RN/52

13.01

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe als Regierungsmitglied das Recht, mich zu Wort zu melden, wann immer ich es für notwendig erachte (Abg. Voglauer [Grüne]: Als letzter Redner!), und das tue ich hiermit, weil ich mehrfach angesprochen worden bin. (Abg. Martin Graf [FPÖ]: Als Letzter! – Abg. Hafenecker [FPÖ]: Da können Sie sich aber als Abgeordneter da hereinsetzen und ...!)

Das ist aus meiner Sicht jetzt ein ganz wesentlicher Punkt, denn es wurde behauptet, dass wir Wahlergebnisse nicht zur Kenntnis nehmen. (Abg. Belakowitsch [FPÖ]: Eh nicht!)

Ich glaube, es ist einmal ganz wichtig, eines festzustellen: Es gab niemanden hier in der Runde, auch nicht unter den Klubobleuten, der nicht dem Klubobmann und damaligen Spitzenkandidaten Herbert Kickl am Wahltag zum Wahlerfolg gratuliert hätte. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Man muss aber schon ein Faktum anerkennen, das ein Faktum bleibt: 1,4 Millionen Wählerinnen und Wähler für die FPÖ, 1,3 Millionen Wählerinnen und Wähler für die Volkspartei, knapp eine Million für die SPÖ, 500 000 und 400 000 dann verteilt auf die NEOS und die Grünen. All das sind Wählerinnen und Wähler, und all diese Wählerinnen und Wähler haben das Recht, im gleichen Ausmaß im Sinne unserer Verfassung ernst genommen zu werden. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ, NEOS und Grünen.)

Und weil wir tatsächlich in Zeiten von Desinformation leben, ist es aus meiner Sicht auch meine Pflicht, ein paar Dinge, die hier behauptet werden, klarzustellen:

Selbstverständlich hat der Herr Bundespräsident mich und den Vorsitzenden der SPÖ und den Vorsitzenden der Freiheitlichen Partei beauftragt, Gespräche zu führen. Diese Gespräche haben stattgefunden – in unserem Fall, zwischen Herbert Kickl und mir, 1 Stunde lang. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

In diesen Gesprächen wurden mehrere Themenfelder angesprochen, Themenfelder, die für mich wichtig waren, um zu erkennen, ob eine Zusammenarbeit möglich ist oder nicht, wie zum Beispiel: nicht von einer „Inzuchtpartie“ in Salzburg zu sprechen (Heiterkeit der Abg. Belakowitsch [FPÖ]), das zurückzunehmen, dass man nicht nach oben tritt, dass man keine Fahndungslisten schreibt und dass man die Opfer der Coronapandemie ernst nimmt. (Abg. Kickl [FPÖ]: Die berittene Polizei haben Sie vergessen!) – Zu all dem war der Klubobmann und damalige Spitzenkandidat der Freiheitlichen Partei Herbert Kickl nicht bereit. 

Ich kann nichts dazu berichten, wie der Gesprächsverlauf mit der SPÖ war, aber es ist schon festzuhalten (Zwischenruf des Abg. Stefan [FPÖ]), dass wir Gespräche geführt haben mit dem Ziel, tatsächlich aufeinander insoweit zuzugehen, als die Positionen klar waren. 

Wenn ich vor der Wahl verspreche, dass das ein Zugang zur Politik ist, der nicht gut für unser Land und für unsere Demokratie ist (Abg. Stefan [FPÖ]: Welcher jetzt?), und nach der Wahl genau das halte, dann bin ich meinen 1,3 Millionen Wählerinnen und Wählern verpflichtet, dass man Demokratie eben nicht so lebt, dass man Fahndungslisten schreibt, dass man nicht Verantwortung übernimmt, dass man sich im Bereich der Pandemie der Verantwortung entzieht (Abg. Kickl [FPÖ]: Verantwortung heißt Konsequenzen tragen, dann treten Sie zurück!) und dass man – wir haben gerade die Eskalation erlebt – sogar Tatsachen behauptet, die keine sind. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der Grünen sowie der Abg. Krisper [NEOS]. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch [FPÖ].)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erst nach dem Abhalten dieser Gesprächsrunden mit den Parteivorsitzenden der SPÖ, der Volkspartei und eben der FPÖ hat der Herr Bundespräsident, nachdem er erfahren hat, dass Herbert Kickl nicht in der Lage ist, eine parlamentarische Mehrheit zu finden - - und nur die, Herr Klubobmann Kickl, nur die parlamentarische Mehrheit rechtfertigt zur demokratischen Agitation, Gesetze zu beschließen; nicht die Frage, wer Erster, Zweiter oder Dritter ist, sondern die Frage, wer es schafft, eine Mehrheit zu bilden. (Abg. Kickl [FPÖ]: Es ist halt peinlich, wenn man ein Duell ausruft und dann verliert!)

Ich halte es tatsächlich für zutiefst bedenklich, diese Grundregel unserer Bundesverfassung auf einmal zu hinterfragen, Millionen Wählerinnen und Wähler als erste oder zweite Klasse zu bezeichnen.

Ich habe mir sehr genau überlegt, ob ich mich tatsächlich noch zu Wort melden muss, weil es heikel ist, wenn ich es als Regierungsmitglied (Abg. Kickl [FPÖ]: Das ist mehr als heikel, das hat fast autoritäre Züge!) sozusagen als Letzter in der Rednerliste tue, und weil keine Redezeit mehr vorhanden ist, aber es ist meine Verpflichtung, darauf hinzuweisen, dass Demokratie und Verfassung für uns die wesentlichen Bestandteile sind. Ja, es ist meine Verpflichtung, darauf hinzuweisen, dass man redlich sein soll in der Argumentation, wenn man demokratische Vorgänge beschreibt.

Dass drei Parteien jetzt miteinander verhandeln, ist nicht undemokratisch, das ist Demokratie und beruht auf der Grundlage unserer Verfassung und auf der Gründung unserer Republik. (Beifall bei ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen.)

13.05

Präsidentin Doris Bures: Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. (Abg. Schnedlitz [FPÖ]: Zur Geschäftsordnung!)

Die angezeigte Rede ist noch nicht nach § 52 Abs. 2 GOG-NR autorisiert.