RN/29
11.22
Bundesminister für Finanzen DDr. Gunter Mayr: Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Sehr geehrte Abgeordnete! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich darf mich zunächst beim Herrn Bundespräsidenten und beim Herrn Bundeskanzler ganz herzlich für das Vertrauen bedanken. Dieses Vertrauen ist auch Ausdruck des Vertrauens in die österreichische Beamtenschaft. Ich werde dieses Amt mit Demut und vollem Einsatz anlegen.
Wie der Herr Bundeskanzler bereits ausgeführt hat, habe ich einen wissenschaftlichen Background. Ich bin im Jahr 2003 von der Universität Innsbruck ins Finanzministerium gewechselt und seit 2012 Sektionschef für Steuerrecht und Steuerpolitik.
In diesen 13 Jahren als Steuersektionschef durfte ich viele Steuerreformprojekte, auch mit Ihnen, bestreiten und verhandeln. Es gab spannende Diskussionen, und gerade die letzten drei Jahre waren auch besonders intensiv.
Ich darf meinem Amtsvorgänger, designierten Kommissar Magnus Brunner, ganz herzlich danken für die Wertschätzung und die Zusammenarbeit. Ich möchte noch kurz ein paar Projekte genau aus dieser Zeit beleuchten, weil da durchaus Meilensteine gelungen sind.
Das Besondere an dem Ganzen ist, dass trotz Jahren der Krise sehr viel gelungen ist. Die Abschaffung der kalten Progression hat bereits der Herr Bundeskanzler angesprochen. Die Abschaffung der kalten Progression ist ein Meilenstein in der österreichischen Steuerpolitik. Oftmals ist es ein Problem, dass sie hinsichtlich der tariflichen Entlastung nicht ganz leicht verständlich ist, aber der Steuertarif wurde dadurch massiv gesenkt.
Wenn Sie sich die Effekte der Abschaffung der kalten Progression anschauen, sehen Sie, dass mit 1. Jänner 2025 Einkommen in der Einkommensteuer bis 19 600 Euro steuerfrei gestellt wird. Das ergibt sich über den Steuertarif und über die Absetzbeträge. Wenn Sie sich insgesamt den Steuertarifverlauf anschauen, sehen Sie, dass das eine massive Entlastung gebracht hat.
Ein kurzer Blick auf den Steuertarif offenbart vielleicht – und das ist die einzige politische Wertung, die ich hier mitgeben darf –, dass wir in der Mittelzone noch etwas nachjustieren könnten, gerade im Bereich 35 000 Euro bis 40 000 Euro, um eben auch Vollzeit attraktiver gestalten zu können.
Wir haben gerade letztes Jahr im Dezember zwei weitere ganz große Pakete hier im Hohen Haus diskutieren und letzten Endes auch verabschieden dürfen. Das war einmal die globale Steuerreform: eine Fairness in der internationalen Besteuerung von Großkonzernen. Dieses Steuerreformpaket hat hier im Hohen Haus Einstimmigkeit erfahren, und gerade für die Steuerlegisten ist es dann immer ein sehr schönes Zeichen, wenn die Debatte auch von Sachlichkeit und wechselseitigem Verständnis getragen wird.
Am gleichen Tag im Dezember 2023 ist auch die Gemeinnützigkeitsreform fast einstimmig beschlossen worden.
Meine Damen und Herren, ich würde jetzt gerne noch über weitere Steuerreformideen, Maßnahmen und Steuerpolitik diskutieren, nur die nächsten Tage und Wochen wird mein Fokus doch ein etwas anderer sein. Es gilt die volle Konzentration auf die budgetäre Situation, und das Budget ist auch bereits von den Vorrednern angesprochen worden.
Herr Abgeordneter Kaniak, Sie haben mich zitiert; Budgetausschuss Mitte September, an der Seite von Finanzminister Brunner. Wir führten eine intensive Debatte. Ich glaube nur, Sie müssen Ihren Kalender überprüfen, weil die Prognose vom Wifo nicht im September, sondern Anfang Oktober vorgelegen ist.
Ich glaube, das ist eine ganz zentrale Aussage: dass die Situation sich innerhalb kürzester Zeit – von Juni bis Anfang Oktober – nochmals dramatisch verschlechtert hat. Wir haben Anfang Oktober die Prognose vom Wifo hinsichtlich des Wirtschaftswachstums von 0 auf minus 0,6 Prozent und hinsichtlich der Defiziteinschätzung von minus 3,2 Prozent auf minus 3,7 Prozent für das laufende Jahr bekommen. (Abg. Kickl [FPÖ]: Wie passend!) Das Wifo sieht sogar im nächsten Jahr minus 4 Prozent.
Wir vonseiten des Finanzministeriums sind da etwas optimistischer. Es geht mir hier nicht um ein Feilschen um Zehntelprozentpunkte im Defizit. Ich sehe meine Aufgabe hier auch darin, für Klarheit und Verständnis sorgen zu können.
Die Europäische Kommission hat uns letzten Freitag ihre Defiziteinschätzung mitgeteilt. Die lautet für das aktuelle Jahr minus 3,6 Prozent und für das nächste Jahr minus 3,7 Prozent und ist insofern wesentlich optimistischer als jene einzelner Wirtschaftsforschungsinstitute. Das lässt natürlich auch die Frage zu, ob es immer so sinnvoll ist, die Situation in Österreich schlechter darzustellen, als sie tatsächlich ist.
Die Gründe für das aktuelle Überschreiten im Jahr 2024 sind dargelegt: negatives Wirtschaftswachstum, Hochwasserkatastrophe und andere Punkte. Wir haben das gegenüber der Europäischen Kommission Ende Oktober auch bereits erklärt.
Ganz entscheidend für uns wird allerdings das Jahr 2025. Im Jahr 2025 sollten wir unter die 3 Prozent kommen. Andernfalls droht ein EU-Defizitverfahren. Ein solches Defizitverfahren gilt es natürlich abzuwenden. Ich werde mich sehr intensiv dafür einsetzen. Es geht auch um die Reputation der Republik Österreich.
Ich sehe es als eine meiner Hauptaufgaben für die nächsten Tage und Wochen, mich dafür entsprechend einzusetzen. Ich habe auch in den Jahren als Steuersektionschef immer mit größtem Respekt gegenüber allen Fraktionen im Hohen Haus agiert und würde, sobald etwas mehr Klarheit besteht, sehr gerne die Budget- und Finanzsprecher aller Fraktionen ins Finanzministerium einladen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, NEOS und Grünen.)
11.28
Präsident Peter Haubner: Danke, Herr Bundesminister. Ich darf Ihnen auch von meiner Seite persönlich alles Gute für die neue Aufgabe wünschen.
Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.