allem subjektiv, gar nicht passen. Das heißt, das bedeutet umgekehrt die gute Nachricht: An zu wenig Geld scheitert es nicht, sondern nur daran, dass es in der Vergangenheit – und da schaue ich auch in Ihre Richtung (in Richtung FPÖ) und ich höre wenig Vorschläge – nicht die Bereitschaft zu wirklich strukturellen Reformen gegeben hat, sodass wir in die Effizienzsteigerung gehen. Wir stehen den Menschen gegenüber in der Verantwortung, dafür Sorge zu tragen, gerade in einer so schwierigen Situation. Es ist alles andere als lustig für eine Bundesregierung – die gerade einmal in Verhandlungen eintritt –, mit so einer budgetären Situation konfrontiert zu sein, daher haben wir die Bereitschaft, jeden Euro umzudrehen und zu fragen: Ist er sinnvoll und klug eingesetzt, investiert, damit wir wirklich in der Zukunft dieses Wachstum, diesen Aufschwung und diesen Wohlstand schaffen können?
Wir gehen mit dem Ziel in die Gespräche, eine stabile Mehrheit zu schaffen, die aber diese Mehrheit endlich auch dafür nutzt, die Reformen anzugehen, die unseres Erachtens dringend notwendig sind. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der ÖVP.) Was die Leitplanken sind, habe ich schon gesagt: Wachstum muss oberste Priorität sein und damit auch die Sicherung unseres Sozialstaates, die Sicherung unseres Wohlstands, die Sicherung der Verlässlichkeit von sozialen Systemen in Österreich – auch generationenübergreifend. Das bedeutet, dass wir die Produktivität erhöhen müssen, die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe stärken müssen. Das ist etwas, wofür wir eine gemeinsame Kraftanstrengung brauchen und tatsächlich in der Verpflichtung sind, die Ärmel aufzukrempeln. Das werden wir in den Verhandlungen tun – mit aller Ernsthaftigkeit, die dieser Lage entsprechend nötig ist.
Lassen Sie mich abschließend noch eine Sache sagen – oder ein Hinweis, weil es angesprochen wurde: Ich glaube nicht, dass Förderungen einen Businesscase ersetzen, und ich glaube, das hat man in den letzten Jahren auch gesehen. Selbst in den Phasen des Aufschwungs haben wir gesehen, dass mit Förderungen allein keine Wirtschaftspolitik zu machen ist. Ich denke, das wird uns eine Lehre sein, mit der wir in den nächsten Wochen in die Verhandlungen gehen. Die Betriebe gehören strukturell gestärkt und von Bürokratie und Belastungen entlastet, damit sie das tun können, was sie eigentlich tun: nämlich ein Risiko eingehen, Jobs schaffen, Mehrwert schaffen, produktiv sein. (Beifall bei den NEOS.)
Ich wollte noch auf etwas eingehen, was der Bundeskanzler gesagt hat und wofür ich ihm sehr dankbar bin: die Sicherheitslage. Das ist natürlich auch eine budgetäre Frage für die Zukunft. Gestern waren es 1 000 Tage Krieg in der Ukraine – ein furchtbarer Krieg, der Hunderttausende Tote gefordert hat. Heute ist der Internationale Tag der Kinderrechte, und ich möchte die Gelegenheit auch dafür nutzen, darauf hinzuweisen, dass Tausende ukrainische Kinder nach Russland deportiert worden sind und dass auch genau deswegen zu Recht vom Internationalen Strafgerichtshof ein Haftbefehl gegen Wladimir Putin ausgestellt wurde. (Abg. Kogler [Grüne]: Bravo!) Es ist notwendig, nicht in die Knie zu gehen und nicht zu kuschen vor Diktatoren, sondern – wenn man schon freiheitlich im Namen trägt – die Freiheit Europas, die Freiheit der Menschen in der Ukraine, die Selbstbestimmung, die Souveränität entschlossen in der Zukunft zu verteidigen. (Abg. Kaniak [FPÖ]: ... für Österreich auch gelten! –Zwischenruf des Abg. Amesbauer [FPÖ].) Das möchte ich heute noch einmal eindeutig sagen. – Danke. (Beifall bei NEOS und Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Amesbauer [FPÖ]: Kommt eigentlich die Nato auch ins Regierungsprogramm? – Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Na ja!)
11.07
Präsident Peter Haubner: Danke.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Bundesminister Mag. Werner Kogler. – Bitte.