RN/15
10.34
Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Geschätzte Damen und Herren der Bundesregierung! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Es sind in der Tat beklemmende Tage, die wir gerade erleben – faktisch und emotional –, mit dem Gefühl eines permanenten Ausnahmezustandes, in dem sich unsere Welt befindet. Aber die Betroffenheit ist naturgemäß umso größer, je näher das Unheil, das Unfassbare, das Unvorstellbare heranrückt – so wie am vergangenen Dienstag, als mich kurz nach 10 Uhr, um 10.10 Uhr, eine SMS – in einem Ausschuss hier im Parlament sitzend – mit der Nachricht erreichte: Amoklauf an einem Grazer Gymnasium. Und da bleibt dir tatsächlich der Atem weg, wenn du weißt, dass deine eigenen Töchter gerade in einem Grazer Gymnasium sitzen.
Aber wie unvorstellbar groß müssen die Angst und die Furcht dann von jenen Eltern und Angehörigen von Kindern und Jugendlichen gewesen sein, deren Schule tatsächlich von dieser Wahnsinnstat betroffen war, von Eltern, die dann stundenlang in einer nahegelegenen Sporthalle warten mussten, ohne zu wissen, ob sie ihre Kinder wieder wohlbehalten in Empfang nehmen können! Wie unfassbar groß muss der Eindruck, das Gefühl jener Schülerinnen und Schüler am Borg Dreierschützengasse sein, die im Angesicht des Todes standen, die die Schüsse hörten, die hinauslaufen mussten!
Diese Tragödie ist eine sehr schwere Bürde für unser Land, aber ganz besonders für die Region, in der ich zu Hause bin. Während wir heute und in den nächsten Tagen hier unsere Sitzungen abhalten – aber auch in den darauffolgenden Tagen –, wird es an vielen Orten in unserer Region Abschiedsfeiern geben: in Frohnleiten, in Eggersdorf, in Graz, in vielen Gemeinden, wo die jungen Menschen und auch die ermordete Lehrerin verabschiedet und zu Grabe getragen werden. Eine ganz schwere Trauer liegt über Graz und unserer Region.
Ich war am Tag danach, am Mittwochabend, bei einer Trauerfeier am Hauptplatz in Graz, von der Muslimischen Jugend gemeinsam mit dem Landesjugendbeirat organisiert, und es war herzzerreißend. Herzzerreißend, wie der Bruder einer ermordeten Schülerin den Schmerz in Worte zu fassen versuchte, inmitten Hunderter junger Menschen und in Anwesenheit unseres Bundespräsidenten.
Ich habe gestern einen Kommentar in einer Zeitung gelesen, der sagte: „Solche Tragödien bringen“ immer „das Schlimmste und das Beste im Menschen hervor“ – das Beste im Menschen hervor. Und das Beste unter uns Menschen ist dann die Stärke unserer Gesellschaft. Wir rücken zusammen, um uns gegenseitig zu stützen, zu trösten, über alle Religionen hinweg, über alle Parteien hinweg. Die Politik stand an diesem Tag und an den Tagen danach Seite an Seite in Graz – alle Parteien, alle relevanten Parteien unseres Landes –, und sie alle standen im Zeichen der gemeinsamen Trauer Schulter an Schulter im Angesicht der Fassungslosigkeit.
Das Beste in unserer Gesellschaft muss ganz besonders hervorgehoben werden: Es sei allen gedankt, die rund um diese Amoktat im Einsatz waren oder noch immer im Einsatz sind, allen voran den Pädagoginnen und Pädagogen, dem Personal, das an dieser Schule beschäftigt ist. Ihnen allen einen großen Dank dafür, wie sie in dieser Extremsituation reagiert haben, allen voran auch der Polizei, jenem Streifendienst, der Minuten danach ganz sicher in eigener Todesangst in das Gebäude hineingegangen ist. Wenige Minuten später sind bereits die Sondereinheiten der Polizei eingetroffen, die sehr schnell wieder eine Ordnung herstellen konnten.
Es ist ganz besonders jenen aus der Mitte unserer Gesellschaft zu danken – und ich kenne selber einige Personen –, die im Einsatz waren und im Einsatz sind: den Rettungskräften, teilweise auch ehrenamtlich, oder den großen Kriseninterventionsteams, die alles tun, um die traumatisierten Menschen zu stützen und ihnen wieder Stabilität, Ordnung und Orientierung zu geben.
Ganz besonders zu danken ist den Ärzt:innen und den Pflegekräften, die bei diesem Einsatz teilweise aus Urlaub und Freizeit sofort in den Einsatz gegangen sind, um zu helfen und um die Gesundheit und das Leben von Verletzten zu kämpfen. Einfach allen in unserer Region ist zu danken, die dazu beitragen, dass die schwer Getroffenen, die körperlich Verletzten, die seelisch Verwundeten Heilung, Zuspruch und bald wieder ein Quäntchen Zuversicht erhalten.
Wir kommen nun an den Punkt, an dem alle viele Fragen stellen. Wir als gewählte Repräsentanten der Bevölkerung müssen uns natürlich fragen, welche Regeln wir verändern oder verschärfen müssen, um die Wahrscheinlichkeit, dass solche unfassbaren Taten passieren, so gering wie möglich zu halten. Wir müssen uns insgesamt, denke ich, auch selbst die Frage stellen: Wie können wir als breite Gesellschaft Aggression aus der Gesellschaft herausnehmen? Was kann jeder Einzelne von uns in den verschiedenen Lebenssituationen tun? Wie gehen wir miteinander um? Wie begegnen wir einander im echten und im virtuellen Raum? Müssen nicht wir selbst – gerade auch wir, die wir gewählte Vertreterinnen und Vertreter unserer Regionen sind – in der Weise, wie wir mit unserer Sprache umgehen, viel mehr Vorbild sein?
Ausgehend von dem, was auch unser Herr Bundeskanzler in seiner Rede heute an Maßnahmen angesprochen hat, darf ich nun einen Entschließungsantrag einbringen, um die Punkte festzumachen, auch im Sinne dessen, was Herr Klubobmann Kogler vorhin gefordert hat: dass wir aufgefordert sind, klare Maßnahmen zu setzen und auch nach außen zu signalisieren, dass wir den Auftrag verstehen.
Ich darf folgenden Entschließungsantrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Maximilian Köllner, MA, Mag. Martina von Künsberg Sarre, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verschärfung des Waffenrechts und umfassendes Maßnahmenpaket für Schulen und Opferschutz als rasche und klare Antwort auf den Amoklauf in Graz im Juni 2025“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die ein umfassendes Maßnahmenpaket zur Bewältigung der Ereignisse vom 10. Juni 2025 in Graz enthält. Dieses Paket soll kurzfristige Unterstützungsmaßnahmen für Betroffene sowie mittel- bis langfristige Vorkehrungen zur Verhinderung vergleichbarer Taten umfassen. Dabei sind insbesondere folgende Punkte zu berücksichtigen:
Soforthilfe für Betroffene
Sicherheit und Prävention in Schulen
Waffenrecht und Behördenkoordination
Jugend, Medien und digitale Verantwortung
Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen.
Erst vor einigen Monaten durfte ich hier im Parlament eine Schulklasse des Borg Dreierschützengasse begrüßen. Sie hat uns auch bei einer Sitzung von der Galerie hier oben zugehört. Ihnen und allen Schülerinnen und Schülern, Pädagoginnen und Pädagogen, Eltern und allen Angehörigen, allen, die durch diese Amoktat körperlich oder seelisch schwer verwundet sind, mögen wir von hier aus einen ganz besonderen Gruß der aufrichtigen Anteilnahme, der ehrlichen Solidarität senden, um ihnen in diesen dunklen Stunden ein wenig Trost zu spenden. – Ich danke. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und NEOS sowie bei Abgeordneten der Grünen.)
10.46
Der Gesamtwortlaut des Antrages ist unter folgendem Link abrufbar:
RN/15.1
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Der soeben vorgetragene Entschließungsantrag wurde überdies an die Abgeordneten verteilt, er ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher auch mit in Verhandlung.
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Nussbaum. Eingemeldete Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.