RN/35
12.58
Abgeordneter Mag. Arnold Schiefer (FPÖ): Hohes Haus! (Abg. Shetty [NEOS]: Die Kollegin Belakowitsch ist nicht da, wenn du redest!) Sehr geehrte Damen und Herren! Zuvor möchte ich die 7. Schulstufe der Mittelschule Oberndorf an der Melk begrüßen und ersuche die Kollegen um einen kurzen Applaus. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen.)
Es ist eigentlich ganz einfach. Der vorliegende Budgetentwurf wurde in den letzten Wochen in den Ausschüssen intensiv diskutiert, viele Stunden und Tage. Viele Fragen und Anregungen der Opposition und der Experten wurden diskutiert. Wie eigentlich offensichtlich traditionell üblich, wird ja in den Ausschüssen nichts von der Opposition angenommen, sondern man bleibt da natürlich auf dem Kurs des Regierungsvorschlags. (Abg. Hanger [ÖVP]: Euer Vorschlag ist zu 90 Prozent angenommen worden! – Abg. Lukas Hammer [Grüne] – erheitert –: Das ist ja das Problem!) Das heißt, eigentlich war die Devise dort irgendwie: Augen zu und durch! – Kollege Hanger, ich komme gleich dazu. – Wolfgang Schüssel hat einmal dazu gesagt, ein Zitat eines großen Vorsitzenden: „Jeder Krämer lobt seine Ware“ – und natürlich muss die Bundesregierung jetzt auch ihr Budget loben. (Präsident Rosenkranz übernimmt den Vorsitz.)
Aber seien wir ein bisschen ehrlich und realistisch (Abg. Shetty [NEOS]: Ein bissl was von eurer Ware ist eh auch dabei!) in Anbetracht der Frage, was dieses Budget ist: Es ist ein mühsamer politischer Kompromiss zur Bildung einer Dreierkoalition. Es ist keine Kurswende und kein großer Wurf, sondern es ist halt das, was irgendwie möglich war, mehr nicht. (Beifall bei der FPÖ.)
Irgendwann muss man sich in der Regierungsgruppe auch entscheiden: Ist es jetzt zu 90 Prozent ein FPÖ-Budget, oder ist es der große Wurf des neuen Finanzministers? – Also irgendeine Linie müsst ihr dazu finden (Abg. Lukas Hammer [Grüne]: Ihr auch!), denn so ist es natürlich nicht sehr glaubwürdig. (Abg. Shetty [NEOS]: Das gilt für euch aber auch, gell!) Wir haben dazu die Erklärung, dass für uns diese Liste, die ihr da verwendet habt, nur dazu da war, um einen Brief nach Brüssel zu schicken. Das war weit weg von einem vollständigen Budget (Abg. Lukas Hammer [Grüne]: Na geh!) mit einer vollständigen Zahlenbasis. Zu unserer Zeit haben wir geglaubt, dass wir mit 6,4 Milliarden Euro am Ende der Fahnenstange sind. (Zwischenruf der Abg. Disoski [Grüne]. – Abg. Koza [Grüne]: ... das habt ihr so angepriesen! Ihr habt eine Einigung, habts ihr gesagt! Ganz stolz warts!) Dass das Loch noch viel größer war, haben wir erst danach gesehen.
Aber wenn wir vielleicht ein bisschen innehalten, eine Sekunde: Während wir hier reden und unser Budget loben, macht der Fiskalrat gerade eine Pressekonferenz und sagt: Das reicht eh hinten und vorne nicht! – Ich sage es nur – lest ein bisschen in der APA! (Zwischenruf des Abg. Zarits [ÖVP]) –, also das ist nicht die Meinung der bösen FPÖ oder meine Meinung, sondern das ist die Meinung der Experten, und viele der Experten in den Budgetberatungen haben dasselbe gesagt. Die wohlwollendsten Experten haben noch gesagt: Es ist ein erster Schritt, den man irgendwie zur Kenntnis nehmen muss, aber es ist kein großer Wurf. – Und warum ist es kein großer Wurf? – Weil man nicht weiß, wo man mit diesem ersten Schritt hinwill.
Es ist also kein Sanierungsbudget, weil, wie schon die Vorredner gesagt haben, ungefähr gleich viele Schulden aufgebaut werden, wie wir sie unter Corona und unter der Energiekrise aufgebaut haben. – Also eine Sanierung kann das nicht sein. Wir haben uns ein Defizitverfahren eingehandelt, und wenn wir so weitermachen – der Fiskalrat hat das heute auch klar bestätigt –, wird das noch Generationen von Regierungen begleiten. Da kommen wir nämlich aus dem Loch nie wieder heraus, schon gar nicht in dieser Regierungsperiode.
Zu den Zinsen und Ratings, die jetzt alle schöngeredet werden: Fitch hat letzte Woche schon wieder mit einem Rating reagiert. Noch rutscht es nicht, warum? – Weil sie nicht unser Budget bewerten, sondern weil der private Sektor und die Unternehmen, die Gott sei Dank teilweise noch eine gute Basis haben, mit dabei sind und die Gesamtsituation des Ratings noch nicht rutscht. Ich behaupte aber – und das können wir ruhig in zwei, drei Jahren aus dem Protokoll herausziehen –: Dieses Rating wird uns sehr wohl mittelfristig ordentlich auf den Kopf fallen.
Und es ist noch etwas in diesem Budget nicht drinnen: keinerlei stärkende Impulse für Leistungsträger oder Unternehmen. Die notwendigen Strukturreformen – das haben wir heute schon geklärt – hat man in eine Verwaltungsreformarbeitsgruppe ausgelagert. In 18 Monaten, also Ende 2026, soll diese Verwaltungsreformarbeitsgruppe liefern. Dann gibt es noch die Industriestrategiearbeitsgruppe, die Standortarbeitsgruppe, die Steuerbetrugsarbeitsgruppe, die Arbeitsgruppe zur Optimierung der Förderlandschaft – und alle sollen jetzt in den Jahren 2025, 2026 liefern.
Es entsteht ein bisschen der Eindruck, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass das wichtigste Ziel der ÖVP im Moment ist, Zeit zu gewinnen, dass alles einmal auf das Jahr 2026 hingetrimmt wird und man dann halt schaut, wie weit man mit dem Budget kommt. Man hofft auf positive Konjunktureffekte, man hofft, dass der Ukrainekrieg vorbei ist – das hoffen wir alle –, wir hoffen, dass weitere Kriege keine Auswirkungen auf uns haben – Stichwort Iran und Israel –, und wir hoffen, dass die Zollpolitik auch für uns irgendwie positiv ausgeht. (Abg. Shetty [NEOS]: Das ist ja euer Freund, der Trump!) Und wir hoffen, dass diese Arbeitsgruppen in 18 Monaten so viele Milliarden zusammengesammelt haben, dass wir 2027/2028 überhaupt wieder ein Budget zusammenbringen.
Und was ist, wenn nicht? – Ich kenne das Konzept der SPÖ und der Arbeiterkammer in der Schublade bereits: Dann gibt es halt 2027 neue Steuern und eine ordentliche Diskussion. Und die ÖVP hofft wahrscheinlich, dass, falls die Diskussion 2027 kommt, man Ende 2026 zumindest wahlkampfbereit sein kann, einen neuen Spitzenkandidaten hat oder vielleicht gleich einen neuen Kanzler. Das ist das Prinzip Hoffnung in diesem Budget. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Shetty [NEOS]: Die Rede könnte von Gerda Rogers auch sein!) Nein, nein!
Hoffen ist wichtig, hoffen ist gut, und ich möchte hier eine amerikanische Sängerin, nämlich Vivian Greene, zitieren, die sagt: Im Leben geht es aber nicht darum, zu hoffen und zu warten, bis der Sturm vorüberzieht, sondern dass man im Regen tanzen lernt. (Abg. Shetty [NEOS]: Ach so?)
So, und jetzt geht es eigentlich darum, dass wir unseren Bürgern sagen müssen: Diese Regierung, dieses Budget wird die Probleme nicht lösen. Wir müssen es schaffen, den Menschen zu sagen, dass sie ohne Leistung aus dieser Krise nicht herauskommen werden. Wir müssen ihnen klar sagen, dass Arbeitsplätze nicht von der Republik geschaffen werden – zumindest keine produktiven und wettbewerbsfähigen Arbeitsplätze –, sondern nur von Unternehmen, also müssen wir den mündigen und leistungsbereiten Bürgern hier Rahmenbedingungen schaffen, damit sie wieder ihren Weg zum Eigentum gehen können, denn Eigentum ist eigentlich auch die beste Altersvorsorge, wenn wir schon über das Thema Pension reden.
Wir sollten den Menschen also die Wahrheit sagen, nämlich dass wir im Moment mit diesem Beschluss gar nichts lösen, dass die nächsten zwei, drei Jahre in Europa, auf der ganzen Welt schwierig sind, dass jeder angehalten ist, sein eigenes Leistungsniveau zu erhöhen – dafür kommen viele unangenehme Diskussionen auf uns zu –, und dass wir uns alles, was wir glauben, uns leisten zu können, nicht leisten werden. Und Umverteilung ist nicht die Lösung, das sage ich auch gleich dazu. (Beifall bei der FPÖ.)
Leider ist jetzt mein oberösterreichischer Kollege, Herr Bundesminister Hattmannsdorfer, nicht im Saal, denn ich habe ein bisschen die Sorge, dass es auch bei anderen Dingen weitergeht wie bisher. Ich kann mich erinnern – im Budgetausschuss haben wir es diskutiert –: Zwei Wochen vor der Wahl – wir reden ja schon gar nicht mehr von Finanzminister Brunner; darüber reden wir nicht mehr, davon hat jeder sein Bild –, am 19. September, haben „Kronen Zeitung“, „Oe24“, haben alle getitelt: Nehammer holt 500 Millionen Euro aus Brüssel für die Hochwasseropfer. – Wir haben das im Budgetausschuss diskutiert: Von den 500 Millionen Euro sind jetzt – wahrscheinlich – um die 40, 42 Millionen Euro übrig geblieben; und Herr Hattmannsdorfer hat angekündigt, er wird 150 Millionen Euro Energiebonus für die Industrie schaffen. – Ausgezeichnet! Nur: Herr Bundesminister Marterbauer hat gesagt, im Budget ist das nicht drinnen, also das gibt es im Budget nicht (Abg. Egger [ÖVP]: Geh bitte! – Abg. Tanja Graf [ÖVP]: ... eigenen Ministerium! Aus dem eigenen Ministerium!), das muss er erst finden. (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das muss er erst finden: Es ist nicht drinnen! Das kann der Herr Minister dann gleich bestätigen.
So, jetzt gibt es zwei Möglichkeiten, meine Herren und Damen: Die erste Möglichkeit ist, dass man im Wirtschaftsministerium ganz leicht 150 Millionen Euro finden kann – na dann sucht ein bisschen weiter und findet vielleicht noch 100 Millionen Euro mehr für Investitionsfreibeträge, für ein bisschen Entlastung bei den Überstunden, das fehlt nämlich auch –, oder es läuft wieder auf das Übliche hinaus, nämlich auf einen Kuhhandel, also 150 Millionen Euro für die ÖVP, für die Wirtschaft, 150 Millionen Euro für die SPÖ, und in Zukunft kriegen dann halt die NEOS wahrscheinlich auch noch 30 oder 50 Millionen Euro für ihre Wünsche – und dann ist das Budget wieder jenseits von Gut und Böse. (Abg. Tanja Graf [ÖVP]: Das hängt ein bisschen schief, Herr Schiefer!)
Darum, meine Damen und Herren, sage ich ganz klar: Dieses Budget ist natürlich um einen Hauch besser, als der Trend grundsätzlich war, denn wir wären ja auf 5,7 Prozent losradiert – das heißt, die ÖVP hat jegliche Kontrolle über die Finanzen verloren; ich habe eh schon einmal diskutiert, was an Wirtschaftskompetenz übrig bleibt –, aber es ist natürlich noch lange kein Kurswechsel, es ist maximal ein Pflasterl auf eine große, blutende Wunde.
Die Valorisierungen und die Kosten werden uns davonlaufen, und mit diesem Budget haben wir in spätestens zwei Jahren eine noch viel größere Diskussion. Es wird nichts gelöst, und wir können nur hoffen, dass die Rahmenbedingungen ein bisschen besser werden, als wir glauben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)
13.06
Präsident Dr. Walter Rosenkranz: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Hanger. Eingemeldete Redezeit: 4 Minuten.