RN/32
11.44
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Danke, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich bedeutet so eine Regierungserklärung, mit der sich ein Finanzminister verabschiedet, auch einen Zeitpunkt, ein bisschen Bilanz zu ziehen, zum Beispiel der Budgetpolitik der letzten Jahre.
Ich kann hier zitieren: Die Maßnahmen seit 2020 – ich meine, wenn man es genau anschaut, sieht man: seit 2018 – wurden ausschließlich ohne Gegenfinanzierung verabschiedet. Daher wird die Neuverschuldung auf über 4 Prozent im Jahr 2025 anwachsen. Wir glauben einfach den Zahlen des Finanzministers nicht. – Das sage nicht ich, sondern das sagt Dr. Badelt, der Vorsitzende des Fiskalrates.
Ehrlich gesagt: Das ist in Wahrheit natürlich eine vernichtende Bilanz, die er nach der Budgetpolitik der letzten sieben Jahre zieht, wobei man zur Ehrenrettung des ehemaligen Finanzministers Brunner sagen muss, dass er ja nur drei dieser sieben Jahre Finanzminister war und deswegen nicht für alles die Verantwortung trägt, was in den letzten sieben Jahren in der Budgetpolitik schiefgelaufen ist.
Bei der Wirtschaftspolitik hat Herr Vizekanzler Kogler zu Recht gesagt, dass wir bei den wesentlichen Wirtschaftsdaten quasi noch unter den top drei bis top fünf sind, nämlich statisch, wie es heute aussieht. Wenn wir uns die Veränderung in den letzten fünf Jahren anschauen, sehen wir: Da sind wir zwar auch unter den top drei bis fünf, blöderweise aber von unten und nicht von oben. Das ist natürlich etwas, mit dem niemand hier in diesem Haus zufrieden sein kann, und das kann keine erfolgreiche Bilanz sein, weder eines scheidenden Finanzministers noch einer scheidenden Bundesregierung.
Die Situation, vor der jetzt dieses neu gewählte Haus steht, ist die einer schrumpfenden Wirtschaft, einer steigenden Arbeitslosigkeit und eines aus dem Ruder gelaufenen Budgets. Das ist einfach das, wovor wir jetzt stehen, womit wir umgehen müssen und worauf wir die richtigen Antworten finden müssen.
Die erste Priorität und die erste Frage wird sein müssen: Wie können wir aus dieser bereits seit zwei Jahren herrschenden Wirtschaftsflaute, der Rezession, hinauskommen? Das ist die Priorität eins. Zwei Jahre in einer Rezession hat es seit 80 Jahren in diesem Land nicht gegeben. Wir müssen da heraus. Ein sinnloses Sich-tiefer-in-eine-Krise-Hineinsparen ist sicher nicht der richtige Weg. (Beifall bei der SPÖ.)
Das Zweite ist aber natürlich, dass das Budget saniert werden muss. Das muss saniert werden. Je nach genauen Zahlen wird das irgendetwas zwischen 15 und 21 Milliarden Euro, je nach Pfad, sein, je nachdem, in welcher Geschwindigkeit man das macht, aber nur, um ein Gefühl zu bekommen, um welche Dimensionen es dabei geht, wenn man zum Beispiel jetzt vier Jahre lang jeweils 4 Milliarden Euro einspart – nicht, dass das ein Vorschlag von uns wäre –, nur für die erste Etappe, für die ersten vier Jahre: Wenn man erstens die KöSt-Senkung, die nicht gegenfinanziert war, rückgängig macht, zweitens den Familienbonus zur Gänze abschafft und drittens die Valorisierung der Familienleistungen wieder streicht, dann hat man 4 Milliarden Euro, dann hat man einen Schritt gemacht. Dann fehlen aber noch drei – nur damit allen klar ist, von welchen Dimensionen wir da reden. Das ist halt das Ergebnis, wenn man sieben Jahre lang alle Maßnahmen, wie Badelt das sagt, nicht gegenfinanziert.
Das heißt, die Aufgabe der neuen Bundesregierung und der Mehrheit in diesem Hohen Haus ist es – es stimmt, es waren nicht alle Maßnahmen; das hat Badelt gesagt, nicht ich; ich weiß, der Klimabonus war zumindest zum Großteil gegenfinanziert; es gibt aber einige hier, die den abschaffen wollen; zu 70 Prozent war er gegenfinanziert; das ist ja eine der wenigen Maßnahmen, die wirklich gegenfinanziert waren –, zu schauen: Wie kann man diese Projekte, die ohne Gegenfinanzierung beschlossen wurden, überhaupt finanzieren? Das heißt, man muss die Arbeit, die eigentlich in der Vergangenheit hätte passieren müssen, jetzt nachholen.
Das Dritte wird sein müssen, dass wir Österreich besser machen müssen, und das in einer Reihe von Bereichen, weil das natürlich die Menschen in Österreich auch erwarten. Die Erwartung ist ja, dass das Leben leistbarer wird und nicht so unleistbar bleibt, wie es jetzt ist.
Das Zweite ist, dass natürlich alle in Österreich das Recht auf ein funktionierendes Gesundheitssystem haben. Nicht nur die, die sich Wahlärzte oder Zusatzversicherungen leisten können, haben das Recht auf einen Arzttermin, wenn sie krank sind und nicht Monate danach, sondern alle in Österreich haben das Recht, dass sie, wenn sie krank sind, schnell eine gute Behandlung bekommen.
Wir haben alle das Recht auf ein gutes Bildungssystem. Es kann doch nicht sein, dass Kinder neun Jahre bei uns in die Schule gehen und nachher nicht unfallfrei lesen, schreiben und rechnen können. Das kann ja niemand hier wollen. Das heißt, wir werden da auch investieren müssen.
Auch im Bereich der Migration stellt sich natürlich die Frage, wieso Österreich Jahr für Jahr, auch die letzten Jahre, drei bis vier Mal so viele Asylwerbende aufgenommen hat, als eigentlich unser Anteil innerhalb der Europäischen Union wäre. (Abg. Fürst [FPÖ]: Weil es ihr zugelassen habt!)
Den Fragen, wie wir das machen, müssen wir uns stellen: einerseits zu schauen, dass die Konjunktur in die Höhe kommt, andererseits dieses Budget zu sanieren und auch Österreich besser zu machen. Das sind die wesentlichen Fragen.
Herr Dr. Mayr – ich glaube, seit 16 oder 17 Jahren kennen wir uns –, ich habe Sie als Fachexperten für Steuerrecht schätzen gelernt und tue das bis heute. Ihre Haltung hat mir sehr gut gefallen, wie Sie, als aufgekommen ist, dass mutmaßlich einige Menschen im Finanzministerium einem Millionär dabei geholfen haben, rechtswidrig Steuern zu sparen, gesagt haben: So sind wir nicht! – Ich glaube auch, dass der Großteil der Mitarbeiter in den Finanzämtern und im Finanzministerium redlich ist. Das waren nicht alle – das wissen wir.
Ich danke Ihnen auch dafür, dass Sie quasi als Übergangsminister zur Verfügung stehen, und hoffe, dass Sie uns danach – wieder als Fachexperte – erhalten bleiben.
Eine Bitte habe ich an Sie schon, und das ist jene um Transparenz, die es in letzter Zeit zu wenig gegeben hat, dass die aktuellen Zahlen und Einschätzungen seitens des Finanzministeriums nicht nur mit allen Parteien hier im Hohen Haus geteilt werden, sondern auch mit der Öffentlichkeit. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
11.51
Präsident Peter Haubner: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer.